Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Podolski krönt seinen Abschied mit Traumtor gegen England

„Danke für 13 geile Jahre“: Im 130. und letzten Länderspie­l seiner Karriere trifft der Weltmeiste­r zum 1:0

- VON DANIEL BERG

DORTMUND. Ein letztes Mal ging er. Langsam verließ Lukas Podolski den Platz. Er ließ sich Zeit, drehte sich zu allen Seiten, applaudier­te in Richtung der Tribünen und warf Handküsse hinauf. Dann klopfte er sich auf die Brust, dorthin, wo der Adler auf seinem Trikot sitzt und 13 Jahre lang saß. Die letzten Sekunden als Nationalsp­ieler. Sekunden, die er sich einzupräge­n versuchte. Sekunden von großem emotionale­n Wert.

Dann schritt er in der 84. Minute zur letzten Auswechslu­ng. Beim 1:0 (0:0) im Test gegen England endete seine Karriere nach 130 Länderspie­len in der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft. Ein feierliche­r Abend in Dortmund, an dem Podolski auch noch das goldene Tor beitrug. Und was für eines. Vor dem Anpfiff hatte die Arie um den Kölner begonnen. Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hatte den Stürmer als „weltmeiste­rlich auch neben dem Platz“, geadelt, was eine treffende Beschreibu­ng war: „Wir verneigen und bedanken uns.“Das taten an diesem Abend alle und Podolski hauchte ins Stadionmik­rofon: „Wenn ich euch alle hier sehe, würde ich am liebsten jedem einzelnen die Hand geben und danke sagen für 13 geile Jahre.“Als die Nationalhy­mne erklang, kullerten dem Offensivma­nn ein paar Tränchen über die Wangen.

Dass der letzte Abend des Herzens-Fußballers sportlich zunächst beschwerli­ch geriet, lag auch an den Engländern. Einer von denen wagte es doch sogleich, den Prinz mitsamt seiner Krone in den Dreck zu schicken. Es war das erste Zeichen dafür, dass der Gast auf deutsche Feier-Befindlich­keiten nun nicht wirklich Rücksicht nehmen würde, was zwar niemand ernstlich erwartet hatte, die Männer in den weißen Trikots aber irgendwie doch zu überrasche­n schien. In der ersten Halbzeit rumpelte sich die deutsche Elf einen Fußball zusammen, der in die Prä-Podolski-Ära gehörte. England musste zur Halbzeit Foto: Alex Grimm, Getty

längst in Führung liegen.

Schon nach sechs Minuten tauchte Jamie Vardy recht frei vor Marc-André ter Stegen auf, der den englischen Stürmer sehr eindeutig zu Fall brachte, aber ohne Elfmeterpf­iff davon kam. Nach einem Fehlpass von Joshua Kimmich zog Adam Lallana von der Mittellini­e aus los und war nicht mehr einzuholen. Sein Schuss aber prallte vom Pfosten zurück ins Feld (32.). Vier Minuten vor der Pause stand Bamidele Alli frei vor ter Stegen, scheiterte aber am DFB-Torwart.

Die Mannschaft von Bundestrai­ner Joachim Löw aber tat sich schwer, Gefahr zu produziere­n. Um nicht zu sagen: Es gelang ihr nicht. Auch nicht dem Geehrten des Abends. Dabei versuchte Podolski sein Glück förmlich zu erzwingen. Bis zur Halbzeit hatte er schon eine beträchtli­che Anzahl an Torschüsse­n gesammelt, die jedoch alle von überschaub­arer Präzision gekennzeic­hnet waren.

Bei der Nationalhy­mne kullern die Tränen Siegtreffe­r mit einem Schuss in den Winkel

Und natürlich schoss auch Podolski weiterhin, wann immer sich die Möglichkei­t auch nur ansatzweis­e bot. 53. Minute, abgeblockt, Podolski-Sprechchör­e. Aber das Thema einzigarti­ge Fähigkeite­n war damit längst nicht ausgereizt. Denn in der 69. Minute bekam dieser Podolski einen Ball an den Fuß, den er sich noch einmal zurechtleg­te und dann aus 25 Metern aufs Tor jagte. Aufs Tor? Ins Tor! Und zwar dermaßen genau in den Winkel, dass es niemand schöner hätte malen können. So wie diesen Abend. So wie seine ganze Karriere. Podolski lief los, hielt sich die Hände an den Kopf wie jemand, der nicht glauben kann, was ihm da noch einmal vergönnt war: ein Traumtor zum Abschied.

Leroy Sané tauchte wenige Minuten später noch frei vor dem englischen Tor auf, aber scheiterte an Joe Hart (73.). Das spielte an diesem Abend aber längst keine Rolle mehr.

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Lukas Podolski war der gefeierte Mann des Abends.

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