Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Schneller anklagen
Zwei Jahre von der Tat bis zum Prozess
Die Thüringer Polizeibeamten sind am Montag nicht zu beneiden. Der „Tag der Arbeit“wird für sie zu eben jenem. Alle verfügbaren Kräfte seien im Einsatz, heißt es lapidar von der Landespolizeidirektion, die vor Einsätzen nie über Einsatzstärken spricht. Im Umkehrschluss bedeutet das mit Blick auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre: Wer laufen kann und nicht gerade Urlaub hat, steckt am Montag in den Stiefeln.
In Gera treffen die Neonazis des „III. Weges“auf ein breites Protestbündnis. In Erfurt mobilisiert die rechte AfD erstmals am „Tag der Arbeit“und dürfte ebenfalls zahlreiche Menschen locken – die Erfahrungen der vergangenen Demonstrationen zeigen das. Und die AfD zieht wohl ebenso viele Gegner an.
Aus diesen Demonstrationslagen ergeben sich für die Polizisten Änderungen in der Einsatztaktik – wie die aussehen? Darüber wird ebenfalls nicht gesprochen. Deutlich wird aber zwischen den Zeilen: Sie werden spürbar sein, wenn es darauf ankommt.
Der polizeiliche Einsatzstab hat die Erfahrungen der vergangenen Jahre offenbar ausgewertet. Der NaziÜberfall in Weimar, wo es 2015 zu einer bundesweit in die Schlagzeilen geratenen Attacke auf eine DGBKundgebung kam, dürfte Anlass gewesen sein, die Einsatztaktik auf den Prüfstand zu stellen. 40 waren damals am Überfall beteiligt. Was bringt aber all das, wenn es nach festgestellten Straftaten wie der in Weimar zwei Jahre dauert, bis die Täter vor Gericht stehen? Am Dienstag beginnt der Prozess gegen sechs Personen vor dem Weimarer Amtsgericht.
Zu spät, um noch eine Signalwirkung zu entfalten. Politisch motivierte Gewalttäter, egal welcher Couleur (!), müssen schneller auf die Anklagebank.