Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Plötzlich im Leben der Rockstars
Yvonne Schmidt lernt beim Rudolstädter Altstadtfest den Schlagzeuger der „Rubettes“kennen – Jetzt sind beide ein Paar
RUDOLSTADT. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass mein Leben noch mal so eine Wendung nimmt“, blickt Yvonne Schmidt aus Ranis (Saale-OrlaKreis) auf ein aufregendes Jahr zurück. Nie hätte es sich die zweifache Mutter, die als Altenpflegerin arbeitet, träumen lassen, Deutschland zu verlassen und in England ein neues Leben anzufangen als Frau an der Seite eines Rockmusikers. Doch genau so ist es gekommen.
Es ist der 4. Juni 2016. Die „Rubettes“, eine englische Band, deren größter Erfolg der Song „Sugar Baby Love“aus dem Jahre 1974 ist, spielen beim Rudolstädter Altstadtfest auf dem Markt. Ein paar Stunden zuvor sind sich Yvonne und der Schlagzeuger der Band, Martin Clapson, zum ersten Mal begegnet. Yvonne, die sehr gut Englisch spricht, holt im Auftrag des Rudolstädter Veranstaltungsbüros Andreas Dornheim, für das sie schon beim Thüringen-Tag in Pößneck gearbeitet hat, die Gruppe vom Flughafen in Berlin-Schönefeld ab.
„Ich war mächtig aufgeregt. ich kannte die Gruppe nicht, musste mich erstmal informieren“, erinnert sie sich. Auf der Busfahrt nach Rudolstadt ist die Stimmung gut. „Martin war der Kleinste von allen, aber der Lockerste“, weiß sie noch. Am Abend beim Konzert, als sie ihn Schlagzeug spielen hört, bekommt sie Gänsehaut. „Er hat immer auf die Rathausuhr geschaut, wann sie Mitternacht schlagen wird. Dann hat er mir auf der Bühne zum Geburtstag ein Ständchen gespielt“, erzählt sie.
Martin war von der jungen Frau beeindruckt. „Sie hat mir schon beim ersten Treffen gefallen. Sie hat sich so rührend um alles gekümmert“, gesteht er später. Er nutzt jede Gelegenheit, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. So will er in der Gaststätte zum Beispiel das Essen umbestellen, wozu er natürlich die Hilfe der Übersetzerin braucht. Nach dem Konzert steht die 38Jährige noch am Bierstand mit den Musikern der Band, die, inzwischen in Zivil, inmitten der Gäste nicht auffallen. Ein Zufall führt Yvonne und Martin am nächsten Tag noch einmal zusammen. Einen der Musiker plagen arge Rückenschmerzen. Ein Arzt muss kommen und auch die Abfahrt verzögert sich. Wieder ist Yvonne mit ihren Englischkenntnissen und ihrem Organisationstalent gefragt. „Schon komisch, wäre es Chris damals nicht so schlecht gegangen, wer weiß, ob wir uns wiedergesehen hätten und wie das mit uns ausgegangen wäre“, sagt sie.
Die „Rubettes“werden noch lange von dem Konzert in Rudolstadt erzählen, von der tollen Atmosphäre und davon, wie gut alles organisiert war. Kaum hatten sie Rudolstadt Richtung Flughafen verlassen, bekommt Yvonne die erste SMS von Martin.
Ein paar Monate später sind die beiden ein Paar. Und Yvonnes Leben wird auf den Kopf gestellt. An der Seite des Mannes, der unter anderem mit 70er-Jahre-Musikgrößen wie Gary Glitter, Dave Stewart, Suzi Quatro und der britischen Popband Take That gespielt hat, öffnet sich für Yvonne eine ganz neue Welt „Ich hab‘ ihm gleich gesagt, dass ich kein Fan von Take That bin, ich hab‘ für New Kids on the Block geschwärmt“, lacht sie. Martin kann davon erzählen, wie er versucht hat, Robbie Williams das Schlagzeugspielen beizubringen.
Seit 2014 spielt Martin Clapson für die „Rubettes“. Yvonne begleitet die Musiker zu Auftritten unter anderem in Österreich, der Schweiz, Portugal und England. Sie lernt die Musiker von The Tremeloes, von Hot Chocolate und anderen Bands kennen. Teil der „Rubettes“-Familie ist sie längst. Die anfängliche Skepsis ist schnell verflogen. „Seine Musikerkollegen sagen mir, ich hätte sein Leben verändert. Er lache jetzt wieder, sei richtig aufgetaut. Sie sagen: Danke Yvonne, dass du da bist“, erzählt sie. Als VIP sieht sie sich aber nicht. „Da ist nicht alles Glitzer. Die Musiker machen auf der Bühne ihren Job, danach sind sie ganz normale Leute wie du und ich.“
Zu Hause geht der Alltag weiter. Es sind zwei Welten – die der Mutter und Altenpflegerin aus Ranis und die des Profimusikers, der aus einer früheren Beziehung eine kleine Tochter hat. Doch beide wollen, dass es einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt gibt. Dieser soll in der Nähe von London sein, im Haus von Martin. Es gibt für Yvonne viel zu organisieren für den Umzug. Sie muss Schulen für die beiden Kinder finden, einen Verein für den Sohn, der leidenschaftlich Handball spielt. „Ich spüre, wir sind willkommen, aber wir fragen uns auch was jetzt wird mit dem Brexit“, sagt Yvonne, die auf ein neues spannendes Leben blickt. Eines, das es ohne das Rudolstädter Altstadtfest so nicht gegeben hätte.