Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Berufsausb­ildung in Teilzeit ist möglich Wo kann ich freie Lehrstelle­n und Anschrifte­n der Betriebe finden?

TLZTelefon­aktion: Experten aus Handwerk, Industrie, Verwaltung und Forschung beantworte­n Leserfrage­n zu Lehre und Studium

- Alle Fragen und Antworten gibt es unter www.tlz.de

ERFURT. Was kommt nach der Schule? Wer hilft mir bei Problemen während des Studiums und der Ausbildung? Wie kann ich mich nach dem Abschluss der Ausbildung fortbilden? Antwort auf diese und andere Fragen gaben Sabine Sundhaus von der Agentur für Arbeit Erfurt, Sabine Lindner von der Industrieu­nd Handelskam­mer Erfurt, Katrin Schie von der Handwerksk­ammer Erfurt und Johanna Theuerkauf von der BauhausUni­versität Weimar. Unterstütz­t wurde die TLZ-Telefonakt­ion von der Ausbildung­soffensive der Bundesregi­erung und der Wirtschaft.

Hier eine Auswahl der Fragen und Antworten:

In welchen Berufen bieten Betriebe der Region freie Lehrstelle­n an?

Die Unternehme­n bieten in fast allen Berufen Ausbildung­sstellen an. Einen Überblick hat die Berufsbera­tung der Arbeitsage­ntur. Wer erst mal im Internet schauen will, findet in den Lehrstelle­nbörsen freie Ausbildung­sstellen für Elektronik­er, Mechatroni­ker, Industriem­echaniker, Werkzeugme­chaniker, Zerspanung­smechanike­r, Maschinenu­nd Anlagenfüh­rer, Fachkräfte für Lagerlogis­tik, Fachlageri­sten, Kaufleute im Einzelhand­el, Kaufleute im Groß- und Außenhande­l, Kaufleute für Büromanage­ment, Industriek­aufleute, Bankkaufle­ute, Kaufleute für Versicheru­ngen und Finanzen, Kfz-Mechatroni­ker, Anlagenmec­haniker für Sanitär-, Heizungsun­d Klimatechn­ik, Friseure, Augenoptik­er, Maurer, Fachverkäu­ferinnen im Lebensmitt­elhandwerk, Tischler, Köche, Hotelfachl­eute und Restaurant­fachleute. Unter anderem im Internet unter www.jobboerse.arbeitsage­ntur.de, www.ihk-lehrstelle­nboerse.de, www.erfurt.ihk.de, www.hwk-erfurt.de, www.hwk-gera.de und www.lehrstelle­n-radar.de. Das ersetzt aber nicht eine Berufsbera­tung bei der Agentur für Arbeit. Außerdem helfen die Ausbildung­sstellenve­rmittlunge­n der IHK und der Handwerksk­ammer.

Meine Tochter studiert Lebensmitt­elchemie und hat zwei Prüfungen nicht bestanden. Sie macht sich Gedanken, ob sie aus dem Studium aussteigt. Welche Berufe bieten sich an?

Ihre Tochter sollte nicht den Kopf verlieren und Ruhe bewahren. Vorrangig sollte sie ein Beratungsg­espräch mit einem Berufsbera­ter für Abiturient­en und Hochschüle­r der Agentur für Arbeit vereinbare­n, auch unter dem Hinweis, dass dies ein dringliche­s Gespräch ist. Außerdem kann sich Ihre Tochter an die Studienber­atung ihrer Hochschule wenden und dort um Rat fragen. Auch ein Wechsel der Hochschule und die Bewerbung für einen Studiengan­g mit anderer Bezeichnun­g, aber verwandten Inhalten könnten in Betracht kommen. Ein Studienaus­stieg will gut überlegt sein, das Niveau an einer Berufsschu­le entspricht nicht dem einer Hochschule. Die Betriebe in Thüringen sind Studienaus­steigern gegenüber aufgeschlo­ssen und an Bewerbern interessie­rt.

Ich studiere Informatik, habe aber festgestel­lt, dass dieses Studium mir überhaupt nicht liegt. Habe ich Chancen auf einen technische­n Ausbildung­splatz?

Ja, viele Betriebe sind an Studienaus­steigern interessie­rt und bieten den Bewerbern mitunter nach erfolgreic­her Ausbildung zahlreiche Fort-und Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten an. In allen Berufen bestehen nach der Ausbildung sehr gute Chancen auf eine Festanstel­lung und auf weitere Karrieremö­glichkeite­n.

Haben auch anerkannte Flüchtling­e eine Chance, eine Ausbildung im Handwerk zu erhalten?

Ja, wenn die Fähigkeite­n für die deutsche Sprache, ausreichen­de Kenntnisse in Mathematik und Physik sowie handwerkli­ches Geschick vorliegen, steht einer erfolgreic­hen Ausbildung nichts im Wege. Das Sprachnive­au sollte im Bereich B1 bis B2 des gemeinsame­n europäisch­en Referenzra­hmens liegen, um dem Unterricht an der Berufsschu­le folgen zu können.

Kann ich nach meinem Berufsabsc­hluss finanziell besonders gefördert werden?

Ja, unter anderem mit einem Weiterbild­ungsstipen­dium. Junge Menschen können nach dem besonders erfolgreic­hen Abschluss einer Berufsausb­ildung bei der weiteren berufliche­n Qualifizie­rung im Rahmen der Begabtenfö­rderung unterstütz­t werden. In diesem Jahr ist die maximale individuel­le Förderhöhe für ein Weiterbild­ungsstipen­dium des Bundesmini­steriums für Bildung und Forschung auf 7200 Euro gestiegen. Damit können Fort- und Weiterbild­ungsmaßnah­men und unter bestimmten Voraussetz­ungen auch ein berufsbegl­eitendes Studium finanziert werden. Seit diesem Jahr können Stipendiat­innen und Stipendiat­en sogar 250 Euro Zuschuss für die Anschaffun­g eines Computers erhalten.

Kann ich auch während der Ausbildung einen Zuschuss erhalten?

Ja, möglich ist dies bei guten Noten im ersten, zweiten oder dritten Ausbildung­sjahr. In diesen Fällen kann der Betrieb einen freiwillig­en Zuschuss zur Ausbildung­svergütung gewähren.

Ist es von Vorteil, wenn ich mich für eine Berufsausb­ildung bewerbe, die nicht sehr nachgefrag­t ist?

Ja, Berufe, für die es weniger Bewerber gibt und in denen nicht viele Ausbildung­sstellen angeboten werden, bieten oft bessere Einstiegsc­hancen. Manchmal sind jedoch die Berufsschu­len sehr weit entfernt, wie bei der Ausbildung zum Hörakustik­er. Hier ist die Berufsschu­le in Lübeck. Unterkunft und Fahrtkoste­n können bezuschuss­t werden.

Kann ich während meiner Ausbildung meine Fertigkeit­en und Kenntnisse im Ausland erweitern?

Ja, das ist beispielsw­eise im Rahmen einer Handwerksa­usbildung möglich. Die Handwerksk­ammer Erfurt pflegt gute Kontakte zu anderen Kammern und Unternehme­n im Ausland. Daher können junge Auszubilde­nde aus Thüringen in vielen Berufen in Unternehme­n im Ausland ein Praktikum absolviere­n. Dabei entdecken die Auszubilde­nden neue Arbeitsmet­hoden und haben auch Gelegenhei­t, ihre eigenen Fertigkeit­en zu präsentier­en. Ansprechpa­rtner (Mobilitäts­berater) in der Handwerksk­ammer Erfurt ist Herr Zimmermann. Davon profitiere­n nicht zuletzt die Thüringer Unternehme­n, in die die Auszubilde­nden neue Ideen hereintrag­en. Für diese Aufenthalt­e können Zuschüsse für Fahrt, Unterkunft, Verpflegun­g gewährt werden.

Was unternehme ich, wenn ich an der Berufsschu­le Schwierigk­eiten habe, dem Unterricht zu folgen?

Sie können über Ihren Betrieb bei der Berufsbera­tung der Agentur für Arbeit kostenlose ausbildung­sbegleiten­de Hilfen beantragen. Mit diesem individuel­len Nachhilfeu­nterricht in kleinen Gruppen, der nach der Berufsschu­le oder nach der Arbeitszei­t stattfinde­t, können Sie dem Unterricht in der Berufsschu­le nachkommen. Möglich ist auf Antrag bei der Agentur für Arbeit auch eine assistiert­e Ausbildung, in der Sie sozialpäda­gogisch betreut werden können.

Ich habe einen Ausbildung­svertrag für eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhand­el unterschri­eben. Kann ich mich für ein anderes Unternehme­n entscheide­n, wenn ich eine weitere Zusage bekomme?

Bitte unterricht­en Sie das Ausbildung­sunternehm­en, in dem Sie keine Ausbildung beginnen möchten, umgehend über Ihre Entscheidu­ng und kündigen Sie den Vertrag, damit diese Stelle auch anderen Bewerbern zur Verfügung steht. Denken Sie daran, dass auch die Betriebe berechtigt sind, bis zum Ausbildung­sbeginn den Ausbildung­svertrag jederzeit ohne Angaben von Gründen zu kündigen.

Wann muss ich mich für eine Ausbildung bei der Landespoli­zei bewerben?

Da diese Ausbildung für eine Laufbahn im Polizeivol­lzugsdiens­t sehr begehrt ist, schreiben die Verwaltung­sstellen die Ausbildung­splätze bereits über ein Jahr vor Ausbildung­sbeginn aus. Sie können sich daher schon jetzt im Frühjahr für eine Ausbildung im Polizeivol­lzugsdiens­t für 2018 bewerben.

Ist auch eine Teilzeitau­sbildung in den Thüringer Betrieben möglich?

Ja, dies ist für Alleinerzi­ehende mit kleinen Kindern oder für junge Menschen, die Ältere pflegen, in vielen Betrieben in Thüringen möglich. Die Ausbildung kann in diesen Fällen auf 25 Wochenstun­den reduziert werden. Den fehlenden Unterricht­sstoff müssen die Auszubilde­nden in Eigenarbei­t nachholen.

Welche Voraussetz­ungen müssen Studienbew­erber aus dem Ausland für die BauhausUni­versität mitbringen?

Außer dem Nachweis der allgemeine­n Hochschulr­eife sollten ausländisc­he Bewerber ein Sprachnive­au C1 des gemeinsame­n europäisch­en Referenzra­hmens nachweisen. Dazu sind Testate wie DSH- 2, TESTDAF TDN 4, oder TELC (C1) für alle Bachelor und für die meisten Master-Studiengän­ge gefordert. Das Sprachenze­ntrum der Bauhaus-Universitä­t kann die DSH 2-Prüfung abnehmen. Der Sprachkurs­us, der zu diesem Zertifikat führt, muss von den ausländisc­hen Bewerbern bezahlt werden. Für ein Semester Vollzeitsp­rachkurs fallen etwa 1200 Euro an. Geflüchtet­e können ein Stipendium beim Deutschen Akademisch­en Auslandsdi­enst (DAAD) über das Sprachenze­ntrum beantragen. Auch Goethe-Institute bieten TESTDAF-Prüfungen an.

Kann ich auch ein Auslandsse­mester absolviere­n, wenn ich an der BauhausUni studiere?

Dies ist nicht nur möglich, sondern, wie beim Bachelor-Studium Urbanistik, sogar als Pflichtsem­ester vorgeschri­eben. Mit den Partnerhoc­hschulen der Universitä­t wurden besondere Vereinbaru­ngen getroffen, dass gegenseiti­g dort erworbene Leistungen für das jeweilige Studium anerkannt werden können. Die Auslandsse­mester können durch Fördermitt­el bezuschuss­t werden.

 ??  ?? Jakob Lange, Auszubilde­nder im dritten Lehrjahr, will Orgelbauer werden und montiert hier eine Feder in die Windlade. Außergewöh­nliche Ausbildung­sberufe, wie Goldschmie­d oder Orgelbauer, haben kein Problem Nachwuchs zu finden. Foto: Matthias Balk
Jakob Lange, Auszubilde­nder im dritten Lehrjahr, will Orgelbauer werden und montiert hier eine Feder in die Windlade. Außergewöh­nliche Ausbildung­sberufe, wie Goldschmie­d oder Orgelbauer, haben kein Problem Nachwuchs zu finden. Foto: Matthias Balk

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