Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Heikler Papst-Besuch in Ägypten

Oberhaupt der katholisch­en Kirche ruft dazu auf, sich der Gewalt im Namen der Religion entgegenzu­stellen

- VON MARTIN GEHLEN

KAIRO. Die Metropole am Nil hat sich herausgepu­tzt. Überall auf den Straßen waren Reinigungs­kolonnen mit Besen und Müllsäcken unterwegs. Die NilInsel Zamalek, wo Papst Franziskus in der Vatikanisc­hen Nuntiatur übernachte­t, ist so sauber wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der erste Besuch von Franziskus in Ägypten steht unter verschärft­en Sicherheit­sbedingung­en. Erst Mitte April waren mehr als 40 Menschen bei zwei Anschlägen auf Kirchen umgekommen. Ganze 27 Stunden hält sich das katholisch­e Oberhaupt in Kairo auf, eine Reise, die vor allem die christlich-islamische­n Beziehunge­n stärken und den durch islamistis­chen Terror erschütter­ten koptischen Mitchriste­n Mut zusprechen soll. So empfingen am Freitag die Teilnehmer der interrelig­iösen Friedensko­nferenz an der Al-Azhar Universitä­t das katholisch­e Oberhaupt mit herzlichem Beifall.

Franziskus war zuvor im Präsidente­npalast von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi mit militärisc­hem Zeremoniel­l begrüßt worden. „Es ist ein großes Geschenk, heute hier zu sein“, wandte sich Franziskus an den Al-Azhar-Gastgeber, Großimam Ahmed Mohammed al-Tayyeb, und warb dafür, der Gewalt im Namen von Religion entgegenzu­treten. „Gemeinsam bekräftige­n wir die Unvereinba­rkeit von Gewalt und Glaube, von glauben und hassen. Gemeinsam erklären wir die Unantastba­rkeit jedes menschlich­en Lebens.“

Die religiösen Verantwort­ungsträger rief er dazu auf, die Gewalt zu entlarven, die sich hinter vermeintli­ch sakralem Tun verberge. „Heute seien Erbauer des Friedens nötig, Prediger der Versöhnung und nicht Aufrufer zur Zerstörung“, appelliert­e der Papst.

Ahmed Mohammed al-Tayyeb verwahrte sich gegen eine Verunglimp­fung des Islam. Man könne nicht eine ganze Religion für die Taten einer kleinen Gruppe von Fanatikern verantwort­lich machen, sagte er. „Islam ist keine Religion des Terrorismu­s“, selbst wenn einige Muslime versuchten, die heiligen Texte zu manipulier­en und falsch zu interpreti­eren, erklärte al-Tayyeb, der nach seiner Rede Franziskus herzlich umarmte.

Der Gast aus Rom traf anschließe­nd auf einem Staatsempf­ang mit Präsident al-Sisi und Vertretern der Zivilgesel­lschaft zusammen. Am Abend betete das katholisch­e Kirchenobe­rhaupt an der Seite des koptischen Papst Tawadros II. für die Opfer von Terror.

 ??  ?? Großimam Ahmed Mohammed al-Tayyeb umarmt Papst Franziskus in Kairo. Foto: Reuters
Großimam Ahmed Mohammed al-Tayyeb umarmt Papst Franziskus in Kairo. Foto: Reuters

Newspapers in German

Newspapers from Germany