Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Aus heiterem Himmel
Der Mühlgraben in Hochheim wird saniert, um die Hochwassergefahr im Grünen Weg zu bannen
HOCHHEIM. Es sind vielleicht 17 Regentropfen, die am Donnerstagabend in den Mühlgraben fallen. Das kleine Gewässer gleicht einem Rinnsal, die Böschung wirkt unnötig hoch. Doch der Schein trügt.
„Wenn Starkregen kommt, ist der Mühlgraben regelrecht entfesselt, sind unsere Häuser in Gefahr“, erläutert Ute Müller. Sie wohnt im Grünen Weg und kann die Wasser-Gefahr beurteilen. Sie holt ihr Handy heraus und sucht nach einem Foto. Das ist aus dem Jahr 2013, das Jahr des bislang letzten Hochwassers dort in der Region. Der Mühlgraben ist randvoll mit Wasser. Er wirkt, als dürfe nicht ein Regentropfen mehr fallen. Sonst würden die Häuser geflutet.
Seit nunmehr knapp sechs Jahren kämpfen sowohl Anwohner als auch Ortsteilbürgermeister Thomas Hartmann darum, dass der Mühlgraben ein tieferes Wasserbett bekommt. Versprochen wurde schon vieles, doch das meiste geriet zu einem Versprecher.
Das ist diesmal beim anberaumten Ortstermin anders. Dieser Termin wird für Zufriedenheit sorgen. Denn es kommt tatsächlich Bewegung in die leidige Hochwasser-Geschichte, die richtig böse für die Anwohner ausgehen könnte.
Schon mehrmals war die Grundräumung des Mühlgrabens bereits geplant. Vor allem jene 300 Meter, an denen auch Häuser gebaut wurden. Auf 700 Metern ist das ja gar nicht der Fall. Getan hat sich bis auf eine kurzzeitige Lösung hingegen nichts. Das soll jetzt anders werden. Wasser marsch, könnte es bald auch bei Starkregen heißen. „Wir werden die Grabensohle zwanzig Zentimeter tiefer legen und auch befestigen“, verspricht Anette Albrecht von der Gewässerunterhaltung beim Gartenund Friedhofsamt. Und Manfred Ritschel von der Ingenieurgesellschaft für Wasserwirtschaft, Straßen- und Tiefbau stimmt ihr zu. Er hat alle Zeichnungen mit, wie der Mühlgraben einmal aussehen soll.
Die Bewohner freut das. Dennoch sind sie ein wenig skeptisch. Reichen 20 Zentimeter
Ausschachten? Und wird das nächste Hochwasser nicht die Böschung ausspülen, zumal auch noch die Bahn an einer Seite komplett die Bäume weggesägt hat? Mit Sondergenehmigung und scheinbar ohne Nachdenken, ob es auch ein wenig umweltverträglicher hätte gehen können, mit ein wenig mehr Naturbewusstsein.
Was, wenn die Böschung sozusagen ins Hochwasser geschwemmt wird, weil die Bäume nicht mehr stehen? Das werde nicht passieren, versichert Anette Albrecht und verspricht, dass dort schnellstmöglich Rasen angesät werden wird. Vor dem nächsten großen Regen. Obwohl
das vielleicht nicht die Aufgabe der Stadt, sondern der Bahn wäre.
Die Anwohner im Grünen Weg hätten ganz theoretisch nasse Keller, denn ihre Grundstücke liegen tiefer als der Mühlgraben. Praktisch aber haben sie teilweise die Keller massiv versiegelt. „Würde ich nur einige Zentimeter im Keller graben, wäre er nass“, sagt Hagen Lustermann, der seit Jahren gegen die Missstände im Mühlgraben angeht.
Er scheint aber erleichtert, dass nun, nach so vielen Jahren der leeren Versprechungen, Bewegung in den Hochwasserschutz kommt. Allzu oft macht die Versicherung bei solchen Schäden nicht mit und kündigt einfach. Abgesehen davon, dass niemand gern sein Haus verschlammt und teils zerstört sehen möchte.
Wie der Mühlgraben ganz praktisch saniert wird, steht schon fest: Am Edeka-Markt und an der Kreuzung von Poststraße und Grüner Weg werden Einfahrten geschaffen, damit die Maschinen den Graben einheitlich auf 2,50 Meter Breite bringen können. An manchen Stellen bedeutet das eine Erweiterung, an anderen die Reduzierung. Die feste Grabensohle wird aus Kies bestehen.
„Diese Baumaßnahme dürfte die nächsten 20, 25 Jahre vor Hochwasser schützen“, schätzt Anette Albrecht ein. Baubeginn soll im Oktober sein. Bis dahin müssen Angebote von verschiedenen Firmen eingeholt werden.
Deshalb ist es derzeit noch schwierig, genaue Kosten zu nennen. Aber über 100 000 Euro werden es auf jeden Fall. Ein wenig wird noch gefachsimpelt, ob nicht niedrig wachsende Gehölze an die Bahnseite des Grabens gepflanzt werden können. Die Frage ist nur, wer die bezahlen soll. Doch da scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Die Grabensohle wird tiefer gelegt