Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Entwurf zu Fusionen verzögert sich
Krisensitzung der SPD zur Gebietsreform
ERFURT. Das Innenministerium will zur nächsten Woche doch noch keinen Gesetzentwurf zur Gebietsreform auf der Gemeindeebene vorlegen. Das bestätigte ein Sprecher von Innenminister Holger Poppenhäger (SPD). Ähnlich wie bei der Entscheidung zur Kreisreform ergebe es keinen Sinn, vor einer Begründung des jüngsten Urteils des Landesverfassungsgerichts zu handeln. Der Minister werde nur Szenarien für das weitere Vorgehen vorlegen.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte dem MDR gesagt, dass am 4. Juli ein Entwurf vorliegen werde. Auf Nachfrage bekräftigte er, dass Poppenhäger in Absprache mit der Staatskanzlei am Dienstag eine „Beschlussvorlage“vorlegen werde. Allerdings könne das Kabinett ein Gesetz tatsächlich erst auf den Weg bringen, wenn die Richter ihre Begründung geliefert hätten. Erstmals sprach Ramelow auch davon, dass möglicherweise auch eine Verordnung reichen könnte. Darüber müsste der Landtag nicht abstimmen. „Wichtig ist, dass alle Gemeinden, die freiwillig Richtung Zusammenschluss unterwegs sind, Planungssicherheit bekommen“, sagte Ramelow. Die CDU-Landtagsfraktion hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass freiwillige Fusionen so wie in der Vergangenheit auf Basis der zurzeit gültigen Gesetzeslage möglich seien.
Aktuell liegen im Innenministerium 19 Fusionsanträge von insgesamt 70 Gemeinden vor. Davon hielt die Fachabteilung bisher nur einen Teil mit dem Vorschaltgesetz zur Gebietsreform vereinbar – das allerdings nicht mehr existiert.
Das Verfassungsgericht hatte es am 9. Juni nach einer Klage der CDU-Fraktion aus formellen Gründen einstimmig für nichtig erklärt. Allerdings machte es auch inhaltliche Anmerkungen. So müsse bei Fusionen von Gemeinden und Landkreisen die „individuelle Leistungsfähigkeit der Träger kommunaler Selbstverwaltung sowie historische und landsmannschaftliche Zusammenhänge wie auch wirtschaftliche Verflechtungen“berücksichtigt werden, hieß es in einer Mitteilung.
Die ausführliche Begründung des Urteils wird frühestens für Mitte Juli erwartet. Da der Schriftsatz danach noch von der Fachabteilung des Innenministeriums auszuwerten ist, dürfte das Kabinett sich erst im August mit einem neuen Entwurf befassen. Der Verfassungsgerichtshof in Weimar wollte sich auf Anfrage nicht zu den Zeitabläufen äußern.
Während beim Thema der freiwilligen Gemeindefusionen in der Koalition noch weitgehend Konsens herrscht, hat sich der Widerstand gegen eine Kreisreform verfestigt. Auch hier die Entscheidung erst nach der Urteilsbegründung fallen. Allerdings könnte das Aus bereits am 6. Juli besiegelt werden, wenn sich die Vorstände von Landespartei und Landtagsfraktion der SPD mit Poppenhäger zu einer Krisensitzung treffen. Die Mehrzahl der Abgeordneten hat ihm bereits die Gefolgschaft aufgekündigt. Man könne das Thema nicht bis in den Bundestagswahlkampf schleppen, heißt es.