Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Abgesang aufMythos
Über das wahre „Made in Switzerland“
Im Werkunterricht an der POS hätte mein Lehrer das Teil im Abfalleimer entsorgt: „Setzen Schwarz!
Durchgefallen!“Das Teil war eine Rattenfalle, die ich im Baumarkt erwarb – beschriftet in 21 Sprachen. Schweizer Erzeugnisse sind international begehrt, dachte ich mir beim Einkauf. So lange, bis ich das Teil auspackte. Die größere Version einer Mausefalle war schiefund krumm, die Ausdehnung für den Haltebügel war an den Rand gerutscht und die Feder ungleichmäßig gewickelt. Gehalten wird deren Kraft durch zwei einfache Ösen, die in das Holz geklopft wurden. Ich hatte Angst um meiner Finger, als ich die Falle probehalber spannte. In diesem Mo ment wurde mir klar, warum es in der Schweiz keine Meisterpianisten gibt – vermutlich hat die Rattenfalle ihre Karriere beendet. „Made in Switzerland“war in meinem Hinterkopfbisher immer der Inbegrifffür Präzisionsarbeit, für filigrane ausgeklügelte Technik – jetzt nicht mehr. Die Bezeichnung „Made in Germany“haben die Engländer einst erfunden, um das Inselvolk zu informieren, dass es sich nicht um gute britische Ware, sondern aus Importe aus Deutschland handelt. Damals ging der Schuss nach hinten los – „Made in Germany“erwies sich als besser und wurde bevorzugt gekauft. Funktioniert hat die Idee erst jetzt, mit „Made in Switzerland“. Zumindest ich verstehe dies ab sofort als gut gemeinten „Verbraucherhinweis“.