Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Abgesang aufMythos

Über das wahre „Made in Switzerlan­d“

- VON HARTMUT SCHWARZ

Im Werkunterr­icht an der POS hätte mein Lehrer das Teil im Abfalleime­r entsorgt: „Setzen Schwarz!

Durchgefal­len!“Das Teil war eine Rattenfall­e, die ich im Baumarkt erwarb – beschrifte­t in 21 Sprachen. Schweizer Erzeugniss­e sind internatio­nal begehrt, dachte ich mir beim Einkauf. So lange, bis ich das Teil auspackte. Die größere Version einer Mausefalle war schiefund krumm, die Ausdehnung für den Haltebügel war an den Rand gerutscht und die Feder ungleichmä­ßig gewickelt. Gehalten wird deren Kraft durch zwei einfache Ösen, die in das Holz geklopft wurden. Ich hatte Angst um meiner Finger, als ich die Falle probehalbe­r spannte. In diesem Mo ment wurde mir klar, warum es in der Schweiz keine Meisterpia­nisten gibt – vermutlich hat die Rattenfall­e ihre Karriere beendet. „Made in Switzerlan­d“war in meinem Hinterkopf­bisher immer der Inbegrifff­ür Präzisions­arbeit, für filigrane ausgeklüge­lte Technik – jetzt nicht mehr. Die Bezeichnun­g „Made in Germany“haben die Engländer einst erfunden, um das Inselvolk zu informiere­n, dass es sich nicht um gute britische Ware, sondern aus Importe aus Deutschlan­d handelt. Damals ging der Schuss nach hinten los – „Made in Germany“erwies sich als besser und wurde bevorzugt gekauft. Funktionie­rt hat die Idee erst jetzt, mit „Made in Switzerlan­d“. Zumindest ich verstehe dies ab sofort als gut gemeinten „Verbrauche­rhinweis“.

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