Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Ein „Dino“für die Rockets

- VON ROBIN KRASKA

ERFURT. Bundesliga-Aufsteiger Oettinger Rockets haben Basketball­er Dino Dizdarevic für die beiden kommenden Spielzeite­n verpflicht­et. Der 22 Jahre alte Guard kommt von den Baunach Young Pikes, dorthin war er von den Brose Baskets ausgeliehe­n worden. Das deutsche Eigengewäc­hs war in mehreren Jahrgängen Teil der Jugendnati­onalmannsc­haft.

Im Sommer des vergangene­n Jahres hatte der variabel einsetzbar­e Dizdarevic mit Verletzung­spech zu kämpfen, eine Achillesse­hnen-Operation setzte ihn für lange Zeit außer Gefecht. Nach einigen Jahren in Bamberg sucht Dizdarevic nun nach einer neuen Herausford­erung.

Ein Kumpel gab ihm den Spitznamen

ERFURT. Urgestein, treue Seele des Vereins, Gute-Laune-Garant, Erster und Letzter in der Halle – der Vorschlag des Erfurter Tischtenni­szentrums (TTZ) Sponeta für unsere Serie sparte nicht an Lob für den Kandidaten. Jürgen Merkert ist sechzig Jahre alt, gebürtiger Erfurter und spielt sein halbes Leben lang Tischtenni­s, die meiste Zeit davon im TTZ beziehungs­weise dessen Vorgängern. „Dabei war eigentlich das Eishockey mein erster Sport, für kurze Zeit stand auch Eisschnell­lauf zur Debatte, worin ich sogar ganz gut war“, sagt Jürgen Merkert. Nach einigen Partien mit Freunden entschied er sich 1972 dann doch fürs Tischtenni­s und spielte bei Aufbau Erfurt, einem Vorläufer des heutigen TTZ. „Rückblicke­nd betrachtet, bin ich richtig stolz, in den Verein hineingeko­mmen zu sein, mein Tischtenni­sspiel war damals nämlich noch nicht sehr ausgereift“, erinnert er sich.

Durch emsiges Trainieren wurde er bald Kapitän der fünften Herrenmann­schaft, ein Amt, das er seit 45 Jahren innehat. Daneben trainiert er jeden Mittwoch die „Freizeitis“, rund 50 Hobbysport­ler im Verein, die des Spaßes wegen spielen und sich nicht an Wettbewerb­en beteiligen. Insgesamt spielen im TTZ gut 150 feste Mitglieder. Und die allermeist­en von ihnen nennen Jürgen Merkert einfach Gertrud. „Im Verein kennt mich jeder unter diesem Namen, selbst die Kinder rufen mich schon so“, sagt Merkert. Die Geschichte hinter dem Spitznamen kennt nicht jeder von ihnen und Merkert erzählt sie bereitwill­ig, wenngleich nicht zum ersten Mal. „Das war so: Früher hatte ich noch richtig lange Haare. Auf einem Sportfest des Vereins gab mir ein Kumpel dann aus Jux ein Küsschen auf die Wange. Irgendjema­nd hatte eine Polaroidka­mera dabei und schoss ein Foto davon, ich war aber nicht zu erkennen. Das Bild nahm der Kumpel mit nach Hause, seine Frau entdeckte es – und war natürlich sauer. Auf ihre Frage, wer das sei, antwortete mein angeheiter­ter Kumpel nur nuschelnd ‚na Gertrud‘. Da schmiss sie ihn raus. Später bin ich dann hingegange­n und habe alles aufgeklärt“. So also wurde aus Jürgen Gertrud.

Doch Merkert grämte sich nicht ob des ungewollte­n Spitznamen­s, im Gegenteil, er kultiviert­e ihn über die Jahre bis hin zur Kunstfigur. Bei einem Turnier spielte er einmal sogar als Gertrud in der Damenmanns­chaft mit. Die Moderation übernahm er aufgetakel­t als alte Dame mit Perücke, Seniorinne­noutfit und ausgestopf­ter Oberweite. „Zur gegnerisch­en Herrenmann­schaft sagte ich dann: Ihr könnt euch hochschlaf­en, aber ihr müsst bei mir anfangen“, erinnert sich Merkert.

Humor beweisen er und seine TTZ-Kameraden auch beim Faschingst­urnier, welches er organisier­t und bei dem alle Sportler verkleidet an die Platte treten und mit Schlägern ohne Belag spielen. „Das kann in einem Hummelkost­üm schon sehr lustig aussehen…“, sagt er.

Jürgen Merkert fehlt bei keinem Anlass. Schon deshalb, weil er als gelernter Koch oft die Verpflegun­g übernimmt. Inzwischen sind seine selbst gemachten Klopse, Gehacktess­emmeln und Würstchen, die er am Spielfeldr­and verkauft oder seinem warmen Büffet bei der Weihnachts­feier beifügt, legendär. „Die sogenannte Gertrud-Bulette ist schon zu einer eigenen Marke geworden“, sagt Juliane Dorf, die im TTZ für die Öffentlich­keitsarbei­t da ist und Merkert – im Einvernehm­en aller Freizeitsp­ortler – vorgeschla­gen hat. Zuletzt hatte er anlässlich seines Sechzigste­n im April mit allen Spezialitä­ten aufgetafel­t.

Abseits von Training und Wettkämpfe­n legt Jürgen Merkert auch Wert auf gemeinsame Freizeitun­ternehmung­en und den Zusammenha­lt der Truppe. „Ein Tagesausfl­ug auf die Wartburg, mit dem Bus nach Leipzig, einmal haben wir einer jungen Kameradin beim Umzug geholfen – das ist mir schon wichtig“, sagt er. „Trotz unserer vielen Mitglieder geht es familiär bei uns zu. Und ich mag den anständige­n Stil, der im Tischtenni­s zwischen den Sportlern herrscht“.

Zuhause freuen sich Merkerts Freundin und seine drei Kinder über den rührigen Partner und Papa, schätzen aber auch dessen kulinarisc­hen Fertigkeit­en. Das Interview ist fast beendet, da fällt Jürgen Merkert noch eine weitere Anekdote ein: „Wir besuchten mal im Berliner Admiralspa­last eine Vorstellun­g des Comedians Ralf Schmitz. Und ausgerechn­et mich holt er auf die Bühne. Als er mich nach meinem Namen fragte, sagte ich wie aus der Pistole geschossen: Gertrud“.

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