Thüringische Landeszeitung (Gera)
Junge Kulissenmaler auf rollender Brücke
In der Kunstschule Gera entstehen derzeit die Requisiten für die Musicalproduktion „Oliver Twist“des Theaterkinderchores
GERA. Häuserzeilen in Grau, Ocker und Orange drängen sich aneinander – und das auf überdimensionalen Leinwänden. Das Theater hat eine rollbare Trasse geliehen, damit problemlos jedes Leinwand-Fleckchen mit dem Farbpinsel oder -schwamm erreicht werden kann. Diese drei mal 2,40 Meter großen Einzelseiten sollen am Ende zu großen Doppelseiten zusammen gesetzt werden. Sie bilden schließlich die Kulisse für die neue, eigenständige Produktion des Kinderchors von Theater&Philharmonie Thüringen „Oliver Twist“.
Wer kennt sie nicht, die ergreifende Geschichte des Waisenjungen, der in einem Armenhaus aufwächst und furchtbar arbeiten muss, nach London flieht, in eine Diebesbande gerät, die die Reichen bestiehlt und alles teilt. Als Oliver Twist einen liebenswürdigen Herrn bestiehlt, kommt er nicht nur in einen Gewissenskonflikt, sondern auch seiner Herkunft auf die Spur.
Ronny Ristok. inszeniert das Musical und entwarf auch das Bühnenbild für das Stück, das auf Charles Dickens 1839 in England erschienen Roman basiert. Den jungen Theatermacher freut es, dass das TPT es ermöglicht, dieses Kindermusical noch in dieser Spielzeit zu etablieren. „Das war ursprünglich nicht geplant und zudem hatten wir gerade ‘Tschitti, tschitti bäng bäng‘ aufgeführt.
Erfolgreich wurden per Aufruf Mitwirkende für Aufgaben vor und hinter der Bühne gesucht. Etliche Interessierte meldeten sich. Aus zwölf Kinderchormitgliedern wurden so in kürzester Zeit rund 30 Sängerinnen und Sänger. Sechs junge Leute zwischen 11 und 17 Jahren wirken kreativ am Bühnenbild mit, angeleitet von den beiden FSJ-lerinnen Anne Lemke und Laura Irmscher. „Anfangs baten wir die Kinder und Jugendlichen , einfach mal anzufangen und sich auszuprobieren. Mittlerweile arbeiten sie sehr selbstständig nach unseren Vorlagen, bekommen die Bilder sehr gut hin. Ich bin begeistert“, so Laura Irmscher.
Schritt für Schritt nimmt damit die ursprüngliche Idee eines großen Buches Gestalt an. Auf der Bühne stehend, soll bei ihm dann eine Seite umgeblättert – und so ein neues Kapitel beziehungsweise eine neue Szene in Oliver Twist aufgeschlagen werden. Spannend für die Akteure und eine Herausforderung ist zu erleben, wie kleine A-4-Entwürfe auf überdimensionale Leinwände übertragen werden. Die richtige Perspektive, beispielsweise für einen Dachstuhl, gelingt mit Hilfe eines Rasters, wofür auf der Leinwand dann Schnüre gespannt werden. „Alles ist handgemacht bei diesem Stück“, verspricht Ronny Ristok. Er ist zugleich von der Stoffmalfarbe begeistert, die der Theatermalsaal bereit gestellt hat. „Man kann sie mit Wasser strecken und sie verliert nichts von ihrer Brillanz. Das Arbeiten damit macht unglaublich viel Spaß und das Bild auf der Leinwand ähnelt einem großen Aquarell“, schwärmt er. Wie damit ein Schwarz gemischt wird, ohne dass der Farbton selbst vorhanden ist, bleibt wohl Geheimnis von Janik Scherwinski. Der 12-jährige Gymnasiast schwingt gekonnt den Pinsel beziehungsweise trägt mit einem Schwamm großflächig Farbe auf. „Er kann fantastisch Farben mischen, obwohl er es zuvor noch nie gemacht hat. Am Ende erscheint die Farbigkeit auf der Leinwand aber wie in der Vorlage“, versichert Laura Irmscher. Elftklässlerin Cheyenne Labsch hat sich von einer Schulfreundin motivieren lassen. „Zuhause zeichne ich ein wenig. Auf großer Fläche zu malen ist noch etwas ganz anderes. Es macht viel Spaß, sich austoben zu können“, berichtet sie. Soviel sei noch verraten: Das entstehende Buch liefert nicht nur Szenen-Kulisse, sondern auch eine leere Doppelseite: Für ein Video, das im nächtlichen Gera gedreht wurde...
Premiere für „Oliver Twist“ist am Samstag, 13. Mai, 16 Uhr in der Bühne am Park.
„Wir
stehen daneben und staunen immer wieder, wie gut die jungen Leute die Kulisse hinbekommen.“FSJ-lerin Laura Irmscher