Thüringische Landeszeitung (Gera)

Venus statt iPhone

Türkei will Elektroger­äte aus USA boykottier­en – Reaktion Erdogans auf die verhängten Zölle

- VON GERD HÖHLER

ANKARA. Die türkische Währung konnte am Dienstag gegenüber Dollar und Euro jeweils mehr als fünf Prozent zulegen. Marktbeoba­chter sehen darin eine Reaktion auf die Ankündigun­gen der türkischen Zentralban­k, die am Montag die Liquidität der Geschäftsb­anken erhöht hatte. Die leichte Erholung der Währung gleicht die massiven Einbußen der letzten Tage aber nicht annähernd aus.

Dass die Krise nicht vorbei ist, zeigt auch der jüngste Schlagabta­usch zwischen dem türkischen Staatschef, Recep Tayyip Erdogan, und dem amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump. Erdogan kündigte am Dienstag an, die Türkei werde von nun an elektronis­che Produkte der USA boykottier­en. „Sie haben das iPhone, aber es gibt auch Samsung“, sagte Erdogan am Dienstag in einer Rede vor Parteifunk­tionären in Ankara. „Außerdem haben wir unser eigenes Venus“, ein Smartphone des türkischen Elektronik-Her- stellers Vestel. Maßnahmen für den Boykott seien bereits in Arbeit. „Die Verschwöre­r werden einen Preis bezahlen“, sagte Erdogan am Dienstag an die Adresse der Vereinigte­n Staaten.

Zuvor hatte Trump den Druck auf die Türkei erhöht. Nachdem am Montag die Verdoppelu­ng der Einfuhrzöl­le auf Stahl und Aluminium aus der Türkei in Kraft getreten war, unterzeich­nete Trump am Abend einen Gesetzentw­urf, mit dem die Auslieferu­ng bereits bestellter F-35Kampfjet­s des amerikanis­chen Hersteller­s Lockheed Martin an die Türkei bis auf Weiteres aus- gesetzt wird. Die Türkei will in den kommenden Jahren bis zu 100 Tarnkappen-Flugzeuge des Typs F-35 beschaffen. Dagegen regt sich aber vor allem im USSenat starker Widerstand, weil die Türkei auch russische Luftabwehr­raketen des Typs S-400 bestellt hat.

Am Montagaben­d sprach der türkische Botschafte­r in Washington bei Trumps Nationalem Sicherheit­sberater John Bolton vor. Bei dem Gespräch ging es vor allem um das Schicksal des in der Türkei wegen Terrorvorw­ürfen festgehalt­enen US-Pastors Andrew Brunson. Die USA verlangen seine Freilassun­g. Erdogan hat aber mehrfach durchblick­en lassen, dass er Brunson nur im Austausch gegen den in Pennsylvan­ia lebenden Exil-Prediger Fethullah Gülen herausgebe­n will. Erdogan vermutet seinen Erzfeind Gülen hinter dem Putschvers­uch vom Juli 2016. Beim Treffen des türkischen Botschafte­rs Serdar Kilic mit Bolton habe es keine Annäherung gegeben, berichten Insider.

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Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei. Foto: Burhan Ozbilici, dpa

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