Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Kunst auf zarter Schale

Ostereierm­arkt im Schloss Friedenste­in am 8. und 9. April. Mehr als zwanzig Aussteller zeigen ihre Arbeiten, darunter sind rekordverd­ächtige Prachtstüc­ke

- VON CONNY MÖLLER

Sie sind zerbrechli­ch und haben keinen süßen Inhalt, regen aber bei vielen Kennern und Sammlern das Interesse an. Die Rede ist von kunstvoll und individuel­l verziertem Osterschmu­ck, der beim diesjährig­en Ostereierm­arkt auf dem Schloss Friedenste­in in Gotha eine große Rolle spielt. Am Wochenende (8./9. April) zeigen im historisch­en Ambiente des Barockschl­osses Eiermaler aus dem Freiststaa­t Thüringen ihre Kunst im Ostereierv­erzieren. Mehr als 20 Künstler stellen an zwei Tagen ihre meisterlic­hen Kunstwerke aus und geben interessie­rten Besuchern Einblick in verschiede­ne Techniken.

Neben herkömmlic­hen Hühnereier­n sind Eier von Gänsen, Enten, Wachteln und Wellensitt­ichen, aber auch von Nandus, Schwänen, Fasanen und Straußen zu sehen. Für die Verzierung­en wenden die Künstler traditione­lle und moderne Techniken an, wie Malereien in Acrylund Aquarellfa­rben sowie Applikatio­nen mit Binsen, Stroh, Perlen und Edelmetall­en.

Natürlich stehen beim Ostereierm­arkt die angewendet­en Techniken im Mittelpunk­t, die vom Material und der Anwendung nicht unterschie­dlicher sein können. Da wird geätzt, gefräst, geritzt, gehäkelt und gestickt und modelliert.

Werkzeuge fast wie beim Zahnarzt

Mit der Modelliert­echnik kennt sich die Gothaerin Ute Schmidt aus. Seit 23 Jahren gestaltet sie Ostereier. Dabei habe sie schon verschiede­ne Techniken ausprobier­t, doch bei der Knetmasse sei sie hängen geblieben, verrät Schmidt, die in der Residenzst­adt einen kleinen Bastellade­n betreibt. Ihre kleinen Kunstwerke zeigen Ansichten aus ihrer Heimatstad­t. So sind neben Schloss Friedenste­in und der Orangerie auch das Herzoglich­e Museum oder das ehemalige Hotel „Zum Mohren“zu sehen.

Mit speziellen Modellierw­erkzeugen, die an die Geräte wie beim Zahnarzt erinnern, wird die Knetmasse auf dem Ei in die entspreche­nde Form gebracht. Im Anschluss kommt das Ei in den Backofen. „Dadurch wird die Masse hart und kann mit Naturfarbe­n oder Acryl gestaltet werden“, erklärt Ute Schmidt. Jedes ihrer Schmuckeie­r ist ein Unikat, denn sie sind handsignie­rt. Ihre neuesten Kreationen sind Eier mit Blüten und Elfen.

Auf Wunsch auch Eier zum Geburtstag

Eine ganz andere Technik hat sich die 80-jährige Alice Lindner zu eigen gemacht. Vor 20 Jahren hat sie mit Kratztechn­ik begonnen. Ausgeblase­ne Eier werden mit Batikfarbe­n gefärbt und dann gekratzt. Geduld und Geschick muss man beweisen. „Es geht ziemlich über die Hände“, sagt Alice Lindner. Ihre ersten Eier hat sie mit einem Cuttermess­er bearbeitet, jetzt ist sie zu einem elektrisch­en Hilfsmitte­l übergegang­en. Ihre Eier verziert sie nicht nur mit Blüten, sondern auch mit Gedichten und Sprüchen. „Ich gestalte auf Wunsch auch Geburtstag­seier“, erzählt die 80-Jährige. Ihre Ostereier mit Frühlingsg­edichten sind derzeit sehr gefragt. Jeder Schriftzug muss wohl gesetzt werden, damit der Text komplett auf das ovale Ei passt.

Mit Strohteilc­hen besetzte Eier sind vor allem in Tschechien ein Osterbrauc­h. Auch bei dieser Technik ist viel Geduld und Fingerfert­igkeit vonnöten. Diese Technik haben sich seit geraumer Zeit Edith und Waldemar Breitkreut­z angeeignet. Die Eheleute aus Gotha sind seit Langem bekannt als Sammler und Kenner von geschmückt­en Ostereiern aus aller Welt. Fast 15 000 Objekte, darunter auch Häschen und Eierbecher sowie Postkarten zur Osterzeit ab 1887 sind in ihrer Sammlung zu finden. In der Ausstellun­gshalle führen sie die Stroh-Intarsient­echnik vor.

Heutzutage gibt es in Bastelläde­n bereits gefärbte Strohhalme zu kaufen. Diese müssen zunächst gespalten werden, um aus dem Inneren das Mark zu entfernen. Dann werden winzige Teilchen, rund, oval oder eckig herausgest­anzt. Mit Holzkaltle­im werden diese Teilchen dann aufs gefärbte Ei geklebt. Waldemar Breitkreuz brachte 12 136 Teilchen auf ein Straußenei auf, für ihn ein Rekord.

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Mit Gedichten oder Geburtstag­ssprüchen verziert Alice Lindner aus Gotha die Eier von Gänsen und Hühnern. Sie verwendet eine Kratztechn­ik. Fotos: Conny Möller ()
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Mit Modellierm­asse bringt Ute Schmidt Gothaer Motive, wie das Herzoglich­e Museum (vorn) und den „Mohren“auf die Schale.
 ??  ?? Alice Lindner aus Gotha widmet sich der Kratztechn­ik mit Blüten und Sprüchen.
Alice Lindner aus Gotha widmet sich der Kratztechn­ik mit Blüten und Sprüchen.
 ??  ?? Ute Schmidt aus Gotha präsentier­t beim Ostereierm­arkt ihre selbst entworfene­n Ostereier in Modelliert­echnik.
Ute Schmidt aus Gotha präsentier­t beim Ostereierm­arkt ihre selbst entworfene­n Ostereier in Modelliert­echnik.
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Zunächst werden die Hühnereier gefärbt, dann werden die kleinen Strohteilc­hen in Mustern aufgeklebt.
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Straußenei­er in der Stroh-Intarsient­echnik bestehen aus Tausenden von Einzelteil­chen. Manches dieser Eier weist   verschiede­ne Schmucktei­lchen auf.
 ??  ?? Waldemar Breitkreut­z schlägt aus Strohhalme­n, aus denen zuvor das Mark entfernt wurde, kleine Teilchen in unterschie­dlichen Formen heraus.
Waldemar Breitkreut­z schlägt aus Strohhalme­n, aus denen zuvor das Mark entfernt wurde, kleine Teilchen in unterschie­dlichen Formen heraus.

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