Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Gr... v.. Schn...
Von wegen Schwarz und Grün in Thüringen passen nicht zusammen. Wenn es ums Feiern geht, hat sich diese Koalition im Freistaat längst etabliert. Immer wieder werden Parteibuchträger beider Farben bei feuchtfröhlichen Anlässen in trauter Zweisamkeit beobachtet – wie jüngst in der Bundeshauptstadt.
Also, während der linke Regierungschef Bodo Ramelow im Stockwerk tiefer längst den Schlaf des Gerechten (oder so ähnlich) schlief, enterte CDUFraktionschef Mike Mohring Anfang der Woche die Dachterrasse der Landesvertretung in Berlin mit ein paar grünen Jüngern und Jüngerinnen (Wird bei den Grünen eigentlich alles gedschändert?). Na gut, ein paar Sozialdemokraten sollen auch dabei gewesen sein. Ohne sie geht irgendwie nie etwas. Mit ihnen allerdings auch nicht.
Perspektivisch möchte Mohring nachvollziehbarerweise dahin, wo Ramelow schon ist. Und wenn man den Demoskopen glauben darf, sieht es dafür momentan gar nicht schlecht aus. Kleiner Wermutstropfen: Mit der Arbeit des Oppositionsführers sind weit weniger Menschen zufrieden als mit der Ramelows. Dafür stellen die Thüringer der Landesregierung insgesamt, wohlwollend formuliert, nicht gerade das beste Zeugnis aus. RotRotGrün wirkt eben wirklich, vor allem die versemmelte Kreisgebietsreform.
Und was bedeutet das für den Ministerpräsidenten?
Er hat verstanden, reißt das Ruder rum und sieht zu, dass der schlingernde rotrotgrüne Kahn wieder auf Kurs kommt? Nö! Macht er nicht, kann er nicht, will er nicht.
Und weil die Koalition längst über das Stadium des beliebten „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ‘ ich einen Arbeitskreis“hinaus ist, gibt Ramelow eine andere Floskel als Losung aus: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“
Das heißt in der Regel nichts anderes als: Wenn wir lange genug überlegen, ist die Legislatur schneller vorüber als wir zu einem Ergebnis gelangt sind.
Ramelow ist bezüglich des Slogans Wiederholungstäter. Als der damalige LinkeSpitzenkandidat im September 2014 mit den Sozialdemokraten eine Koalition sondierte, hieß es, genau: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Etwas später, als es mit dem Haushalt nicht so recht vorwärts ging, wurde die gleiche Platte aufgelegt. Es handelt sich dabei um ein parteiübergreifendes Phänomen.
Auch Anja Siegesmund, zu dieser Zeit noch GrünenFraktionschefin, mahnte im November 2014 mit Blick auf den ausstehenden Landesetat: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“Wirtschaftsminister Wolf
gang Tiefensee (SPD) hoffte Anfang des Jahres auf einen schnellen Abschluss der Verhandlungen bei der Übernahme von Opel durch PeugeotCitroen. Jedoch gehe ...
Mit eben jenen magischen drei Worten schob auch Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) 2010 Forderungen des Koalitionspartners SPD nach einer zügigen Gebietsreform mal eben auf die lange Bank.
Ob es mit der Reform in dieser Wahlperiode also noch etwas wird?
Kann sein, aber Sie wissen ja: „Gr... v.. Schn...“ TLZLandeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter (0361) 555 05 38 oder per EMail unter e.otto@tlz.de