Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Ich bin einfach ein Bäckerkind“
Martin Zeis führt in Gotha als junger Meister das Geschäft, das sein Opa aufgebaut hat
Die Fußstapfen, in die er tritt, sind nicht nur groß. Sie sind vor allem tief. Denn Martin Zeis führt bereits in der dritten Generation die Bäckerei Zeis in Gotha.
Der 26-Jährige ist in der Backstube groß geworden. Denn der Opa, der ebenfalls Martin hieß, kaufte 1956 die Bäckerei in der Reinhardsbrunner Straße in Gotha. Der Duft von frisch gebackenem Brot und das Gefühl von Mehl in den Händen waren dem Sprössling früh bekannt. „Ich bin einfach ein Bäckerkind“, sagt Martin Zeis. Also war Bäcker der Traumberuf schlechthin? „Ich konnte es mir immer vorstellen, Bäcker zu werden.“Dennoch absolvierte er verschiedene Praktika: Er versuchte sich als Möbelrestaurator, Ofenbauer und Förster. Alle drei Bereiche gefielen dem jungen Mann. Auch der Vater wies seinen Sohn auf die Schwierigkeiten des Bäckerberufes hin.
Dennoch entschied sich Martin Zeis nach dem Abitur 2010 dazu, eine Lehre zum Bäcker zu absolvieren. „Ich konnte meine Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen, weil ich mir einiges selbst beibrachte und die Hochschulreife habe“, sagt der junge Zeis. Als Bäckerkind hatte er auch Einblicke in die tägliche Arbeit. Die Lehre schloss Martin Zeis 2012 als Klassenbester ab.
Drei Wochen arbeitete er im väterlichen Betrieb als Bäcker. Dann stand die Meisterschule in Dresden an. „Ich erhielt von der Handwerkskammer eine Begabtenförderung für meine Meisterschule“, erzählt der Bäckermeister nicht ohne Stolz. Das bedeute nicht, dass die Handwerkskammer die Kosten vollständige übernehme. Die Meisterschule habe Zeis innerhalb von sechs Monaten „durchgeprügelt“, wie er diese Zeit selbst beschreibt. Am 22. Dezember 2012 schloss der Thüringer als Drittbester seines Jahrganges die Meisterschule ab. „Wenn ich mir mehr Zeit gelassen hätte, wäre das Ergebnis noch besser geworden“, ist sich Martin Zeis sicher. Aber er wollte endlich arbeiten. Und diesem Wunsch folgend, zog er das halbe Jahr komplett durch.
Im Januar 2014 war es soweit: Martin Zeis übernimmt das Familienunternehmen in der Reinhardsbrunner Straße in Gotha. An dem Ort, an dem sein Opa schon vor 60 Jahren gebacken hat, steht jetzt wieder ein Martin und backt Brot und Brötchen. Das Besondere: Das Rezept für den Sauerteig hat Martin Zeis von seinem Vater und dieser wiederum von seinem Vater. Aber der junge Bäckermeister schwört nicht nur auf den Sauerteig aus der Zeit seines Großvaters. Sondern auch auf die Maschinen. „Da ist keine Elektronik und Hydraulik verbaut“, weiß der 26-Jährige. Die funktionieren auch nach 60 Jahren ohne Probleme. Der Kessel, in dem der Sauerteig geknetet wird, der ist aus dem Jahr 1937. Natürlich müssen die älteren Maschinen gewartet werden, dessen ist sich der junge Bäckermeister bewusst. Das sei kein Problem. Der Ofen, in dem das Brot gebacken wird, stammt aus dem Jahr 1986. Aber dennoch ist das Gerät energetisch auf dem neuesten Stand.
Martin Zeis hat in Gotha drei Filialen und achtzehn Angestellte. Als er den Betrieb von seinem Vater übernahm, musste eine Filiale geschlossen werden. „Der Mindestlohn macht mir sehr zu schaffen“, gibt der Unternehmer ehrlich zu. Denn damit steigen auch automatisch die Krankenkassenbeiträge und die Lohnsteuer. „Mein Steuerberater hat mir vor kurzem gesagt, ich habe in diesem Jahr bisher nur für meine Angestellten gearbeitet“, zitiert Zeis. Die logische Konsequenz: Die Preise für Brot und Brötchen steigen an. „Anders ist es leider nicht zu stemmen“, meint Zeis.
Hinzu kommt die Konkurrenz durch andere Bäcker, aber eben auch durch die frischen und tiefgefrorenen Angebote in den Supermärkten. „Wir Bäcker sind schon lange keine Volksernährer mehr, wir sind ein Luxusguthersteller“, ist sich der Bäckermeister bewusst. Die Leute würden vor allem am Wochenende und zu Feierlichkeiten beim Bäcker kaufen. „Der Marktanteil der kleinen Bäcker wird auch immer kleiner. Dennoch brennt der 26-Jährige für seinen Beruf.
„Auch wenn es im Moment nicht so gut läuft, es kommen auch wieder bessere Zeiten“, schaut Bäckermeister Zeis hoffnungsvoll in die Zukunft.