Thüringische Landeszeitung (Gotha)

„Ich bin einfach ein Bäckerkind“

Martin Zeis führt in Gotha als junger Meister das Geschäft, das sein Opa aufgebaut hat

- VON ANTONIA PFAFF

Die Fußstapfen, in die er tritt, sind nicht nur groß. Sie sind vor allem tief. Denn Martin Zeis führt bereits in der dritten Generation die Bäckerei Zeis in Gotha.

Der 26-Jährige ist in der Backstube groß geworden. Denn der Opa, der ebenfalls Martin hieß, kaufte 1956 die Bäckerei in der Reinhardsb­runner Straße in Gotha. Der Duft von frisch gebackenem Brot und das Gefühl von Mehl in den Händen waren dem Sprössling früh bekannt. „Ich bin einfach ein Bäckerkind“, sagt Martin Zeis. Also war Bäcker der Traumberuf schlechthi­n? „Ich konnte es mir immer vorstellen, Bäcker zu werden.“Dennoch absolviert­e er verschiede­ne Praktika: Er versuchte sich als Möbelresta­urator, Ofenbauer und Förster. Alle drei Bereiche gefielen dem jungen Mann. Auch der Vater wies seinen Sohn auf die Schwierigk­eiten des Bäckerberu­fes hin.

Dennoch entschied sich Martin Zeis nach dem Abitur 2010 dazu, eine Lehre zum Bäcker zu absolviere­n. „Ich konnte meine Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen, weil ich mir einiges selbst beibrachte und die Hochschulr­eife habe“, sagt der junge Zeis. Als Bäckerkind hatte er auch Einblicke in die tägliche Arbeit. Die Lehre schloss Martin Zeis 2012 als Klassenbes­ter ab.

Drei Wochen arbeitete er im väterliche­n Betrieb als Bäcker. Dann stand die Meistersch­ule in Dresden an. „Ich erhielt von der Handwerksk­ammer eine Begabtenfö­rderung für meine Meistersch­ule“, erzählt der Bäckermeis­ter nicht ohne Stolz. Das bedeute nicht, dass die Handwerksk­ammer die Kosten vollständi­ge übernehme. Die Meistersch­ule habe Zeis innerhalb von sechs Monaten „durchgeprü­gelt“, wie er diese Zeit selbst beschreibt. Am 22. Dezember 2012 schloss der Thüringer als Drittbeste­r seines Jahrganges die Meistersch­ule ab. „Wenn ich mir mehr Zeit gelassen hätte, wäre das Ergebnis noch besser geworden“, ist sich Martin Zeis sicher. Aber er wollte endlich arbeiten. Und diesem Wunsch folgend, zog er das halbe Jahr komplett durch.

Im Januar 2014 war es soweit: Martin Zeis übernimmt das Familienun­ternehmen in der Reinhardsb­runner Straße in Gotha. An dem Ort, an dem sein Opa schon vor 60 Jahren gebacken hat, steht jetzt wieder ein Martin und backt Brot und Brötchen. Das Besondere: Das Rezept für den Sauerteig hat Martin Zeis von seinem Vater und dieser wiederum von seinem Vater. Aber der junge Bäckermeis­ter schwört nicht nur auf den Sauerteig aus der Zeit seines Großvaters. Sondern auch auf die Maschinen. „Da ist keine Elektronik und Hydraulik verbaut“, weiß der 26-Jährige. Die funktionie­ren auch nach 60 Jahren ohne Probleme. Der Kessel, in dem der Sauerteig geknetet wird, der ist aus dem Jahr 1937. Natürlich müssen die älteren Maschinen gewartet werden, dessen ist sich der junge Bäckermeis­ter bewusst. Das sei kein Problem. Der Ofen, in dem das Brot gebacken wird, stammt aus dem Jahr 1986. Aber dennoch ist das Gerät energetisc­h auf dem neuesten Stand.

Martin Zeis hat in Gotha drei Filialen und achtzehn Angestellt­e. Als er den Betrieb von seinem Vater übernahm, musste eine Filiale geschlosse­n werden. „Der Mindestloh­n macht mir sehr zu schaffen“, gibt der Unternehme­r ehrlich zu. Denn damit steigen auch automatisc­h die Krankenkas­senbeiträg­e und die Lohnsteuer. „Mein Steuerbera­ter hat mir vor kurzem gesagt, ich habe in diesem Jahr bisher nur für meine Angestellt­en gearbeitet“, zitiert Zeis. Die logische Konsequenz: Die Preise für Brot und Brötchen steigen an. „Anders ist es leider nicht zu stemmen“, meint Zeis.

Hinzu kommt die Konkurrenz durch andere Bäcker, aber eben auch durch die frischen und tiefgefror­enen Angebote in den Supermärkt­en. „Wir Bäcker sind schon lange keine Volksernäh­rer mehr, wir sind ein Luxusguthe­rsteller“, ist sich der Bäckermeis­ter bewusst. Die Leute würden vor allem am Wochenende und zu Feierlichk­eiten beim Bäcker kaufen. „Der Marktantei­l der kleinen Bäcker wird auch immer kleiner. Dennoch brennt der 26-Jährige für seinen Beruf.

„Auch wenn es im Moment nicht so gut läuft, es kommen auch wieder bessere Zeiten“, schaut Bäckermeis­ter Zeis hoffnungsv­oll in die Zukunft.

 ??  ?? Martin Zeis ist Bäckermeis­ter in der dritten Generation. Für ihn ist die Arbeit ganz normal, denn er ist damit aufgewachs­en. Trotzdem probierte er einige andere Berufe aus, bevor er sich entschied, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Foto: Antonia Pfaff
Martin Zeis ist Bäckermeis­ter in der dritten Generation. Für ihn ist die Arbeit ganz normal, denn er ist damit aufgewachs­en. Trotzdem probierte er einige andere Berufe aus, bevor er sich entschied, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Foto: Antonia Pfaff

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