Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Der fleißige Maler des Herzogs
Baumeister, Künstler und Architekten in Gotha: Heinrich Martin Deesen besaß nie den Status eines Hofmalers, er erfüllte allerdings die Funktion
Unbekannt sind die Herkunft und Ausbildung des vermutlich um 1640 geborenen Malers Heinrich Martin Deesen. Die Gothaer Bürger- und Einwohnerverzeichnisse nennen ihn 1675 als wohnhaft in der Siebleber Gasse und 1678 in der Schwabhäuser Gasse. In den Kammerrechnungen des Friedensteins taucht er erstmals 1673 auf, wo ihm für „gemahlte Blumen“sieben Groschen ausgezahlt wurden. 1674 kopierte er für den Herzog 63 Kupferstiche aus einem Buch und muss für ein verstorbenes Kammermädchen ein prächtiges Kreuz in Gold und Silber gestalten.
Von November 1676 bis Januar 1677 staffierte er die Decke im Gemach Herzogs Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1646-1691) aus, und bis Oktober des Jahres arbeitete er an den Supraporten und der Vergoldung der Vertäfelung im neuen herzoglichen Gemach auf dem Friedenstein. Nach dem Kirchenbuch der St. Margarethengemeinde in Gotha ließ er am 26. Juli 1677 mit seiner Frau Anna Elisabeth seine Tochter Anna Martha taufen. In herzoglichen Diensten ist er danach mehrere Jahre nicht nachweisbar.
Erst Anfang 1683 ist er in den Gothaer Kammerakten wieder greifbar, als er das Epitaph der im Januar 1681 verstorbenen ersten Gemahlin des Herzogs, Magdalena Sybille geb. von Sachsen-Weißenfels (16481681), in der Schlosskirche des Friedensteins bis Ende des Jahres farblich fasst, vergoldet und poliert. Im Zuge von Umbauten hat man das Epitaph aber bereits einige Jahre später wieder aus der Schlosskirche entfernt. Seitdem ist es verschollen.
In der Forschungsbibliothek Gotha ist ein Willkommbuch erhalten geblieben, das 1684 für Schloss Tenneberg in Waltershausen hergestellt und von Deesen mit vier Abbildungen versehen wurde. 1685 ist er intensiv mit Malerarbeiten in den neu geschaffenen Räumen anstelle des „Großen Saals“im Nordflügel des Schlosses Friedenstein beschäftigt. So im Gemach der Herzogin und an einem Gemälde in „des Herrn neuen Alcoven“. Weiter ist er mit der Neuausmalung der Räume im wiederaufgebauten Ostturm des Schlosses betraut, der ja 1678 abgebrannt war. Ferner ist er für die Neufassung der Fassaden des Schlosses in Weiß mit einer Gliederung in Dunkelgrau verantwortlich. Die Torgewände wurden von ihm schwarz-grau marmoriert.
Erstmals ist er nun auch am Schloss Friedrichswerth nachweisbar, wo er mit der Fertigstellung des Turms die ursprünglich fünf Knöpfe vergoldet und das sächsische Wappen aufmalt. Auch arbeitet er bereits am Altar der Schlosskirche Friedrichswerth. Ende des Jahres 1685 war Deesen gemeinsam mit dem Bildhauer Maximilian Dreißigmark für die Ausgestaltung der Komödien und Ballette in dem neu geschaffenen Theater im Westturm des Schlosses Friedenstein, heute das Ekhoftheater, verantwortlich. Dabei mussten nicht nur die Bühne, der Zuschauerraum und umfangreiche Ausstattungsstücke, sondern auch die Kostüme der Darsteller bemalt werden.
Im selben Jahr arbeitete Deesen am Altar der Schlosskirche in Friedrichswerth. Außerdem schuf er sechs farbige Entwürfe für die geplante Grotte im dortigen Lustgarten. 1687 malte er „Tapetenmuster“, nach denen Wandbespannungen aus Stoff, für die repräsentativen SchlossRäume geschaffen werden sollten. 1688 finden wir Heinrich Martin Deesen mit Malerarbeiten im „Theatrum ufm alten Rathaus“in Gotha beschäftigt. In der spätere „Innungshalle“war 1687 bis 1689 ein städtisches Komödienhaus/Theater eingerichtet worden.
Die Arbeiten am Altar der Schlosskirche in Friedrichswerth waren wohl 1689 soweit abgeschlossen, doch konnte er erst im Juni 169 mit der Fertigstellung der Schlosskirche an seinem endgültigen Standort aufgestellt werden. Deesen war zwischen 1685 und 1692 für die Farbfassung der gesamten Ausstattung der Kirche mit Kanzel, Orgel, Emporen und Fürstenloge zuständig. Der Zerstörung dieser Ausstattungsteile auf Weisung des Jugendwerkhofleiters im Jahre 1948 entkam einzig das Altargemälde mit der Darstellung des „Christus Triumphator“, des auferstandenen Christus auf der Weltkugel. Als Vorbild diente vermutlich der Kupferstich von Johann Georg Waldtreich auf dem Vorsatzblatt zum „Neuen Testament“nach einem Entwurf von Matthias Scheidt in Hamburg 1664. Das jüngst restaurierte Gemälde wird heute im einstigen Waisenhaus Friedrichswerth der Öffentlichkeit vorgestellt.
Bis zur Einweihung des Schlosses Friedrichswerth im Juni 1689 musste der Maler sich auch noch um die Farbfassung der Fassaden kümmern. Auch hier wurden die prächtigen Mittelrisalite schwarz-grau marmoriert. Weiter ging es dann 1690 und 1691 mit der Ausmalung von Innenräumen und der Fassung der 112 Skulpturen im Lustgarten. Zwischenzeitlich musste er wieder einige Räume des Corps de Logis im Schloss Friedenstein, nach dem Muster des hier und in Friedrichswerth tätig gewesenen italienischen Malers Giovanni de Libero, mit Holzmaserierung und Marmorierung schmücken.
Nach dem Tod von Herzog Friedrich I. im Jahre 1691 wurde Heinrich Martin Deesen nicht mehr explizit mit fürstlichen Kunstwerken beauftragt. Er ist bis 1706 kontinuierlich in den Kammerakten nachweisbar, wo er für „allerhand Malerarbeiten“im Schloss Friedenstein bezahlt wird. So auch in der 1705 in der Hofkirche, in der Hofkonditorei und im Ordonnanzhaus. In den Gothaer Kirchenbüchern ist das Ableben Deesens und seiner Ehefrau nicht festgehalten. Angeblich verstarb er nach 1706 in Eisenach.
DeesenArbeiten auch im Schloss Friedrichswerth Nur das Altargemälde entkommt Zerstörung