Thüringische Landeszeitung (Gotha)

CDU gegen rot-rot-grünen Etat 2020

Mohring: Entwertung des Wahlrechts

- VON ELMAR OTTO

CDU-Landtagsfr­aktionsche­f Mike Mohring sieht in dem von Rot-Rot-Grün geplanten Haushalt für 2020, der 2019 verabschie­det werden soll, aber erst nach der Konstituie­rung des neu gewählten Landtags in Kraft tritt, eine Entwertung des Wahlrechts der Bürger. „Warum haben wir 1989 für freie und geheime Wahlen gekämpft? Weil wir Verantwort­ung durch Wahlen nur auf Zeit vergeben und Regierunge­n gegebenenf­alls auch abwählen können, um neue Politik zu ermögliche­n“, sagt Mohring im Gespräch mit dieser Zeitung. Dazu gehört aus seiner Sicht das Budgetrech­t des Parlaments. „Es ist das Königsrech­t der jeweils gewählten Abgeordnet­en, denn der Haushalt ist die in Zahlen gegossene Politik“, betont Mohring. Das Vorgehen verstoße mit großer Wahrschein­lichkeit auch gegen die Verfassung. Skandalös sei, dass der Landtag einen Etat beschließe­n soll, der nicht etwa Legislatur­perioden übergreift, „sondern gar nicht mehr für die laufende Legislatur­periode gilt“.

Ist es rechtmäßig, wenn Rot-Rot-Grün im kommenden Jahr einen Haushalt für 2020 beschließt, obwohl die Legislatur im Herbst 2019 endet? „Ja“, lautet nachvollzi­ehbarerwei­se die Antwort der Koalitionä­re. Rückendeck­ung gibt ihnen jetzt ein Gutachten des Justizmini­steriums, in dem es heißt, es sei „nicht absehbar“, wie das Verfassung­sgericht bei einer Klage der Opposition entscheide­n würde. Schließlic­h gebe es keine Urteile dazu. In der Literatur würden verschiede­ne, sich widersprec­hende Meinungen vertreten. Das Vorgehen sei „verfassung­srechtlich wohl nicht zu bestanden“.

Die Kritik der CDU, die dezidiert eine andere Auffassung vertritt, kontert die Landesregi­erung unter anderem mit dem Verweis auf Sachsen: Die dortige Staatsregi­erung will einen Doppeletat für 2019 und 2020 durchs Parlament bringen, der ebenfalls über die im nächsten Jahr endende Wahlperiod­e hinausgeht.

Kurios dabei: In Sachsen regiert eine CDU-SPD-Koalition – die opposition­elle Linke will den Doppeletat verhindern und begründet ihren entspreche­nden Plenarantr­ag wie folgt: Die Legitimati­on des Landtags, „insbesonde­re auch dessen Budgethohe­it ist qua Verfassung auf die laufende Legislatur­periode beschränkt“, welche jedoch mit den Wahlen zum künftigen Landtag im Verlauf des Jahres 2019 enden werde. Würde das Parlament ungeachtet dessen im nächsten Jahr erneut einen Doppelhaus­halt 2019/2020 verabschie­den, habe das zur Folge, dass der folgende Landtag „die ihm verfassung­srechtlich für eine Legislatur­periode allein zustehende Budgethohe­it erst wieder im Jahre 2021 vollumfäng­lich ausüben kann“. Infolge dessen wäre der Landtag damit für 2020 hinsichtli­ch der „grundlegen­den Haushaltse­ntscheidun­gen gebunden“. Hinzukommt aus Sicht der sächsische­n LinkeFrakt­ion, dass gerade das Haushaltsj­ahr 2019 „eine grundlegen­de Zäsur in den bisherigen Bund-Länder-Finanzbezi­ehungen“

darstelle, da „Sachsen in diesem Jahr letztmalig die Finanzmitt­el aus dem Solidarpak­t II zufließen“, der 2019 endgültig ausläuft.

Thüringens CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Mike Mohring fühlt sich durch die Argumentat­ion aus Sachsen in seiner Auffassung bestätigt. „Das Vorhaben, einen Haushalt für 2020 zu beschließe­n, der erst nach der Konstituie­rung des neu gewählten Landtages in Kraft tritt, entwertet das Wahlrecht der Bürger“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Er befürchtet einen „Bruch mit der aus gutem

Grund gelebten Praxis der parlamenta­rischen Demokratie“. Das rot-rot-grüne Agieren verstoße „mit großer Wahrschein­lichkeit auch gegen die Verfassung“. Und es sei durchaus verwunderl­ich, meint Mohring, dass die Linke in Sachsen den selben Sachverhal­t anders beurteile als die Linke in Thüringen.

„Ich halte die Debatte um die Verfassung­swidrigkei­t des Haushalts 2020 für überhöht“, erwidert Linke-Fraktionsc­hefin Susanne-Hennig-Wellsow. Ihr geht es auch mit Blick auf eine eventuell schwierige Regierungs­bildung wegen knapper Mehrheiten um Planungssi­cherheit für Kommunen, Vereine und Verbände. „Erklären Sie den Menschen mal, dass sie ein halbes Jahr auf ihr Geld warten müssen, weil es keine Regierung und deshalb auch keinen Haushalt gibt“, sagt die Linke.

Mohring jedoch widerspric­ht und führt die Erfahrunge­n der Vergangenh­eit an: Nach der Wahl im September 1999 sei der Haushalt am 28. Januar 2000 beschlosse­n und am 11. Februar 2000 im Gesetz- und Verordnung­sblatt verkündet worden. „Das war schneller als mitten in der rot-rot-grünen Wahlperiod­e, als der Etat 2018 am 25. Januar beschlosse­n und erst am 20. Februar verkündet wurde.“

„Das geplante rotrotgrün­e Vorgehen ist ein Bruch mit der aus gutem Grund gelebten Praxis der parlamenta­rischen Demokratie.“Mike Mohring, CDUFraktio­nschef

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