Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Neue Hüfte für Hochbetagte?
Beim Medizinischen Salon in Erfurt geht es um ethische Fragen zur Gesundheit und ums Geld
Wie gerecht ist die Medizin? Haben auch Hochbetagte Anspruch auf alle Leistungen oder müssen sie angesichts limitierter Möglichkeiten zugunsten Jüngerer zurückstehen?
Beim ersten „Medizinischen Salon“im Café Nerly in Erfurt sprachen am Mittwochabend unter dem Motto „Gibt es eine gerechte Medizin“Ärzte und Bürger über ethische und philosophische Fragen der Gesundheitsversorgung. Eingeladen zum Gespräch hatte das Katholische Krankenhaus (KKH).
Der Begriff der Gerechtigkeit im Gesundheitswesen ziele auf die Verteilung knapper gesundheitlicher Ressourcen und damit auf die Frage, wer welche Leistungen erhält, sagt der Bonner Philosoph Markus Melchers, der die Idee zum Salon gemeinsam mit Chefärzten des KKH entwickelt hat. Die landläufige Vorstellung, dass alle gleich seien und auch das Gleiche erhielten, werde schon immer von der Realität in Frage gestellt, hieß es in der Runde.
Ob ein hochbetagter Patient noch eine neue Hüfte bekomme oder am Herzen operiert werde, dürfe aber nicht allein nach finanziellen Erwägungen entschieden werden, sondern müsse sich nach der medizinischen Indikation richten. Eine Rationierung nur nach dem Alter sei mit dem Eid des Hippokrates nicht vereinbar. Kontrovers diskutierten die Salon-Teilnehmer darüber, inwieweit im Krankenhaus wirtschaftliche Erwägungen und Interessen eine Rolle spielen dürfen. Dass Aktiengesellschaften an der Gesundheit verdienten, bezeichnete eine Frau als unmenschlich und moralisch verwerflich. Krankenhausvertreter verwiesen darauf, dass Gesundheit bezahlbar und damit auch kalkulierbar sein müsse. Angeregt sprachen die Salonteilnehmer über den Stellenwert der Gesundheit in der Gesellschaft. In Deutschland würde dafür vergleichsweise wenig ausgeben. Die immer wieder eingeforderte gesellschaftliche Solidarität höre allerdings oft da auf, wo es um die eigene Gesundheit gehe. Für sich selbst beanspruchten viele Menschen immer „das volle Programm“, die gesetzliche Krankenversicherung befördere das hohe Anspruchsdenken. Gleichzeitig lebten viele Menschen ungesund und trügen so zu hohen Behandlungskosten bei.
Kritik wurde an der Krankenhausfinanzierung geübt. Da die Länder ihrer Verpflichtung zur Deckung der Investitionskosten nicht nachkämen, müssten Kliniken das Geld dafür von den durch die Krankenkassen getragenen Betriebskosten abzweigen.
Kritik an Finanzierung der Krankenhäuser