Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Mit Mission im Anflug
Tesla-Konkurrenz aus Zuffenhausen? Der Porsche Taycan ist bereits auf der Zielgeraden, als Vorhut startet jetzt schon mal der Cross Turismo zum Schaulaufen über den Mullholland Drive
Nicht so zaghaft, Sie können ruhig das Pedal durchtreten.“Wer mit Stefan Weckbach im Porsche Mission E Cross Turismo auf Testfahrt geht, der verliert schnell den Respekt vor dem millionenschweren Einzelstück. Denn der Projektleiter will hier in den Hügeln hinter Hollywood und am Strand von Malibu Fahrspaß demonstrieren. Schließlich ist der aufgebockte Sportkombi im Offroadlook der Vorbote des ersten vollelektrischen Porsches namens Taycan und muss beweisen, dass der Reiz des Rasens auch ohne Verbrenner nicht verloren geht. Erst recht hier in Kalifornien, wo bislang Tesla die alleinige Deutungshoheit für die Zukunft des Luxusautos beansprucht hat.
600 PS bleiben 600 PS
Wie auf der Playstation, völlig geräuschlos und deshalb fast ein wenig virtuell schießt der Cross Turismo den Topanga Canyon hinauf, und mit jeder Meile auf dem Mullholland Drive wird das Grinsen breiter. Doch das hier ist keine VR-Simulation. Das Auto ist real und entsprechend mitreißend, selbst wenn die Cops im Begleitfahrzeug den Spaß ein bisschen einbremsen, weil sie erstens zumindest ein bisschen nach den Regeln schauen müssen und zweitens ihr Chevy Tahoe ohnehin nicht mithalten kann.
Aber der Bremser mit Blaulicht ändert nichts an der Faszination, die von der weißgrauen Flunder ausgeht: 600 PS bleiben 600 PS, egal, ob sie von einem V8-Turbo kommen wie im Panamera oder eben von zwei E-Motoren, von denen jeder eine Achse antreibt. Ein Sprint von 0 auf 100 in weniger als 3,5 Sekunden fühlt sich noch spektakulärer an, wenn er so unvermittelt und scheinbar mühelos kommt, und so, wie der Cross Turismo durchzieht, glaubt man ihm das Spitzentempo von mehr als 250 km/h auch ohne die Probe aufs Exempel. Stattdessen freut man sich lieber an der variablen Kraftverteilung und den Segnungen der Hinterradlenkung, dank derer sich
n Ob und wann Porsches elektrifiziertes Crossover-SUV in Serie geht, ist noch unklar. Sein sportlicher Vetter, Anfang Juni auf den Namen getauft, soll ab 2019 produziert werden. Geplant sind dann bis zu 20 000 Fahrzeuge pro Jahr.
Taycan
der knapp fünf Meter und sicher mehr als zwei Tonnen schwere Cross Turismo mehr nach Macan anfühlt als nach Cayenne.
Dass der Cross Turismo so gut fährt, liegt vor allem an seinen Verwandtschaftsverhältnissen: Das Showcar mit extra viel Platz im Fonds und höherer Bodenfreiheit basiert auf dem normalen Mission E, der Ende nächsten Jahres als Taycan auf die Straße kommt.
Im Serienmodell wird man nicht nur die gleichen Motoren verbauen, sondern auch den gleichen Akku mit 90 kWh Kapazität, was für mehr als 500 Kilometer reichen soll. Nur das mit dem 800-VoltLaden klappt hier in Kalifornien noch nicht. Aber so verlockend die Vorstellung auch sein mag, in 15 Minuten den Strom für 400 Kilometer zapfen zu können – es gibt schlimmere Ecken, um einen längeren Ladestopp abzuwarten, als den malerischen Strand von Malibu.
Gepflegte digitale Bedienlandschaft
Außerdem gibt einem die Zwangspause endlich mal genügend Zeit, eine digitale Bedienlandschaft zu studieren, die selbst das Cockpit des Porsche Panamera alt aussehen lässt: Alles, was im Cross Turismo zu steuern und zu regeln ist, erledigt man über Sensorfelder und Touchscreens und alles, was einem das Auto mitzuteilen hat, erscheint auf den Bildschirmen. Sogar der Beifahrer hat sein eigenes Display.
Ein paar Konstanten haben die Schwaben dabei aber in die neue Zeit gerettet: Eine grafische Darstellung der Beschleunigung in der Mitte der Anzeige erinnert an den bei Porsche sonst immer so dominanten Drehzahlmesser. Und natürlich gibt es links vom Lenkrad wenn schon kein Zündschloss mehr, dann zumindest einen Startknopf.
Kein Abschied vom Verbrenner
Schon bald sollen die Stromer einen Anteil von 25 Prozent an der Porsche-Produktion erreichen – ein Ansinnen, das sich die Schwaben stolze sechs Milliarden Euro kosten lassen. Doch der Anfang des Elektrozeitalters markiert keineswegs schon das endgültige Aus des guten alten Verbrenners, beruhigt der Baureihenleiter bis auf Weiteres die Gemüter: „Solange es für Autos wie einen 911 R oder einen GT3 Kunden gibt und es die Gesetze erlauben, werden wir das eine tun und das andere nicht lassen.“