Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Deutschland braucht die Verkehrswende
Blick in die Studie „Deutschland mobil 2030“
Das Mobilitätsverhalten der Menschen unterliegt einem tiefgreifenden Wandel und erfordert neue Lösungen im Bereich der Sharing Mobility sowie innovative digitale Angebote. Zugleich müssen die Emissionen dringend gesenkt werden, um die nationalen und internationalen Klimaschutzziele zu erreichen und die Luftqualität in den Städten zu verbessern.
30 Prozent mehr Öffentlicher Personenverkehr (ÖPV) und 22 Prozent mehr Schienengüterverkehr (SGV): Dieses Wachstum ist laut einer aktuellen Studie der Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) und Intraplan bis zum Jahr 2030 möglich. In der Studie „Deutschland mobil 2030“, die im Auftrag des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erstellt wurde, haben die Gutachter auf Basis aktueller Verkehrsund Bevölkerungsdaten, Trends sowie politischer Rahmenbedingungen die zu erwartenden Entwicklungen des deutschen Mobilitätsmarktes prognostiziert. Daraus wurden mögliche Szenarien für den ÖPV und den SGV abgeleitet.
Im Best-Case-Szenario „Verkehrswende“und im Szenario „Konsequent Schiene“gelingt dabei durch das deutliche Wachstum der Branche eine nachhaltige Wende hin zu effizienter und klimafreundlicher Mobilität, und die deutschen Klimaschutzziele im Verkehrssektor werden im Jahr 2030 erreicht.
„Aber dazu bedarf es großer Anstrengungen aller Akteure. Wir als Verkehrsunternehmen sind gefordert, uns dem Transformationsprozess proaktiv zu stellen und unsere Position als Mobilitätsdienstleister und -integrator vor Ort auszubauen – dafür brauchen wir dann auch passgenaue politische
Rahmenbedingungen. Wir brauchen mehr Mobilität und weniger Verkehr, wenn wir die Mobilitätsbedürfnisse der Bürger auch in Zukunft sicherstellen und Einschränkungen wie Fahrverbote vermeiden wollen“, so VDV-Präsident Jürgen Fenske.
Aus Sicht der Verkehrsunternehmen müssen dazu die vorhandenen Kapazitäten ausgebaut und erweitert werden. In Großstädten und Ballungsräumen müssen Takte verdichtet und zusätzliche Angebote geschaffen werden. Der Ticketvertrieb muss digitaler, einfacher und vernetzter werden. „In ländlichen Räumen müssen wir uns mit flexibleren Geschäftsmodellen beschäftigen“, sagt Fenske. „Wir wollen in nur zwölf Jahren 30 Prozent mehr Kunden in Bussen und Bahnen befördern und 22 Prozent mehr Güter auf der Schiene transportieren. Das gelingt nur, wenn wir uns konsequent an den Bedürfnissen unserer Kunden orientieren.“Städtische Strukturen und Verkehrsplanungen müssen neu gedacht werden. Das erfordert aufeinander abgestimmte Flächennutzungs-, Verkehrsentwicklungs-, Nahverkehrs- und Umweltpläne.
Ohne finanzielle und regulierende Unterstützung der Politik wird es nach Ansicht der Studie nicht gehen. Hierzu zählen die Sanierung und der Ausbau der Infrastruktur, auskömmliche Finanzierungszusagen sowie preis- und ordnungspolitische Maßnahmen zur Begrenzung des Pkw-Verkehrs. „Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sind erste Schritte vorhanden“, so Fenske weiter, „aber auch die Länder müssen stärker ihrer Verantwortung nachkommen und Geld für Ausbau und Erneuerung der Tunnel, Haltestellen und Bahnhöfe zur Verfügung stellen.“