Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mit Lob lernt es sich leichter
E-Learning soll die Erwachsenenbildung revolutionieren. Doch der große Durchbruch ist bislang ausgeblieben. Vor allem große Unternehmen setzen auf die neue Methode
Jedes neue Medium veränderte die Art des Lernens und in Folge die Gesellschaft. Bücher brachten die Bildung auch in ärmere Schichten. Das Fernsehen führte zu einer weiteren Verbreitung von Wissen, auch wenn der gegenteilige Eindruck entstanden sein mag. Das Internet sollte nun die nächste Revolution auslösen, auch in der Bildung.
Die Frage war nur, wie das Internet am sinnvollsten für das Lernen genutzt werden kann. Denn obwohl der 1998 von Jay Cross geprägte Begriff E-Learning in aller Munde ist, zeigt sich mittlerweile eine gewisse Ernüchterung. In einer Studie des Fraunhofer-Institutes setzen gerade mal zwölf Prozent aller Firmen ein E-Learning-Programm ein. Vor allem internationale Konzerne bauen auf die digitale Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Mittelständische Unternehmen hingegen verpassen den Anschluss, so scheint es.
Viele Start-ups buhlen um Kunden
Für internationale Unternehmen hat sich ein reger Markt entwickelt. Kommerzielle Anbieter stellen Videos, Webinare und umfassende Lernmodule zur Verfügung. Darüber hinaus bieten Bildungs-Start-ups digitale Lernmaterialien an. Einer der größten Weiterbildungsanbieter in Europa ist die Integrata Cegos Group mit 1000 festen Mitarbeitern und 4500 freien Trainern. Nur ein Teil des Umsatzes macht jedoch der digitale Markt aus. Der E-Learning-Anteil steigt zwar, aber zugleich sinken die Einnahmen in der herkömmlichen Weiterbildung.
Bei Integrata hat man gelernt, dass es nicht reicht, Vorlesungen mit der Kamera aufzunehmen und ins Netz zu stellen. „Auch als digital Lernender sollte ich immer in Kontakt mit anderen stehen“, sagt Ingmar Rath, Chef von Integrata gegenüber dem Deutschen Fachverlag. E-Learning ersetzt nicht die persönliche Betreuung. Und damit relativiert sich die erhoffte Kostenersparnis für die Unternehmen, denn solche personengesteuerten E-Seminare sind nicht umsonst zu haben.
Den Mitarbeiter in einen Raum zu setzen und ihm Fortbildungsfilme zu zeigen genügt nicht. Untersuchungen zeigen, dass Personen, die an herkömmlichen Trainingsmaßnahmen teilnahmen, bereits einen Tag nach der Schulung nur noch rund 30 Prozent des erlernten Stoffs wiedergeben konnten. Und mit jedem weiteren Tag nimmt die Lernkurve ab. ELearning muss völlig neue Wege beschreiten, um für Mitarbeiter und Unternehmen wirklich interessant zu sein und angenommen zu werden.
Weiterbildner werden Lernbegleiter
Bildungsplattformen sollten daher nicht als Ablageorte für Lernmaterialien verstanden werden, sondern die Chance zur Interaktion und Mitgestaltung bieten, heißt es in einer Studie bei Bitkom, dem Interessenverband der Informations- und Kommunikationstechnik. Flankierend dazu sollte eine veränderte Rolle der Weiterbildner hin zu Lernbegleitern stattfinden. „Auch als digital Lernender sollte ich immer in Kontakt mit anderen stehen.“Ingmar Rath, Integrata
Die Begleiter helfen den Nutzern beim selbst organisierten Lernen, vorzugsweise im Beruf parallel zu der eigentlichen Arbeit. Die Welt des E-Learning habe sich so zu elektronischen Lernlösungen (Learning Solutions) weiterentwickelt, die Technik und moderne Lernmethoden vereinen, heißt es bei Bitkom.
„Letztendlich besteht die Herausforderung darin, jedem Mitarbeiter das Medium seiner Wahl anzubieten“, sagt Ingmar Rath von Integrata. Bei Unternehmen, die E-Learning lediglich einsetzen, um Kosten zu sparen, scheitert daher das Konzept.
Blended Learning als Zukunftsmodell
An vielen Hochschulen forscht man seit Jahren an neuen digitalen Lernmethoden. Im Dezember endete das Projekt „Werkstatt Neue Formate“, das in Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen und den Volkshochschulen erstmalig durchgeführt wurde. Die Untersuchung sollte ergeben, welche Lerntechniken am erfolgreichsten sind und welche bei Lehrern und Lernenden am besten ankamen.
Die Zukunft liegt demnach im Blended Learning. Eine Mischung aus Training on the Job, dem Einsatz von E-LearningTools sowie der Anleitung durch einen Lehrer, der sich persönlich um die Belange kümmert. Ein wichtiger Grund: Ohne Beteiligung eines Menschen fehlen Lob und Bestätigung – und damit eine wichtige Motivation, sich überhaupt weiterzubilden.