Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Sehr gutes Arbeitszeugnis nicht ausreichend
Gericht erkennt nicht ernst gemeinte Passagen – Formulierungshoheit liegt dennoch beim Arbeitgeber
WEIMAR. In der Praxis spielt die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses immer wieder eine wichtige Rolle. Die Parteien streiten sich teilweise verbissen um einzelne Formulierungen.
Ein solcher Sachverhalt lag auch der Entscheidung des LAG Hamm vom 14. November 2016 zugrunde. Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten sich in einem vorhergehenden Rechtsstreit darauf geeinigt, dass der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin einen Zeugnisentwurf vorlegt und diese hiervon nur aus wichtigem Grund abweichen darf.
Dies hat der Arbeitnehmer über seinen Rechtsanwalt getan. Die Arbeitgeberin übersandte ihrem ehemaligen Arbeitnehmer ein Zeugnis, welches von dem übermittelten Entwurf in einigen Punkten sprachlich durch Synonyme oder Steigerungen abwich. So hat sie zum Beispiel wiedergegeben, dass der Kläger anstatt einer „sehr guten Auffassungsgabe“eine „extrem gute Auffassungsgabe“besitzt. Es wurde ihm nicht „stets sehr gute Zusammenarbeit“, sondern für die „stets hervorragende Zusammenarbeit“gedankt. Des Weiteren hat die Arbeitgeberin in dem Zeugnis mitgeteilt, anstatt „wir bewerten ihn mit ‚sehr gut‘“„wenn es eine bessere Note als ‚sehr gut‘ geben würde, würden ihn damit beurteilen“.
Dagegen heißt es in dem ausgestellten Zeugnis nicht mehr, dass die Arbeitgeberin es bedauert, dass der ehemalige Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt, sondern nur noch, dass die Arbeitgeberin den Weggang zur Kenntnis nimmt. Der ehemalige Arbeitnehmer ist nunmehr vor die Gerichte im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gegangen, um das ursprünglich von ihm gefertigte Arbeitszeugnis durchzusetzen. Sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht sahen das veränderte Arbeitszeugnis der Arbeitgeberin nicht als Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem vorhergehenden Vergleich. Zwar seien die Bewertungen des Arbeitgebers gesteigert, doch dadurch gibt die Arbeitgeberin einem unbefangenen Leser ausdrücklich klar zur Kenntnis, dass die Formulierungen nicht ernst gemeint seien. Dies widerspreche den Grundsätzen einer Zeugniserteilung. Insbesondere der Widerspruch zu dem fehlenden Bedauern und der übersteigerten Bewertung wirke sich negativ aus.
Grundsätzlich führt jedoch das LAG aus, dass zwar der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis hatte, die Formulierungshoheit aber liegt beim Arbeitgeber.
Damit ist der Arbeitgeber nicht an die Formulierungsvorschläge des Arbeitnehmers gebunden.
● Aktenzeichen:
LAG Hamm, Ta /
Die Autorinnen sind Kathrin Stocke vom Allgemeinen Arbeitgeberverband Thüringen und Kerstin Lange vom Verband der Metall- und Elektro-Industrie in Thüringen