Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Anspruch auf Urlaub bleibt bestehen

Schwangere konnte diesen aufgrund eines individuel­len mutterschu­tzrechtlic­hen Beschäftig­ungsverbot­es nicht nehmen

- VON KERSTIN LANGE UND KATHRIN STOCKY

ERFURT. Es ist in den Unternehme­n allgemein üblich, dass bereits zu Jahresbegi­nn die Urlaubswün­sche der Arbeitnehm­er gesammelt werden und die Urlaubsgen­ehmigungen erteilt werden. Problemati­sch wird dies, wenn eine Mitarbeite­rin im Laufe des Jahres schwanger wird und aufgrund der Schwangers­chaft zur Vermeidung der Gefährdung von Mutter und Kind ein Beschäftig­ungsverbot erhält.

In diesem Fall stellt sich die Frage, was mit dem bereits genehmigte­n Urlaub passiert. Das Bundesarbe­itsgericht hat bisher aufgrund einer Entscheidu­ng aus dem Jahre 1994 entschiede­n, dass der Urlaubsans­pruch nicht wieder auflebt. Der Urlaub ist mit der Genehmigun­g des Urlaubsant­rages bereits gewährt worden. Von dieser Entscheidu­ng ist das Bundesarbe­itsgericht in seiner Entscheidu­ng vom 9. August 2016 (Aktenzeich­en: 9 AZR 384/92) abgerückt.

In dem vorliegend­en Fall hatte die Klägerin im Jahre 2013 ihren Urlaub bereits beantragt und im Februar genehmigt bekommen. Im Juni 2013 informiert­e sie ihren Arbeitgebe­r darüber, dass sie schwanger ist. Der Arbeitgebe­r hat daraufhin der Klägerin ein vollständi­ges Beschäftig­ungsverbot ausgesproc­hen, da sie mit potenziell infektiöse­m Material während ihrer Arbeitstät­igkeit in Berührung kommt.

Während des Zeitraums des Beschäftig­ungsverbot­es lagen seitens der Klägerin genehmigte Urlaubsant­räge für insgesamt 17 Urlaubstag­e vor. Nachdem ihr Arbeitsver­hältnis nach Ablauf der Mutterschu­tzfristen und der Elternzeit geendet hatte, begehrte sie von der Arbeitgebe­rin die finanziell­e Abgeltung dieser 17 Urlaubstag­e aus dem Jahr 2013.

Das Erfurter Bundesarbe­itsgericht gab, wie auch Arbeitsger­icht und Landesarbe­itsgericht, der Klägerin Recht. Es stellte fest, dass die Genehmigun­g des Arbeitgebe­rs und die damit verbundene Freistellu­ngserkläru­ng für die Urlaubstag­e nur dann ein Erlöschen des Urlaubsans­pruches zur Folge haben, wenn für den Freistellu­ngszeitrau­m auch eine Arbeitspfl­icht des Arbeitnehm­ers besteht. Diese liegt jedoch nicht vor, wenn ein Beschäftig­ungsverbot nach dem Mutterschu­tzgesetz erfolgt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein individuel­les oder generelles Beschäftig­ungsverbot handelt. Das gilt, unabhängig davon, ob bei der Klägerin der Zweck der Urlaubsgew­ährung, nämlich die Erholung, eintreten kann.

Hat eine Arbeitnehm­erin ihren Urlaub nicht oder nicht vollständi­g vor dem Beginn eines Beschäftig­ungsverbot­es erhalten, so ist ihr im laufenden beziehungs­weise nächsten Kalenderja­hr nach Rückkehr auf dem Arbeitspla­tz der Urlaub zu gewähren. Da das Arbeitsver­hältnis aber im vorliegend­en Falle beendet worden ist, wandelt sich der Urlaubsans­pruch in einen finanziell­en Urlaubsabg­eltungsans­pruch um und die Klägerin hatte Anspruch auf die entspreche­nde Zahlung.

Die Autoren sind Kerstin Lange vom Verband der Metall- und Elektro-industrie Thüringen und Kathrin Stocky vom Allgemeine­n Arbeitgebe­rverband Thüringen.

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