Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Landratskandidat Frenck: Einzelfall und Zäsur
Der Neonazi erreicht bei der Kommunalwahl mehr als 16 Prozent – Quent: Verwurzelung in der Region sehr besorgniserregend – Streit um Konzerte 2018
HILDBURGHAUSEN/JENA. Wenn von Tommy Frenck die Rede ist, denken die wenigsten außerhalb Südthüringens bei diesem Namen an einen Landratskandidaten. Frenck ist nicht nur wegen möglicher Volksverhetzung ins Blickfeld gerückt, sondern man kennt ihn vor allem im Zusammenhang mit Neonazi-konzerten mit Tausenden zahlenden Besuchern, die dennoch als vermeintlich politische Veranstaltungen besonderen Schutz genießen.
Als Frenck jetzt bei der Landratswahl in Hildburghausen antrat, hat der Kandidat des Bündnisses Zukunft Hildburghausen, kurz BZH genannt, immerhin 16,6 Prozent der Stimmen erreicht. Gewonnen hat die Wahl in Hildburghausen zwar im ersten Durchgang der bisherige Amtsinhaber Thomas Müller (CDU) mit 61,1 Prozent. Das Ergebnis von Frenck, der für das BZH auch im Kreistag sitzt, zeigt aber, wie stark er in seiner Region verwurzelt und wie groß sein Rückhalt ist: „Wenn die Nazis wieder in die Region zu Konzerten kommen, kann nun nicht mehr gesagt werden: Das ist nicht unser Problem“, macht Matthias Quent deutlich. Er ist Direktor des Jenaer Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), das Thüringer Dokumentationsund Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit ist – und er hat Frencks Treiben rund um Kloster Veßra und vor allem auch bei Neonazikonzerten in Themar im vergangenen Jahr genau beobachtet.
Das Abschneiden Frencks bei der Kommunalwahl sei „sehr besorgniserregend. Es ist wohl das höchste Ergebnis, das je ein Neonazi erreicht hat bei Landratswahlen in Thüringen seit 1990“, schätzt er ein – und spricht von „einer Zäsur, wenngleich Frenck ein Einzelfall ist“. Denn an diesem Einzelfall zeige sich, „wohin die Reise gehen kann, wenn sich Rechtsextremisten in dieser Weise lokal etablieren können“, betont der Wissenschaftler aus Jena.
Gerade in einigen kleinen Orten im ländlich geprägten Kreis Hildburghausen hat Frenck zwischen 30 und mehr als 40 Prozent der Stimmen erringen können; so machte in Kloster Veßra, wo der Kandidat das Gasthaus „Goldener Löwen“betreibt, jeder dritte Wähler sein Kreuz bei Frenck. Dieser schaffe es, „über eine direkte Ansprache, über Emotionalisierung, über die Herstellung von Verbindlichkeit Menschen zu mobilisieren“, verdeutlicht Quent. Seine Strategie lasse sich auch daran ablesen, dass in kleinen Orten, in denen Frenck besonders hohe Stimmanteile erhalten habe, eine höhere Wahlbeteiligung zu verzeichnen sei. Dabei müsse klar sein, dass der Kandidat „kein Populist“sei, „keiner, der ein wenig mit Vorurteilen spielt, um Frust abzugreifen. Er ist ein knallharter Neonazi und er daraus auch keinen Hehl macht“, schätzt Quent mit Blick auf Tommy Frenck ein.
Derweil ist offen, wie es mit den Rechtsrock-veranstaltungen auf der Wiese am Rande von Themar weitergeht: Das Landratsamt Hildburghausen hatte – wie berichtet – das für den 8. und 9. Juni angemeldete Rechtsrockkonzert bereits im März aus Naturschutzgründen verboten. In unmittelbarer Nähe leben streng geschützte Vogelarten wie Blaukehlchen, Bekassine, Uhu und Wanderfalke, sagte damals der mittlerweile wiedergewählte Landrat Thomas Müller (CDU). Das Landratsamt berief sich bei seinem Verbot auf Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes. Danach ist es verboten, wildlebende Tiere streng geschützter Arten während der Fortpflanzungsoder Aufzuchtzeiten erheblich zu stören.
Mit einem Eilantrag gingen die Anmelder dagegen vor. Das Verbot, wie es zunächst ausgesprochen wurde, wird – wie inzwischen klar ist – juristisch wohl keinen Bestand haben. Die Auseinandersetzung um den Fall werde aber weitergehen, wie es im Landratsamt heißt.
Im Zusammenhang mit dem Großkonzert 2017 laufen zahlreiche Ermittlungen, so auch gegen den Sänger der rechtsextremen Band „Die Lunikoff Verschwörung“. Gegen den Sänger der Band „Stahlgewitter“, die ebenfalls in Themar spielte, wurde – wie jüngst berichtet – Anklage wegen Volksverhetzung in zwei Fällen erhoben. Der Sänger der Rechtsrock-gruppe „Blutzeugen“hat einen Strafbefehl erhalten.