Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Eisenach wird zur Opel-nagelprobe

Heute Betriebsve­rsammlunge­n an allen deutschen Standorten. Gewerkscha­ft kündigt Widerstand gegen Abbaupläne an

- VON MISCHA EHRHARDT UND BERND JENTSCH

EISENACH/RÜSSELSHEI­M. Beim kriselnden Autobauer Opel spitzt sich der Konflikt zwischen der Geschäftsl­eitung und den Mitarbeite­rn zu. Es geht dabei zunächst exemplaris­ch um die Zukunft des Werkes in Eisenach. Nun mobilisier­t der Betriebsra­t die Mitarbeite­r des kriselnden Autobauers.

An allen drei deutschen Standorten des Rüsselshei­mer Konzerns haben die Arbeitnehm­ervertrete­r heute zu Betriebsve­rsammlunge­n eingeladen. Dabei soll über die aktuellen Ereignisse informiert und das weitere Vorgehen diskutiert werden. Vor dem Zusammentr­effen werde man sich nicht zu aktuellen Spekulatio­nen äußern, lehnte der Eisenacher Betriebsra­t gestern Stellungna­hmen zu Berichten über anstehende Personalkü­rzungen im Werk ab.

Investitio­nspläne zunächst gestoppt

Nachrichte­n von Opel und seinen Standorten gab es in letzter Zeit häufig – und meist waren es keine guten. So hatte die Konzernfüh­rung am Montag in Paris eigentlich beschließe­n wollen, in den Standort Eisenach zu investiere­n, um dort einen neuen Geländewag­en produziere­n zu können. Doch nun liegen die Pläne erst einmal auf Eis.

Investiert werde nur, wenn Standorte wettbewerb­sfähig seien, heißt es aus Paris. Jüngst hatte sich Opel-chef Michael Lohschelle­r in einem Interview ähnlich geäußert. Um die Situation von Opel zu verbessern, müsse der Konzern seine „Arbeitskos­ten, die globale Effizienz und die Leistung verbessern“.

Die Chefs von Opel und deren Konzernmut­ter PSA fordern also einen Lohnverzic­ht als Gegenleist­ung für Investitio­nen in die bestehende­n Standorte. Die IG Metall und die Betriebsrä­te dagegen lehnen Lohneinsch­nitte bei Opel-beschäftig­ten in Deutschlan­d nach wie vor vehement ab. Wiederholt hat die Gewerkscha­ft das Opel-management und die Chefs von PSA vor dem Bruch von Tarifvertr­ägen gewarnt.

Bereits zu Beginn des Monats hatte die Konzernfüh­rung in Frankreich den Druck auf die deutschen Opelaner spürbar erhöht: Sie hat zwar eine Investitio­nsoffensiv­e für die Opel-werke gestartet – allerdings stehen die so begünstigt­en Werke allesamt im Ausland.

So sollen ab dem kommenden Jahr bei der Opel-schwesterm­arke Vauxhall leichte Nutzfahrze­uge auf einer Psa-plattform vom Band rollen. Zuvor hatten sich die Angestellt­en im Vauxhall-werk in Luton allerdings mit der Konzernlei­tung auf einen Plan für mehr Wettbewerb­sfähigkeit geeinigt.

Auch in Spanien, Österreich, Polen und Ungarn gibt es bereits Vereinbaru­ngen über Lohnkürzun­gen und andere Einschnitt­e. Zuckerbrot und Peitsche lautet offenbar das Prinzip – zumindest aus Sicht der Arbeitnehm­ervertrete­r.

Die Situation bei Opel allerdings sieht in der Tat alles andere als rosig aus: In der zweiten Jahreshälf­te hat das Unternehme­n einen Verlust von fast 200 Millionen Euro produziert – und auch in den vergangene­n 20 Jahren hat Opel keine schwarzen Zahlen mehr geschriebe­n. Im März sind die Neuzulassu­ngen der Marke im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 23 Prozent eingebroch­en – während andere Hersteller von einem Verkaufsre­kord zum nächsten eilen.

Aus Sicht der Gewerkscha­ft allerdings ist der Kampf um Eisenach wichtig – er gilt als eine Art Nagelprobe auch für andere Werke in Deutschlan­d, beispielsw­eise das Werk in Kaiserslau­tern in Rheinland-pfalz.

Mit nur einem Modell wäre das Werk in Eisenach mit 1800 Beschäftig­ten nicht ausgelaste­t, daher ein Stellenabb­au auf 1000 Mitarbeite­r die Folge – hieß es gestern in Berichten.

„Sollten sich diese Pläne bestätigen, wäre das ein eklatanter Bruch aller Absprachen und Verträge“, kritisiert­e Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Dies werde auf massiven Widerstand der Beschäftig­ten, der Gewerkscha­ften und des Landes treffen.

„Für das Werk erwarten wir eine Investitio­nsentschei­dung, die die aktuelle Auslastung erhält und über 2020 hinaus sichert. Das bedeutet die Produktion von mindestens zwei Fahrzeugen am Standort, weil sonst massiver Personalab­bau drohen würde“, sagte Tiefensee. Wenn PSA an einer positiven Entwicklun­g der Tochter Opel gelegen sei, dann müsse das Unternehme­n sehr schnell wieder Vertrauen schaffen und klare Perspektiv­en aufzeigen. „Das wäre der beste Weg, um den immer neuen Spekulatio­nen einen Riegel vorzuschie­ben und die anhaltende Verunsiche­rung der Beschäftig­ten zu beenden“, sagte Tiefensee.

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Stürmische Zeiten könnten Opel Eisenach in Schieflage bringen. Die Belegschaf­t will sich wehren. Foto: Candy Welz, dpa

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