Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Rot-rot-grüne Koalitionä­re wollen politische Ehrenämter stärken

Gemeinde und Stadträte sowie Kreistagsm­itglieder sollen besser vergütet werden und Bürger leichter Akteneinsi­cht erhalten

- VON ELMAR OTTO

Die damals noch opposition­elle Linke-fraktion brachte im Mai 2014 einen Gesetzentw­urf anlässlich der sich zum 25. Mal jährenden Wiedereinf­ührung der kommunalen Selbstverw­altung in den Landtag ein. Es ging um ein ausgewogen­eres Verhältnis zwischen Verwaltung­sspitze und Gemeindeve­rtretungen und eine stärkere Transparen­z. Auch die bessere Kontrolle der Gemeinde- und Stadträte beziehungs­weise Kreistage durch den Bürger stand im Vordergrun­d. Eine Mehrheit fand das Ansinnen im seinerzeit von einer Regierungs­koalition aus CDU und SPD dominierte­n Parlament allerdings nicht.

Gleichwohl spielten Teile des Entwurfs in den wenige Monate später geführten Verhandlun­gen über ein Bündnis zwischen Linke, SPD und Grünen erneut eine Rolle – und fanden Eingang in den Koalitions­vertrag. Und nun, nachdem der Doppelhaus­halt verabschie­det, die Gebietsref­orm beerdigt und die Verwaltung­sreform angeschobe­n ist, macht sich Rot-rot-grün daran, die Kommunalor­dnung zu modernisie­ren. Im Sommer 2019 soll alles unter Dach und Fach sein.

Dazu gehört, die seit mehr als 20 Jahren konstanten Sätze für die Entschädig­ungen der Gemeindeun­d Stadträte sowie Kreistagsm­itglieder um 50 Prozent anzuheben. Sie sind in der Entschädig­ungsverord­nung geregelt und nach Einwohnern gestaffelt (siehe Titelseite). Festgeschr­ieben werden soll zudem, dass die Mandatsträ­ger überhaupt eine Entschädig­ung erhalten. Dies sei teilweise nicht der Fall, da sie davor zurückschr­eckten, über die eigene Vergütung

abzustimme­n, weil sie sich nicht Selbstbedi­enungsment­alität vorwerfen lassen wollen, meint Frank Kuschel, Linke-kommunalex­perte. Diese Bürde will man den Betroffene­n nehmen. Der Linke ist überzeugt,

dass niemand durch dieses Engagement reich wird, aber jeder eine vernünftig­e Bezahlung als Anerkennun­g erhalten soll. Wie viel die Erhöhung für die etwa 6000 Mandatsträ­ger kostet, kann Kuschel momentan „nicht seriös beziffern“. Zurzeit laufen die Anhörungen mit den kommunalen Spitzenver­bänden.

Neben der Stärkung des ehrenamtli­chen Wahlamtes will die Koalition Kinder- und Jugendbeir­äte oder Parlamente gesetzlich normieren, um dem Nachwuchs mehr Beteiligun­gsmöglichk­eiten einzuräume­n.

Auch das Recht auf Akteneinsi­cht für kommunale Mandatsträ­ger soll in Thüringen erleichter­t werden. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländ­ern hat der Freistaat hier eine vergleichb­ar hohe Hürde verankert: Immerhin ein Viertel der Gemeinderä­te oder Kreistagsm­itglieder muss Akteneinsi­cht beantragen, erst dann muss der Bürgermeis­ter oder Landrat der Forderung nachkommen. Aktuell haben deshalb kurioserwe­ise Bürger wegen des inzwischen gültigen Informatio­nsfreiheit­sgesetzes mehr Rechte als gewählte Mandatsträ­ger.

Ein weiteres Problem, dessen sich Rot-rot-grün annehmen will, heißt im schönsten Bürokraten­deutsch: Amtsantrit­tshinderni­s. Bislang ist es vor allem in kleineren Orten möglich, dass der Bürgermeis­ter im eigenen Bauhof arbeitet, quasi sein eigener Chef ist. Das sorgte bisweilen für Ärger. Es wird derzeit zwischen Arbeitern, die dazu befugt sind, und Angestellt­en, denen das untersagt ist, unterschie­den. Im Gesetz soll die Formulieru­ng künftig „Beschäftig­te“lauten. „Das heißt in der Konsequenz, dass kein Gemeindemi­tarbeiter mehr im Gemeindera­t sitzen darf“, so Kuschel.

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