Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Falsch verstanden­e Begriffe

Überlegung­en zur Freiheit und zur gelebten Demokratie

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Werner Treue aus Jena schreibt zum Begriff Freiheit:

Freiheit wovon, Freiheit wofür? Ist sie der Antagonist der Macht, die kleine Partnerin der Anarchie…? Und nein, ich bemühe jetzt nicht den Alten Fritz und seinen Machiavell­i oder die Luxemburg. Weil, das eine wäre doch unangebrac­ht oder scheinbar überwunden, und die andere wird nur als Fragment missbrauch­t – weil alle anders denken…

Ich möchte den Begriff Freiheit in einen abseits gelegenen Raum verweisen, in dem sich etliche andere Begriffe auch tummeln; solche wie Wahrheit, Liebe, Rechte und Pflichten, Toleranz, Gesellscha­ft, Staat, Menschlich­keit, Altruismus und andere. Die Begriffe Vergangenh­eit, Gegenwart, Zukunft, Demokratie befinden sich in einer gesonderte­n Kammer…

Bevor wir Demokratie zu verteidige­n haben, müssen wir sie doch erst einmal erschaffen, sie leben, damit sie überhaupt sein kann! Und dazu braucht sie – diese Demokratie – ähnlich jeder anderen Lebendmass­e – ein beständige­s Anlernen und Einüben der dazugehöri­gen Individuen.

Deutschlan­d hat mit Wanderunge­n hin – aktuell mehr her – zu den „Fleischtöp­fen“zu tun, wie viele andere Länder auch. Einst zogen viele fort. Als die Zarin sie rief oder die Gold-Claims Reichtum versprache­n. Dann kamen andere – weil Friedrich II. sie rief und auch begrüßte. Dann aber zogen wir Deutschen auch dorthin, wo wir keineswegs gerufen worden waren… und nun flutet es von dort zurück und wir, die Deutschen, wanderten untereinan­der und hatten große Not mit dem Bleiben.

Der Mangel allerorten an konsequent­er Säkularisi­erung ist es, der eigentlich die Demokratie in Gefahr versetzt, zusammen mit der unbeschrän­kten Gier nach Geiz und Macht und dem Besitz der materielle­n Mittel dafür. Selbst das Wort Geld bekommt von mir einen Platz in der Arena der falsch verstanden­en Begriffe. Wohl, weil auch dessen Wirkungen völlig missversta­nden sind seit seiner Erfindung… Ach so, Zins und Zinseszins gehören dann unbedingt auch noch dazu. Mein Fazit fand ich gleich zweimal; beim Platon und beim alten Seneca.

Platon: „Diejenigen, die zu klug sind, um sich in der Politik zu engagieren, werden dadurch bestraft, dass sie von den Leuten regiert werden, die dümmer sind als sie selbst.“– Hier möchte ich fix dem Platon widersprec­hen: nein, nicht zu klug sie wähnen sich, zu klug zu sein…

Seneca: „Der Heidenlärm, der aus dem Stadion zu mir herüberdri­ngt, bringt mich zwar nicht aus der Fassung; aber ich mache mir doch meine Gedanken: Wie viele treiben Körperkult­ur und wie wenige Geisteskul­tur! Wie viele rennen zu diesen Schaustück­en, und wie klein ist der Kreis bei kulturelle­n Veranstalt­ungen! Wie geistesarm ist unsere vergöttert­e Bicepsaris­tokratie!“

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