Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Auf Fakten bauen und verbal abrüsten
Leser wendet sich gegen Pauschalurteil
Peter Häusler aus Mellingen schreibt zum Leserbrief von Frau Arndt aus Weimar über Flüchtlinge und Björn Höcke:
Frau Arndt schließt ihre Betrachtungen mit einer Behauptung, die man so ähnlich sehr oft von AfD-Anhängern hört: „Diese Leute (sie meint die Flüchtlinge aus Kleinasien und Afrika) kommen alle freiwillig hierher, keiner hat sie vertrieben, sie suchen sich das Land aus, in dem es das meiste Geld gibt, nämlich Deutschland.“
Sie weiß offensichtlich nichts von den mörderischen Bürgerkriegen, beispielsweise in Syrien und im Kongo, nichts von den permanenten Anschlägen im Irak und in Afghanistan, nichts von den diktatorisch-religiösen Schikanen beispielsweise im Iran und in Saudi-Arabien, nichts von den frauen- und mädchenverachtenden Gesetzen beispielsweise in Katar, nichts von den erbärmlichen Zuständen der Flüchtlingslager im winzigen Libanon, sonst würde sie nicht so leichtfertig formulieren.
Vor allem aber fällt ihr gar nicht auf, wie sehr sie genau das betreibt, was sie den „sogenannten tschechischen Partisanen“(ihre Worte) von 1945 mit großer Empörung vorwirft: Sie verurteilt pauschal eine ganze Gruppe von Menschen, ohne sich auch nur im Ansatz dafür zu interessieren, ob ihr Urteil berechtigt ist, oder nicht.
Wenn man das noch mit Stimmungsmache untersetzt, die das Ziel hat, ganze Menschengruppen zu diskreditieren, dann nennt man das Hetze. Edvard Beneš hat das 1945 sehr ausgiebig gegen die sudetendeutsche Bevölkerung betrieben und Björn Höcke (und nicht nur er) in den letzten beiden Jahren gegen „die Flüchtlinge“. Was damals in Tschechien daraus wurde, kennt Frau Arndt aus ihrer Familiengeschichte. Wie das in Deutschland weiter geht, werden wir sehen. So viel jedenfalls sagt die Statistik des Bundeskriminalamtes für 2016: Es gab 988 Anschläge auf Flüchtlingsheime, mehr als 2545 Straftaten gegen Flüchtlinge außerhalb der Unterkünfte mit 560 Verletzten, mehr als 800 Angriffe auf Mandatsträger und mehr als 120 Angriffe auf Helfer und Hilfsorganisationen. Das muss erschrecken. Ein sorgfältigerer Umgang mit belastbaren Fakten und ein verbales Abrüsten im Meinungskrieg würde uns allen gut tun.