Netzwerktreffen der Kulturregion Tollensetal sorgt für Frust
Viele Vorträge, keinerlei Themen-Management, eine mangelhafte Moderation und zu wenig Möglichkeiten zum Netzwerken – das jüngste KwiT-Treffen verärgerte etliche Teilnehmer.
MÜHLENHAGEN – Es wird immer viel geredet, aber nichts kommt dabei heraus – dieses Feedback gaben Teilnehmer nach dem mittlerweile fünften Netzwerktreffen des Projektes „KwiT – Kulturwirtschaft im Tollensetal und darüber hinaus“jüngst in Mühlenhagen. Enttäuscht zeigte sich beispielsweise Dr. Klaus Röse vom Altentreptower Schlagerduo Jo & Josefine. „Es hat uns als Entertainern der Tollenseregion gar nichts gebracht“, so Röse, bevor sich das Duo ernüchtert verabschiedete.
Dabei hat die Idee hinter dem von Schloss Broock initiierten Projekt durchaus Charme. Denn in der landschaftlich reizvollen Region haben sich zahlreiche Künstler, Kunsthandwerker und innovative Tourismus-Akteure angesiedelt. Es gibt dort attraktive Kultur- und Veranstaltungsorte, und es gibt auch immer wieder Bestrebungen, sie alle miteinander zu vernetzen.
Für alle Beteiligten wäre es gut, eine Kulturregion im Tollensetal zu etablieren. Schloss Broock ist es gelungen, für das Projekt KwiT bis Ende 2024 eine Förderung als Strukturentwicklungsmaßnahme über den Europäischen Sozialfonds (ESF) Plus zu erreichen. Und so luden nun Pia Schulze und Anne Zandt, die beiden Projektverantwortlichen, erneut zum Netzwerktreffen ein. Dabei sollen sich die Teilnehmer in geselliger Runde austauschen und informieren.
Der Ablauf ist immer gleich: Zum Kennenlernen gibt es jeweils die Möglichkeit, sich kurz vorzustellen. Akteure, die darüber hinaus die Gelegenheit nutzen wollen, ein aktuelles Vorhaben zu präsentieren, bekommen dafür fünf Minuten Zeit – und wenn sie den Organisatoren vorher Links oder Präsentationen schicken, dann können diese gezeigt werden. „Anschließend wird die Runde für lockere Gespräche und Austausch eröffnet“, so schreiben Zandt und Schulze auf der KwiT-Webseite.
Beim fünften Treffen zum Thema „Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ist das nicht wirklich gut gelungen. Nadine Oswald, Inhaberin des Naturerlebnisparks Mühlenhagen, stellte den Raum, Kaffee und Getränke für die Teilnehmer
zur Verfügung. Sie begrüßte auch die Gäste vor dem Café, während das Projektteam schon im Veranstaltungsraum an den Laptops saß.
Um 16 Uhr war die Hälfte der vermuteten Teilnehmer anwesend. Projektmitarbeiterin Anne Zandt begann, das Kwit-Projekt vorzustellen. Dabei wurde sie sogleich unterbrochen – ein Kulturschaffender fragte an, ob es diesmal keine Vorstellungsrunde gäbe. „Ja, dann machen Sie aber schnell. Wir haben keine Zeit“, meinte Zandt. Also stellte sich jeder im Eiltempo mit einer Redezeit von unter 60 Sekunden vor. Danach erzählte die Projektmitarbeiterin weiter von einer zukünftigen digitalen Landkarte, die sie für die Akteure erstellen möchte. Inzwischen dürfte das allerdings jeder wissen.
Konkreter wurde es leider nicht. Projektergebnisse aus dem ersten Jahr KwiT? Fehlanzeige. Dabei sollte schon 2023 „in einem ersten Schritt“ein interaktives Kulturregister entstehen, wo alle Vertreter aus Gastronomie und Beherbergung, naturnahem Tourismus sowie Kulturund Veranstaltungswirtschaft gelistet sind, so war es zumindest angekündigt. Doch nur zwölf Akteure, sechs davon aus Demmin, sind über die Webseite des Tourismusverbandes Mecklenburgische Seenplatte bislang tatsächlich zu finden.
Als zweite Rednerin erklärte dann Gastgeberin Nadine Oswald, dass es wegen des hohen Pflegeaufwandes künftig keine weiteren Tiere im Naturpark geben werde. Das Rotwild bleibe, und der freie Eintritt auch. Mit leuchtenden Augen erzählte sie über den neuen Biberdamm.
Vom Biber ging es dann direkt in die Luft, nämlich zur
Wasservogelzählung des Vereins für Landschaftsgestaltung und Artenschutz vom Mai 2021 bis Oktober 2022. Es ging um die Vereinheitlichung des ornithologischen Monitorings im polnischen und deutschen Teil des Stettiner Haffs. Da kam die Frage auf, was dies mit den Kulturschaffenden der Tollenseregion zu tun habe. „Es geht ja um Umweltschutz“, erwiderte Anne Zandt.
Es folgte eine Präsentation der Camping Car Park, mit Firmensitz in Frankreich, die eine schlüsselfertige Lösung für den Betrieb von Wohnmobilstellplätzen für Kommunen anbietet. Danach kam dann die erste Kulturschaffende zu Wort. Karola Stenschke aus Dargun hatte eine „absolut neue Idee“, wie sie sagte: Sie möchte eine Künstlerdatenbank für ganz Mecklenburg-Vorpommern schaffen. Ein Teilnehmer informierte, dass es eine solche Lösung bereits seit Jahren gibt, und zwar www.kulturmv.de. Davon wusste sie nichts, meinte Stenschke und brachte ihren Vortrag, in dem sie ihre Webseite mit selbstgemaltem Vogel als Logo zeigte, zu Ende.
Dann war der interkommunale IT-Aufgabenträger IKT-Ost an der Reihe: In dem Projekt „26 meer.zukunft.seen“soll Weitläufigkeit und Überalterung der Region mit Digitalisierung begegnet werden. Und plötzlich war es 18 Uhr. Veranstaltungsende. Weit über die Hälfte der Anwesenden war nicht zu Wort gekommen.
Unter den wartenden Akteuren aus Altentreptow waren Sebastian Tacke vom Hotel am Markt, das Gesangsduo Jo & Josefine, sowie Ricarda Heibel und Juliane Krohn von der Stadtverwaltung. Nachdem sie zwei Stunden zugehört hatten, war es jetzt endlich Zeit, das zu tun, wozu sie eigentlich angereist waren: Visitenkarten wurden getauscht und Gespräche geführt, um sich kennenzulernen. Daran beteiligte sich auch Bürgermeisterin Gisela Schönbeck aus Utzedel. Denn sie war gekommen, um ihre Gemeinde zu vernetzen.