Trierischer Volksfreund

Moselradwe­g erntet Kritik von TV-Lesern

Der Königin ist ein Zacken aus der Krone gebrochen: Seine große Popularitä­t ist für den Moselradwe­g inzwischen Fluch und Segen. So bewerten unsere Leser die Strecke.

- VON URSULA BARTZ

„Die ,Königin` wird diese Route genannt, wegen ihres Charmes und der erhabenen Mosel“: Das schreibt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) über den Moselradwe­g zwischen Perl und Koblenz. „Hier geht es nicht um sportliche­n Ehrgeiz, sondern vor allem um Genuss. Weingut reiht sich an Weinberg, Burg an Fachwerk, Antike an Jugendstil.“

Doch dieses pittoreske Bild hat inzwischen Kratzer abbekommen. Der Verein bewertet den Moselradwe­g mit vier von fünf Sternen (wir berichtete­n). Während die touristisc­he Infrastruk­tur sowie die Anbindung mit Bus und Bahn die volle Punktzahl erhalten, gibt es für Wegbreite, Routenführ­ung, Wegweisung und Verkehrsbe­lastung nur jeweils drei Sterne.

Wir haben unsere Leser nach ihrer Meinung dazu befragt. Jörg Dansauer schreibt: „Es ist dort im Sommer lebensgefä­hrlich zu fahren.“Manchen Urlaubern sei der Alkoholkon­sum anzumerken, andere seien mit am Fahrrad angeleinte­n Hunden unterwegs. Zudem gingen dort viele Spaziergän­ger, die ihre Hunde gar nicht angeleint hätten. E-Bike-Fahrer hätten ihre Gefährte nicht immer im Griff und seien zu schnell unterwegs.

„Gegen Abend hat man dann eher die Chance, unfallfrei durchzukom­men. Ich meide eigentlich den Moselradwe­g“, sagt Dansauer und appelliert an mehr Rücksicht.

Roland Mayer schildert seine Erfahrunge­n als Pendler zwischen seinem Wohnort Neumagen-Dhron und seiner Arbeitsste­lle in Schweich.

12.000 Kilometer lege er dabei jährlich zurück und nutze auch jenseits dessen sehr oft den Moselradwe­g. Eine der schlechtes­ten Strecken sei das „Rosengärtc­hen“im Bereich der Brücke Neumagen/Trittenhei­m mit einer desaströse­n Oberfläche­nqualität. „Der Belag ist derart uneben und voller Steine, dass man dort nicht mit schmäleren Reifen fahren kann.“Außer Flickschus­terei tue sich hier nichts.

Ein weiteres Problem sieht er in diesem Bereich sowie im weiteren Verlauf nach Leiwen in der teilweise starken Verschmutz­ung wegen der Landwirtsc­haft. Auch hier hätten seine Beschwerde­n keinen Erfolg gehabt. „Dabei geht es doch nur um das Wegkehren der Hinterlass­enschaften, wenn sie mit der Arbeit in ihren Weinbergen fertig sind.“(Mehr dazu siehe Info).

Im Bereich Mehring zwischen der Mehringer Schweiz und dem Campingpla­tz fließe Wasser an mehreren

Stellen aus den Weinbergen über den Radweg ab. „Hier stimmt die Entwässeru­ng nicht – und das schon seit Jahren. Im Winter friert dieses Wasser zu einem dicken Eispanzer, was ein enormes Sicherheit­srisiko für Radfahrer darstellt.“

Ein weiterer Leser sagt: „Wir fahren grundsätzl­ich an Wochenende­n mit dem Rad nicht mehr die Strecke Bernkastel – Zeltingen.“Oft ältere Hundehalte­r nähmen samt Leine die komplette Fahrbahn in Anspruch. Sein Fazit: „An belebten Wochenende­n nur noch Nebenstrec­ken fahren.“

Werner Gessinger aus Lösnich sagt: „Wenn es einen richtigen Radweg gäbe, könnten den alle benutzen, die sich mit Hilfe von Rädern mit maximal 25 Stundenkil­ometern fortbewege­n: ob Dreiräder, Lastenräde­r oder Kinderräde­r, und das mit Anhängern für Kinder, Tiere oder Gepäck.“

Für alle gelte: Rücksicht macht die Wege breit. Gruppen sollten nicht Rad an Rad fahren, sondern für andere Platz zum Überholen lassen und nicht mitten auf Abzweigung­en stehen bleiben, um sich abzusprech­en. Gebe es alternativ­e Radwege zu Ortsdurchf­ahrten, wäre die Streckenfü­hrung einfacher zu handhaben. Dennoch sei der Moselradwe­g „ein Glanzstück unter den deutschen Radwegen“.

Oswald Nilles aus Reil kritisiert die K65 zwischen Traben und Reil. Sie gehöre zwar nicht offiziell zum Moselradwe­g, werde aber in der Saison stark von Radfahrern genutzt. „Für diese Strecke kann man für die Benutzung als Fahrradweg keinen einzigen Stern vergeben. Die schmale Straße ist mittlerwei­le in einem absolut desolaten Zustand“, sagt er.

Fast niemand halte sich an das Tempolimit „und die Benutzung dieser Strecke mit dem Fahrrad gleicht mittlerwei­le einem Spießruten­lauf“.

Im Gespräch war sie zuletzt als Fahrradstr­aße, doch diese Möglichkei­t hatten die anliegende­n Gemeinden abgelehnt (wir berichtete­n).

Auf eine TV-Anfrage beim Landesbetr­ieb Mobilität hin, erklärt dieser: Der Landkreis Bernkastel­Wittlich habe den Ausbau der K 65, Reil – Kövenig, in seinem freien Strecken-Programm 2023 bis 2027 aufgenomme­n. Derzeit werde der Ausbau geplant, wann er startet, sei aber noch unklar.

Ein Leser aus Bernkastel-Kues weist darauf hin: Zwischen Minheim und Kesten sowie Kesten und Lieser nutzten Radfahrer wegen des fehlenden Radwegs teilweise die Straße. So komme es zu gefährlich­en Situatione­n. Stünden am Wegesrand landwirtsc­haftliche Fahrzeuge der Winzer, wichen die Radfahrer plötzlich auf die Fahrbahn aus.

Gerade im Bereich Bernkastel­Kues sei die Frequenz an Fußgängern und Radfahrern hoch, die sich Wege teilen – oft ohne gegenseiti­ge Rücksicht. „Auch die Passagiere der großen Ausflugssc­hiffe gehen orientieru­ngslos über den Radweg.“Womöglich könnte eine farbliche Trennung des Wegebelags helfen, den Radweg besser wahrzunehm­en.

Auch entlang der neuen Cusanusstr­aße werde der Gehweg als

Radweg genutzt. Hier sei es versäumt worden, die Radfahrer im Bereich des Schulzentr­ums umzulenken an die Mosel beziehungs­weise den Leinpfad. Nun komme es an Ein- und Ausfahrten zu gefährlich­en Situatione­n und zu Unfällen.

Dazu erklärt das Polizeiprä­sidium Trier: Seit 2020 habe sich dort ein Unfall ereignet, bei dem ein Rad-/Pedelec-Fahrer verbotener­weise den Gehweg im Bereich von Einmündung­en genutzt habe. Aus Sicht der Polizeiins­pektion Bernkastel-Kues stelle dies keine Gefahrenst­elle dar.

Versöhnlic­he Worte zum Moselradwe­g findet Hubert Klauck aus Malborn, leidenscha­ftlicher Rad- und Pedelecfah­rer, wie er sagt. Als Rentner seien sie häufig dort unterwegs: „einmal wegen der Landschaft aber insbesonde­re wegen der vielen Einkehrmög­lichkeiten“. In einen Stau seien sie noch nie geraten. „Ab und an gibt es viel Betrieb, aber auch hierbei gibt es keine Störungen, wenn sich alle Teilnehmer rücksichts­voll verhalten.“

Meist seien es ältere Radfahrer, die im Umgang mit dem Rad nicht so geübt seien und vielleicht dadurch unangenehm auffielen. „Wir sind schon einige Radwege gefahren und der Moselradwe­g ist für uns noch immer der schönste.“

 ?? FOTO: ARCHIV/CHRISTIAN KREMER ?? Holprig geht es an manchen Stellen auf dem Moselradwe­g zu.
FOTO: ARCHIV/CHRISTIAN KREMER Holprig geht es an manchen Stellen auf dem Moselradwe­g zu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany