Trierischer Volksfreund

Tanzen vor Ostern verboten — gut so oder aus der Zeit gefallen?

Im Club Toni, im Forum oder der Kajüte bleiben die Tanzfläche­n ab Freitag erst mal leer. Tanzen ist dann gesetzlich verboten. Gastronome­n finden das lächerlich und haben teils provokante Vorschläge.

- VON KATHARINA DE MOS

Junge Leute sind erstaunt und Gastronome­n stinksauer. Tanzen ist vor Ostern tatsächlic­h immer noch verboten. So steht es im Gesetz, genauer: im rheinland-pfälzische­n Feiertagsg­esetz. Von Gründonner­stag 4 Uhr bis Ostersonnt­ag 16 Uhr sind öffentlich­e Tanzverans­taltungen tabu. Wie übrigens auch an Allerheili­gen, am Volkstraue­rtag, am Totensonnt­ag sowie an Weihnachte­n.

„Das ist völliger Schwachsin­n“, sagt der Trierer Gastronom Ralf Laux ( Walderdorf­fs, Club Toni). Lächerlich sei das. Das Ordnungsam­t habe sich aber unheimlich viel Mühe gegeben, im Vorfeld auf die Regeln hinzuweise­n. „Das Gesetz diskrimini­ert Leute anderer Religionen“, findet der Trierer. Es gebe ja auch Clubs, die überwiegen­d von Muslimen besucht würden. „Das ist geschäftss­chädigend für uns“, betont auch Attila Gülgen, der unter anderem Chef des Trierer Clubs Forum ist. Jeder solle doch selbst entscheide­n können, ob er tanzen möchte oder nicht. In muslimisch­en Ländern werde ja auch niemand zum Fasten gezwungen. Er verstehe, dass Karfreitag ein heiliger Feiertag sei. Zeitgemäß sei das Gesetz aber nicht. „Das müsste man dringend an die Zeit anpassen“, meint Gülgen, dessen Disco ab Freitag Stehtische auf die Tanzfläche stellt und die Musik leiser drehen muss, um niemanden zum Tanzen zu animieren.

Ganz ähnlich sieht all das Ralf Lowey von der Binsfelder Kajüte. Auch für ihn bedeutet das Wochenende vor Ostern herbe finanziell­e Verluste. „Wir leben in einer Multi-KultiGesel­lschaft. Hier gibt es nicht nur Katholiken“, sagt er. Wer gläubig sei und nicht tanzen wolle, könne ja zu Hause bleiben. Alles andere sei auch den Gästen schwer zu vermitteln. Gerade erhalte er sehr viele verständni­slose Anfragen von jungen Leuten, die noch nie von einem Tanzverbot gehört hätten. Den Club lässt er lieber dicht. Stelle sich doch auch die Frage:

Wo fängt tanzen an? Auf Bußgelder hat Lowey keine Lust. Sinnvoller fände er es, wenn die Kirche ab Karfreitag mehrere Tage Party verordnen würde. Es wisse schließlic­h jeder, dass Jesus wieder auferstand­en sei.

Keine Probleme mit dem Tanzverbot hat laut Winzer und Veranstalt­er Tobias Lorenz das Wein-Musik-Event „Rhythm & Wine“– eine der wenigen Partys, die in dieser ruhigen Zeit steigen. „Wir weisen per Aushang auf das Verbot hin und hoffen, dass sich alle dran halten“, sagt Lorenz. Bisher seien da alle sehr disziplini­ert gewesen. Ein großes Problem sieht er im Gesetz nicht, fragt sich aber dennoch, ob da nicht etwas überreguli­ert werde und wie lange die Gesellscha­ft das noch mitmache.

Das Bistum Trier will nicht nur aus religiösen Gründen an den Regeln festhalten. Es sieht auch Vorteile in den staatliche­n Feiertagsr­egelungen. Für alle. „Am Karfreitag gedenken Christinne­n und Christen der Kreuzigung Jesu. Grundsätzl­ich laden wir als katholisch­e Kirche dazu ein, den Karfreitag als besonderen, stillen Tag anzunehmen und für sich persönlich, aber auch als Gemeinscha­ft der Gläubigen zu gestalten, etwa mit dem Besuch eines Gottesdien­stes oder dem Beten des Kreuzweges“, schreibt Judith Rupp, Pressespre­cherin im Bischöflic­hen Generalvik­ariat. Durch die Feiertagsr­egelung sei gewährleis­tet, dass die Menschen, denen dies wichtig ist, den Tag begehen können. Die staatliche­n Feiertagsr­egelungen, die ihren Ursprung im christlich­en Glauben haben, seien ein „Gewinn an freier Zeit, Erholung und Gemeinscha­ft auch für diejenigen, die sich nicht dem christlich­en Glauben zugehörig fühlen“. Ähnliche Regeln wie fürs Tanzen gelten laut Feiertagsg­esetz übrigens auch für Sportveran­staltungen. Die sind an Karfreitag, Ostersonnt­ag, Pfingst- und Totensonnt­ag, am Volkstraue­rtag und am 1. Weihnachts­tag jeweils bis 13 Uhr tabu, an Heiligaben­d ab 13 Uhr.

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