Tanzen vor Ostern verboten — gut so oder aus der Zeit gefallen?
Im Club Toni, im Forum oder der Kajüte bleiben die Tanzflächen ab Freitag erst mal leer. Tanzen ist dann gesetzlich verboten. Gastronomen finden das lächerlich und haben teils provokante Vorschläge.
Junge Leute sind erstaunt und Gastronomen stinksauer. Tanzen ist vor Ostern tatsächlich immer noch verboten. So steht es im Gesetz, genauer: im rheinland-pfälzischen Feiertagsgesetz. Von Gründonnerstag 4 Uhr bis Ostersonntag 16 Uhr sind öffentliche Tanzveranstaltungen tabu. Wie übrigens auch an Allerheiligen, am Volkstrauertag, am Totensonntag sowie an Weihnachten.
„Das ist völliger Schwachsinn“, sagt der Trierer Gastronom Ralf Laux ( Walderdorffs, Club Toni). Lächerlich sei das. Das Ordnungsamt habe sich aber unheimlich viel Mühe gegeben, im Vorfeld auf die Regeln hinzuweisen. „Das Gesetz diskriminiert Leute anderer Religionen“, findet der Trierer. Es gebe ja auch Clubs, die überwiegend von Muslimen besucht würden. „Das ist geschäftsschädigend für uns“, betont auch Attila Gülgen, der unter anderem Chef des Trierer Clubs Forum ist. Jeder solle doch selbst entscheiden können, ob er tanzen möchte oder nicht. In muslimischen Ländern werde ja auch niemand zum Fasten gezwungen. Er verstehe, dass Karfreitag ein heiliger Feiertag sei. Zeitgemäß sei das Gesetz aber nicht. „Das müsste man dringend an die Zeit anpassen“, meint Gülgen, dessen Disco ab Freitag Stehtische auf die Tanzfläche stellt und die Musik leiser drehen muss, um niemanden zum Tanzen zu animieren.
Ganz ähnlich sieht all das Ralf Lowey von der Binsfelder Kajüte. Auch für ihn bedeutet das Wochenende vor Ostern herbe finanzielle Verluste. „Wir leben in einer Multi-KultiGesellschaft. Hier gibt es nicht nur Katholiken“, sagt er. Wer gläubig sei und nicht tanzen wolle, könne ja zu Hause bleiben. Alles andere sei auch den Gästen schwer zu vermitteln. Gerade erhalte er sehr viele verständnislose Anfragen von jungen Leuten, die noch nie von einem Tanzverbot gehört hätten. Den Club lässt er lieber dicht. Stelle sich doch auch die Frage:
Wo fängt tanzen an? Auf Bußgelder hat Lowey keine Lust. Sinnvoller fände er es, wenn die Kirche ab Karfreitag mehrere Tage Party verordnen würde. Es wisse schließlich jeder, dass Jesus wieder auferstanden sei.
Keine Probleme mit dem Tanzverbot hat laut Winzer und Veranstalter Tobias Lorenz das Wein-Musik-Event „Rhythm & Wine“– eine der wenigen Partys, die in dieser ruhigen Zeit steigen. „Wir weisen per Aushang auf das Verbot hin und hoffen, dass sich alle dran halten“, sagt Lorenz. Bisher seien da alle sehr diszipliniert gewesen. Ein großes Problem sieht er im Gesetz nicht, fragt sich aber dennoch, ob da nicht etwas überreguliert werde und wie lange die Gesellschaft das noch mitmache.
Das Bistum Trier will nicht nur aus religiösen Gründen an den Regeln festhalten. Es sieht auch Vorteile in den staatlichen Feiertagsregelungen. Für alle. „Am Karfreitag gedenken Christinnen und Christen der Kreuzigung Jesu. Grundsätzlich laden wir als katholische Kirche dazu ein, den Karfreitag als besonderen, stillen Tag anzunehmen und für sich persönlich, aber auch als Gemeinschaft der Gläubigen zu gestalten, etwa mit dem Besuch eines Gottesdienstes oder dem Beten des Kreuzweges“, schreibt Judith Rupp, Pressesprecherin im Bischöflichen Generalvikariat. Durch die Feiertagsregelung sei gewährleistet, dass die Menschen, denen dies wichtig ist, den Tag begehen können. Die staatlichen Feiertagsregelungen, die ihren Ursprung im christlichen Glauben haben, seien ein „Gewinn an freier Zeit, Erholung und Gemeinschaft auch für diejenigen, die sich nicht dem christlichen Glauben zugehörig fühlen“. Ähnliche Regeln wie fürs Tanzen gelten laut Feiertagsgesetz übrigens auch für Sportveranstaltungen. Die sind an Karfreitag, Ostersonntag, Pfingst- und Totensonntag, am Volkstrauertag und am 1. Weihnachtstag jeweils bis 13 Uhr tabu, an Heiligabend ab 13 Uhr.