Wie lange drehen wir noch an der Uhr?
Ostern werden die Kinder beim Eiersuchen müde aus der Wäsche schauen: Ihnen fehlt eine Stunde Schlaf, weil die Uhren zuvor wieder umgestellt werden. Dabei sollte das Geschichte sein. Wer hier blockiert und warum es nun einen neuen Anlauf zur Abschaffung gibt: EU-Parlament und Kommission wollten spätestens 2021 den letzten Wechsel und dann für immer nur noch Winter- oder Sommerzeit. Doch die Mitgliedstaaten können sich weder auf das eine noch auf das andere verständigen. Das hängt mit der Geografie und dem Stand der Erde zur Sonne zusammen. Gäbe es nur noch Winterzeit, ginge in Polen im Juni um drei Uhr die Sonne auf. Gäbe es nur noch Sommerzeit, wäre in Portugal im Dezember erst um zehn Uhr Sonnenaufgang. Viele Länder außerhalb Europas muten ihren Menschen den Wechsel längst nicht mehr zu. Von China bis Argentinien, von Japan bis Brasilien, von von der Türkei bis Indien ist der halbjährliche Wechsel längst Geschichte. Als die EU-Kommission 2018 eine Umfrage startete, beteiligten sich 4,5 Millionen Menschen. Zumindest bei den Teilnehmenden war die Abschaffung ein dringender Wunsch: Europaweit wollten 84 Prozent das Ende der Zeitumstellung, 84 Prozent waren es auch in Deutschland. Daraufhin kündigte die Juncker-Kommission an, umgehend einen Gesetzesvorschlag zur Abschaffung vorzulegen.
Das EU-Parlament reagierte schnell. Noch vor den letzten Europawahlen stimmte das Hohe Haus dem Vorschlag mit deutlicher Mehrheit zu.
Künftige Sommerzeitländer sollten letztmalig Ende März 2021 umstellen, künftige Winterzeitländer letztmalig im Oktober 2021. Auswirkungen auf den Binnenmarkt sollten dabei vermieden werden. Doch genau dafür war 1996 die gemeinsame EU-Zeit eingeführt worden. Als Lösung hätte sich lediglich angeboten, auch die EU in verschiedene Zeitzonen zu unterteilen, wie das andere große Staatengebilde wie China oder die USA auch haben. Das war für die EU-Gesetzgeber jedoch keine Option.
Nun macht die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses des Europaparlamentes, die deutsche GrünenAbgeordnete Anna Cavazzini, einen neuen Anlauf. Die Zeit zwischen Europawahl und neuem Arbeitsprogramm der Kommission ließe hierfür diesen Sommer ausreichend Raum.