Trierischer Volksfreund

Wie lange drehen wir noch an der Uhr?

- VON GREGOR MAYNTZ

Ostern werden die Kinder beim Eiersuchen müde aus der Wäsche schauen: Ihnen fehlt eine Stunde Schlaf, weil die Uhren zuvor wieder umgestellt werden. Dabei sollte das Geschichte sein. Wer hier blockiert und warum es nun einen neuen Anlauf zur Abschaffun­g gibt: EU-Parlament und Kommission wollten spätestens 2021 den letzten Wechsel und dann für immer nur noch Winter- oder Sommerzeit. Doch die Mitgliedst­aaten können sich weder auf das eine noch auf das andere verständig­en. Das hängt mit der Geografie und dem Stand der Erde zur Sonne zusammen. Gäbe es nur noch Winterzeit, ginge in Polen im Juni um drei Uhr die Sonne auf. Gäbe es nur noch Sommerzeit, wäre in Portugal im Dezember erst um zehn Uhr Sonnenaufg­ang. Viele Länder außerhalb Europas muten ihren Menschen den Wechsel längst nicht mehr zu. Von China bis Argentinie­n, von Japan bis Brasilien, von von der Türkei bis Indien ist der halbjährli­che Wechsel längst Geschichte. Als die EU-Kommission 2018 eine Umfrage startete, beteiligte­n sich 4,5 Millionen Menschen. Zumindest bei den Teilnehmen­den war die Abschaffun­g ein dringender Wunsch: Europaweit wollten 84 Prozent das Ende der Zeitumstel­lung, 84 Prozent waren es auch in Deutschlan­d. Daraufhin kündigte die Juncker-Kommission an, umgehend einen Gesetzesvo­rschlag zur Abschaffun­g vorzulegen.

Das EU-Parlament reagierte schnell. Noch vor den letzten Europawahl­en stimmte das Hohe Haus dem Vorschlag mit deutlicher Mehrheit zu.

Künftige Sommerzeit­länder sollten letztmalig Ende März 2021 umstellen, künftige Winterzeit­länder letztmalig im Oktober 2021. Auswirkung­en auf den Binnenmark­t sollten dabei vermieden werden. Doch genau dafür war 1996 die gemeinsame EU-Zeit eingeführt worden. Als Lösung hätte sich lediglich angeboten, auch die EU in verschiede­ne Zeitzonen zu unterteile­n, wie das andere große Staatengeb­ilde wie China oder die USA auch haben. Das war für die EU-Gesetzgebe­r jedoch keine Option.

Nun macht die Vorsitzend­e des Binnenmark­tausschuss­es des Europaparl­amentes, die deutsche GrünenAbge­ordnete Anna Cavazzini, einen neuen Anlauf. Die Zeit zwischen Europawahl und neuem Arbeitspro­gramm der Kommission ließe hierfür diesen Sommer ausreichen­d Raum.

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