Trierischer Volksfreund

Aussaat, Fruchtfolg­e und Nachbarn: Zu viel planen ist ungesund

In ihrer Kolumne „ Ach du meine Gurke!“berichtet Katharina de Mos über ihre Erfahrunge­n im Selbstvers­orgergarte­n. Heute: mein tolles Gowith-the-Flow-System.

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Es gibt Leute, die können total gut planen und finden das sogar noch eine erfreulich­e Tätigkeit. Ich kann zwar auch planen. Wenn ich muss. Man muss ja manchmal als Reporterin, für die energetisc­he Haussanier­ung, den Aldi-Einkauf und so. Aber glücklich macht mich die Planerei (außer bei der Urlaubsvor­bereitung) nicht. So bin ich sehr dankbar, dass Gärtnern vom Grunde her eine Beschäftig­ung ist, bei der man machen kann, was man will. Wenn die Natur dann noch mitspielt, gibt`s sogar Gemüse. Ich gärtnere nun also glücklich mit einem Prinzip, das ich: „Go with the Flow“nenne. Ich lass mich also einfach mühelos mit der vorhandene­n Strömung treiben. Denn eigentlich kann man beim Gärtnern ja sowieso planen, was man will, und dann kommt doch alles anders. Weil es zu kalt ist. Oder zu heiß. Weil es unerwartet regnet. Oder weil mein Mann schon was ganz anderes im Kopf hatte. Gow with the Flow heißt zum Beispiel: Ich mache mir keine komplizier­ten Aussaatplä­ne. Anfangs hatte ich mir noch winterlang mein Köpfchen zerbrochen, wen ich mit wem in welches Beet stecken kann, ob die sich als Nachbarn

vertragen, ob das Stark- oder Schwachzeh­rer sind und wie ich es zur Vermeidung fieser Krankheite­n schaffe, sechs Jahre lang nicht im gleichen Beet Kohlpflanz­en anzubauen. Oder Nachtschat­tengewächs­e wie Tomaten. Oder Leguminose­n wie Erbsen und Bohnen. Jahrelang!? Wie soll das gehen? Inzwischen habe ich meinen Frieden damit geschlosse­n, dass ich das nie schaffe. Nie! Dafür habe ich viel zu wenig Platz und viel zu viel Kohl und Tomaten

und Bohnen und Erbsen und überhaupt kann (und will) ich nicht so gehirnschm­alzintensi­v planen. Das Gehirnschm­alz muss ja schon an anderer Stelle fließen. Dann bitte nicht auch noch im Garten! Also schaue ich mir einfach bei nem Bier im Frühjahr sehr intensiv meine Beete an und frage mich: Wo war der Kohl voriges Jahr? Das fällt mir meistens ein, da er ja noch da steht und auffällig zu blühen beginnt, was die Bienen sehr schätzen und ich auch. Und da wir Kohl und Tomaten als Dream-Team entdeckt haben, weiß ich dann auch schon, wo meine süßen Favoriten standen. Dann frage ich mich: Wo waren die Milpa-Beete mit Kürbissen (oder Gurken), Mais und Bohnen? Bei der

Frage hilft mir meist mein Liebster.

Und dann beschließe ich einfach, keinen Kohl zu pflanzen, wo im letzten Jahr Kohl war und kein Milpa-Beet anzulegen, wo zuletzt eins war. Und der Rest ist mir fast egal, weil ich überzeugt bin, dass das ganze Ding mit der Fruchtfolg­e zwar sinnvoll ist, wenn man nen großen Acker hat. Aber in unserem Gemüsegart­en wachsen ja eh zwei bis drei Kulturen pro Saison auf einem Stückchen Erde und zwischendu­rch kommt immer wieder bester frischer Kompost drauf, während der große naturnahe Garten drumherum voller Leben summt und brummt, das Schädlinge bisher (toi, toi, toi) in Schach hält. Wie viel Kompost und Hornspäne das Beet braucht, entscheide ich dann beim Blick zurück (was hat da von was gezehrt?) und beim Blick nach vorne (wie viel Appetit haben die neuen Pflänzchen?). Das Wissen, wer zu wem gut ins Beet passt, muss ich mir sowieso jedes Mal neu ergoogeln. Möhren mögen Zwiebeln. Und umgekehrt. Mehr kann ich mir nicht merken. Ob der Fenchel zur Pastinake passt? Das finde ich heraus, sobald ich weiß, was ich an einem Tag alles säen will. Go with the Flow. Das Prinzip wende ich übrigens auch auf meine tolle neue Samenkiste an und bin total stolz, wie schlau ich das mit den Aussaatter­minen jetzt neuerdings geregelt habe. Aber wenn ich noch mehr in die Kolumne hier reinschrei­be, lästern die Kollegen wieder, ich wäre ein Zeilensche­ißerchen. Und das muss ja nichts sein. Viel Spaß beim Gärtnern!

In der Kolumne „Ach du meine Gurke!“berichtet Katharina de Mos über ihre Erfahrunge­n mit Krumpern, Kompost oder Kürbissen. Wer nachlesen will, findet sämtliche Kolumnen unter www.volksfreun­d. de/sauwerlebe­n. Anmerkunge­n, Tipps oder Themen einfach mailen an k.demos@volksfreun­d.de

 ?? KATHARINA DE MOS ?? Und jedes Jahr wieder die Frage: Welches Gemüse kommt in welches Beet?
KATHARINA DE MOS Und jedes Jahr wieder die Frage: Welches Gemüse kommt in welches Beet?
 ?? FOTO: BRAM DE MOS ?? Katharina de Mos.
FOTO: BRAM DE MOS Katharina de Mos.

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