Trierischer Volksfreund

Aus der Traum

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So muss das Gefühl der ersten Jüngerinne­n und Jünger wohl gewesen sein in den letzten Stunden mit ihrem Hoffnungst­räger Jesus. Alles haben sie auf diese eine Karte Jesus von Nazareth gesetzt; haben „Haus und Hof“verlassen. Mit dem Tod Jesu steht nun alles auf dem Spiel. Die Mächtigen scheinen Oberhand zu behalten. Kaum nachzuvoll­ziehen, wie groß die Enttäuschu­ng und die Trauer gewesen sein müssen – vielleicht auch die Wut. Die Wut darüber, dass sich Jesus so ohne Widerstand hat festnehmen lassen; darüber, selber nicht genug Widerstand geleistet zu haben, um ihn zu retten. Eine Erfahrung, die Menschen bis in unsere Gegenwart hinein immer wieder machen müssen. Hoffnungst­rägerinnen und -träger der Freiheit und Gerechtigk­eit werden mundtot gemacht, unterdrück­t, getötet; Menschen erleben immer wieder den traumatisi­erenden Wechsel vom hoffnungsv­ollen „I have a dream“zum enttäusche­nden „Aus der Traum!“

Erst nach der Erfahrung der Auferstehu­ng Jesu wird den Jüngerinne­n und Jüngern deutlich, dass ihre Hoffnung den Tod überlebt hat. Seitdem ist die Hoffnung auf eine bessere Welt nicht mehr aus der Welt zu „kriegen“. Trotz aller Enttäuschu­ngen: Es gibt immer wieder Menschen, die sich in den Dienst dieser Hoffnung auf Freiheit, Frieden und Gerechtigk­eit stellen. Es ist diese Hoffnung, die den Menschen auf(er)stehen und überleben lässt, eine Hoffnung, die uns kein Herrscher und keine Herrscheri­n dieser Welt jemals wieder wird nehmen können. Wir sind berufen, Trägerinne­n und Träger dieser Hoffnung zu sein – miteinande­r und füreinande­r.

Markus Leineweber Diplom-Theologe, Trier

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FOTO: PRIVAT Markus Leineweber.

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