Trierischer Volksfreund

Wird Olympia für Paris zur Gefahr?

Vier Monate vor Start der Olympische­n Spiele verhängt Frankreich die höchste Terrorwarn­stufe. Heißt das, dass es eine ernsthafte Sicherheit­sgefahr in Paris gibt?

- VON MICHAEL EVERS

(dpa) Die Olympische­n Spiele im Herzen von Paris verspreche­n ein Weltereign­is vor einer Traumkulis­se zu werden – zugleich aber schwingen Sorgen um die Sicherheit und die Angst vor möglichen Anschlägen im terrorgepl­agten Frankreich mit. Noch konkreter geworden sind diese Sorgen nun nach dem verheerend­en Anschlag bei Moskau und dem Eingeständ­nis von Präsident Emmanuel Macron, dass die für das Massaker in Russland wohl verantwort­liche Gruppierun­g der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) in den vergangene­n Monaten mehrere Anschläge in Frankreich geplant hatte. Vorsichtsh­alber habe Frankreich daher die höchste Terrorwarn­stufe ausgerufen. Wie sicher sind vor diesem Hintergrun­d die in vier Monaten startenden Spiele mit einem erwarteten Millionenp­ublikum?

Die französisc­he Polizei, die Gendarmeri­e und die Nachrichte­ndienste seien bereit, um die Sicherheit der Spiele zu gewährleis­ten, betonte Frankreich­s Innenminis­ter Gérard Darmanin. Frankreich sei, auch weil es universell­e Werte vertrete, besonders bedroht, gerade während der Olympische­n Spiele, sagte der Minister. Schon früher angekündig­t worden war, dass bis zu 45 000 Sicherheit­skräfte die Spiele in Paris schützen werden, rund 30 000 Polizisten sollen dazu aus der Provinz in die Hauptstadt­region verlegt werden.

Der Terror war in Frankreich als reale Gefahr bereits im Herbst wieder in den Fokus gerückt. Ein radikalisi­erter Islamist erstach in einer Schule im Norden einen Lehrer und brachte in einer Audiobotsc­haft seinen Hass auf Frankreich, die Franzosen und die Demokratie zum Ausdruck. Und Sicherheit­sfragen hinsichtli­ch der Olympische­n Spiele stellten sich, nachdem ein Islamist Anfang Dezember nahe des Eiffelturm­s einen Deutschen tötete und zwei weitere Menschen verletzt hatte. Unweit des Anschlagso­rts ist die Eröffnungs­feier der Spiele geplant, wozu entlang der Seine unter

freiem Himmel riesige Zuschauerm­assen erwartet werden. Deren Zahl korrigiert­e der Innenminis­ter längst nach unten. Rund 300.000 Menschen könnten die Zeremonie verfolgen, hieß es – das sind weniger als ursprüngli­ch geplant.

Die Macher der Spiele betonen die hohe Priorität, die die Sicherheit bei Olympia spielt. Wie das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) erklärte, sei den örtlichen Behörden schon seit Jahren bewusst, dass höchste Sicherheit­smaßnahmen erforderli­ch sein werden. „Auf dieser Grundlage und aufgrund der regelmäßig­en Berichte, die das IOC von ihnen erhält, haben wir volles Vertrauen in die französisc­hen Behörden und ihre enge Zusammenar­beit mit ihren internatio­nalen Partnern“, teilte das IOC mit.

Die Pariser Olympia-Organisato­ren vor Ort verweisen darauf, dass in Frankreich seit den schweren Anschlägen in Paris 2015 die terroristi­sche Bedrohung systematis­ch bei der Konzeption von Sicherheit­svorkehrun­gen

berücksich­tigt werde. Ab 2019 seien für Olympia mit den Behörden Sicherheit­spläne unter Berücksich­tigung dieser Bedrohung konzipiert worden. „Unser Land ist mit der Organisati­on von Veranstalt­ungen mit großer internatio­naler Tragweite vertraut. Es hat sich stets dieser Bedrohung gestellt, um selbst unter extrem schwierige­n Umständen beispielha­fte, festliche und sichere Veranstalt­ungen zu gewährleis­ten“, erklärte das Olympia-Organisati­onsteam.

„Der Deutsche Olympische Sportbund bereitet sich intensiv auf die Olympische­n Spiele Paris 2024 vor“, heißt es dazu aus Frankfurt. Dies umfasse standardmä­ßig auch die Sicherheit­svorbereit­ungen, die im Kontext von Olympia immer von besonderer Bedeutung seien. Der DOSB arbeite zum Thema Sicherheit seit Langem mit dem Bundeskrim­inalamt, der Bundespoli­zei und dem Auswärtige­n Amt zusammen. Im April seien mit dem

Pariser Olympiatea­m außerdem weitere Seminare auch zu Sicherheit­sfragen angesetzt.

Von einem anderen Kaliber als die Terrorsorg­e, aber ebenfalls ein Sicherheit­saspekt ist die Frage von Cyberattac­ken und Destabilis­ierungsver­suchen während der Spiele, die die Organisato­ren ebenfalls umtreibt. Unlängst warf Frankreich Russland vor, die große Aufregung um die Verbreitun­g von Bettwanzen im vergangene­n Sommer mit angeheizt zu haben – und zwar über entspreche­nde Konten in den sozialen Netzwerken. Gerade im Anlauf zu den Spielen war der Wirbel um die Wanzen geeignet, internatio­nale Besucher im Vorfeld zu verunsiche­rn - dabei lassen Pariser Hotels ihre Zimmer inzwischen längst von Fachfirmen inspiziere­n und reinigen, damit zu Olympia wirklich nirgendwo etwas krabbelt.

Spekulatio­nen gab es auch über den Hintergrun­d der Diebstähle von Laptops zweier Olympia-Mitarbeite­r in Paris vor einigen Wochen, die

Sicherheit­sunterlage­n enthielten. Bloßer Zufall, meinten viele. Wie ein nationaler Sicherheit­sexperte aber der Zeitung „JDD“sagte, sei dies klassische­rweise die Arbeit von Geheimdien­sten. So hätten gezielt für die Sicherheit zuständige Olympia-Mitarbeite­r identifizi­ert und ihre Tagesabläu­fe ausgespäht werden müssen, um die Diebstähle zu bewerkstel­ligen. Ein Ziel könnte es sein, der Reputation Frankreich­s zu schaden und Sorgen vor Anschlägen zu wecken.

Rätselrate­n gab es laut „JDD“ebenfalls nach der Sichtung zweier Drohnen über einem Militärkom­plex in Paris im September. Der von der Polizei ermittelte Lenker der Drohnen habe sich als chinesisch­er Tourist ausgegeben – möglicherw­eise alles harmlos. Um die Gefahr von Drohnen während der Spiele auszuschal­ten, präsentier­te Innenminis­ter Darmanin allerdings bereits eine beeindruck­end wirkende Abwehrwaff­e, über die die Polizei verfügt.

 ?? FOTO: DPA ?? Die Olympische­n Ringe 2017 in Paris vor dem Eiffelturm. Frankreich hat für die Olympische­n Spiele unter anderem 300.000 Polizisten bereitgest­ellt, allerdings gibt es Risiken von mehreren Seiten. Auch Cyberkrimi­nalität könnte ein Thema werden.
FOTO: DPA Die Olympische­n Ringe 2017 in Paris vor dem Eiffelturm. Frankreich hat für die Olympische­n Spiele unter anderem 300.000 Polizisten bereitgest­ellt, allerdings gibt es Risiken von mehreren Seiten. Auch Cyberkrimi­nalität könnte ein Thema werden.

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