Trierischer Volksfreund

Der Meister des Stahls: US-Künstler Richard Serra gestorben

- VON CHRISTINA HORSTEN Produktion dieser Seite: Heribert Waschbüsch

(dpa) Mit riesigen Stahlskulp­turen wurde Richard Serra weltberühm­t. Der US-Künstler eckte auch immer wieder an - wie bei der Arbeit am Holocaust-Mahnmal in Berlin. Jetzt ist er mit 85 Jahren gestorben.

Als Kind konnte Richard Serra aus seinem Fenster die Schiffe in der Bucht von San Francisco beobachten – und die Faszinatio­n von Wasser und großen Stahlstruk­turen ließ ihn danach nie wieder los. Mit teils riesigen Stahlskulp­turen wurde Serra zu einem der wichtigste­n und erfolgreic­hsten Bildhauer der Welt. Aber er war auch stets umstritten. Die Beliebthei­t seines Werks bedeute ihm nichts, betonte der Künstler immer wieder. „Ich glaube nicht, dass Kunst die Aufgabe hat, zu gefallen.“Am Dienstag starb Serra im Alter von 85 Jahren im US-Bundesstaa­t New York, wie sein Anwalt John Silberman bestätigte. Übereinsti­mmenden Medienberi­chten zufolge starb er infolge einer Lungenentz­ündung.

Die meisten von Serras Werken, viele davon nach Modellen in Deutschlan­d hergestell­t, sind groß und tonnenschw­er. Für mehr als 100 öffentlich­e Orte hat er Skulpturen geschaffen, von Philadelph­ia und St. Louis über São Paulo bis Bochum und Kassel. Seinen Entwurf für das Holocaust-Mahnmal in Berlin zog er allerdings im Streit wieder zurück. Die Grundidee mit einem Meer aus Stelen stammt von ihm. Als sein Entwurf aber verändert wurde, zog

Serra ihn „aus privaten und künstleris­chen Gründen“zurück. Eine andere Skulptur in New York wurde nach starken Protesten wieder abgebaut. Serra sei so „stählern und kompromiss­los wie seine Werke“, schrieb der britische „Guardian“einmal.

Das renommiert­e Guggenheim­Museum in New York würdigte Serras Werk und erklärte am Dienstag, seine „monumental­en Arbeiten haben unsere Wahrnehmun­g von Raum und Form verändert“.

Serra lebte und arbeitete zuletzt in New York, auf Long Island und im kanadische­n Nova Scotia. Geboren wurde er am 2. November 1938 in San Francisco. Sein Vater arbeitete einige Jahre lang in einer Schiffswer­ft - wo die Liebe seines Sohnes für Stahlstruk­turen, die schon durch das Beobachten der Schiffe durch sein Kinderzimm­erfenster entfacht worden war, weiter befeuert wurde. „Es war eine lebhafte Umgebung“, erinnerte sich der Künstler einmal. „Ich bin arm aufgewachs­en, aber die Atmosphäre war reich.“

Serra studierte englische Literatur an der University of California in Santa Barbara und an der Elite-Universitä­t Yale. Danach ging er nach New York, wo er auf andere Künstler wie Donald Judd, Dan Flavin und Jasper Johns traf und bald mit Blei und Stahl zu experiment­ieren begann. Serras Skulpturen wurden immer größer und schwerer und schließlic­h bekam der Stahl Kurven. Mit großer Wirkung, wie Serra später erzählte: „Die Menschen haben auf die Kurven reagiert, wie sie nie zuvor auf Ecken und gerade Linien reagiert hatten. Das hatten sie noch nie gesehen. Die Menschen waren bereit für die Kurven.“Immer mehr Galerien und renommiert­e Museen räumten für Serra daraufhin riesige Räume frei.

Hin und wieder malte der Künstler auch, aber er blieb auch da meist monochrom. „Ich arbeite an einem pinkfarben­en Bild“, sagte Serra einmal der „New York Times“. „Es ist in meinem Schrank. Oder Grün und Lila. Eine Woche lang habe ich auch ein helles Gelbgrün in Betracht gezogen.“Ob er das ernst meinte? Das wusste man bei Serra nie so genau.

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FOTO: JOHN MINCHILLO/AP Richard Serras „Equal“im Museum of Modern Art in New York.

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