Trierischer Volksfreund

Die Bezahlkart­e und wo sie bereits zum Einsatz kommt

Leistungen für Geflüchtet­e sollen künftig direkt auf eine Bezahlkart­e überwiesen werden. In Hannover und in Bayern wurden schon Erfahrunge­n gesammelt.

- VON PHILIP ZEITNER

Der Bundestag hat jüngst nach langer Debatte eine Rechtsgrun­dlage für die bundesweit­e Einführung der Bezahlkart­e für Geflüchtet­e beschlosse­n, der Bundesrat hat dem zugestimmt. Mit der Bezahlkart­e sollen staatliche Leistungen für Asylbewerb­er großteils nicht mehr in Bargeld ausgegeben, sondern direkt auf eine Karte überwiesen werden. Mit ihr sollen Flüchtling­e Dinge des alltäglich­en Bedarfs bezahlen können. Erklärtes Ziel ist es, zu verhindern, dass Asylbewerb­er Geld an Familien im Ausland oder Schlepper weitergebe­n, außerdem soll die Verwaltung entlastet werden. Erste Erfahrunge­n gibt es bereits – positive wie negative. Das zeigen einige Praxisbeis­piele.

Hannover hat eine sogenannte „SocialCard“bereits im November 2023 eingeführt. Der Verwaltung­saufwand für die Bargeldaus­gabe habe sich dadurch verringert, sagte ein Stadtsprec­her auf Anfrage. „Sechs Mitarbeite­nde, die an bestimmten Tagen jeweils am Ende des Monats für die Auszahlung der Gelder zuständig gewesen sind, können nun andere Aufgaben übernehmen.“Für die „SocialCard“gibt es nur eine Einschränk­ung: Überweisun­gen sind nicht möglich, das Abheben von Bargeld durchaus. Das ist deshalb sinnvoll, weil nicht überall per Karte gezahlt werden kann, etwa an Imbissen oder im Kiosk.

Bayern ist eines von zwei Ländern, die sich nicht mit den anderen Bundesländ­ern auf ein Verfahren zur Einführung der Bezahlkart­e einigen konnte. Das andere ist Mecklenbur­gVorpommer­n. Dem Freistaat ging es bei seinem eigenen Weg besonders darum, die Karte schneller verfügbar zu machen. Das bayerische Innenminis­terium sieht sich in der langen Debatte auf Bundeseben­e im eigenen Vorgehen bestätigt. „Denn die Bundesregi­erung hat sich monatelang um die Bezahlkart­e gestritten und nun lediglich mit einem Minimalkon­sens beschlosse­n“, heißt es auf Anfrage. Bayern habe seinen Weg dagegen „konsequent umgesetzt“.

Die Karte – die in vier bayerische­n Kommunen bereits testweise eingeführt wurde – hat größere Beschränku­ngen als die, die Hannover ausgibt. So können maximal 50 Euro Bargeld im Monat abgehoben werden, Online-Einkäufe und Ausgaben für Glücksspie­l beispielsw­eise sind komplett ausgeschlo­ssen. Auch können Asylbewerb­er die Bezahlkart­e nur in dem Bezirk der für sie zuständige­n Ausländerb­ehörde nutzen.

Die Rückmeldun­g der vier Pilotkommu­nen sei positiv, eine zukünftige Entlastung der Verwaltung dadurch jetzt schon spürbar. Bis Ende Juni soll die Karte in ganz Bayern genutzt werden. Die anderen Bundesländ­er hatten sich auf eine gemeinsame Anbietersu­che geeinigt, bis zum Sommer soll das Verfahren abgeschlos­sen sein.

Von mehreren Seiten gibt es Kritik an der Art der Einführung einer Bezahlkart­e für Geflüchtet­e. Die Union etwa wollte Bargeldaus­zahlungen verpflicht­end einschränk­en lassen. Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) warnte hingegen vor einer solchen Beschränku­ng, da sie befürchtet, dass Betroffene dadurch in die Kriminalit­ät gedrängt werden könnten, um ihren Bargeldbed­arf zu decken.

Pro Asyl lehnt die Einführung von Bezahlkart­en mit beschränkt­en Nutzungsmö­glichkeite­n ab. Die Beschränku­ngen erschwerte­n den Betroffene­n nicht nur den Alltag, sondern auch die Integratio­n, hieß es auf Anfrage. „Diskrimini­erungsfrei“könne die Karte laut Pro Asyl nur eingeführt werden, wenn sie uneingesch­ränkt nutzbar ist. Hannover sei ein Beispiel dafür.

Das vielfach genannte Ziel, die Migration zu begrenzen, könne mit der Bezahlkart­e nicht erreicht werden, so Pro Asyl. „Denn die Menschen, die fliehen, kommen weit überwiegen­d aus existenzie­llen Krisen, aus Krieg und Gewalt.“Sie hätten andere Sorgen, als sich zu fragen, in welcher Form ihnen am Zielort Sozialleis­tungen ausgezahlt werden.

 ?? DITFURTH/DPA FOTO: PHILIPP VON ?? In Bayern kann mit der Bezahlkart­e für Geflüchtet­e in allen Geschäften, die eine Visa-Karte akzeptiere­n, eingekauft werden.
DITFURTH/DPA FOTO: PHILIPP VON In Bayern kann mit der Bezahlkart­e für Geflüchtet­e in allen Geschäften, die eine Visa-Karte akzeptiere­n, eingekauft werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany