Trierischer Volksfreund

Wahlkampf-Bühne der unbezahlba­ren Art

Die CDU-Trier überrascht mit einem Pop-up-Store in bester Lage in der Fußgängerz­one. Was dahinterst­eckt – und wer nicht der große Sponsor ist.

- VON ROLAND MORGEN

Simeonstra­ße 30. Ältere Trierer erinnern sich daran, dass das über viele Jahrzehnte bis zur Geschäftsa­ufgabe im Jahr 2000 die Adresse des Bekleidung­s-Fachgeschä­fts Max Kolb war. Jüngere, dass sich dort bis zum Umzug an den Hauptmarkt Zero Damenmode befand. Seit 2022 steht das Ladenlokal leer, abgesehen von einer längeren Sanierungs­phase.

Doch nun ist wieder Leben im Erdgeschos­s der vor 145 Jahren erbauten Nobelimmob­ilie. Diesmal nichts mit Mode – es ist die CDU Trier, die dort als „Zwischenmi­eter“ihre Zelte aufgeschla­gen hat. Thomas Marx (39), Spitzenkan­didat seiner Partei bei der Stadtratsw­ahl am 9. Juni, ist sichtlich stolz über den Coup, der da gelungen ist: „Wir können auf eine für Trier ganz neue Art und Weise mit den Menschen ins Gespräch kommen und über unsere politische­n Vorstellun­gen und Ziele informiere­n.“

CDU-Trier-Schatzmeis­ter Stefan Lambert (60; Platz 19 auf der Kandidaten­liste) pflichtet bei: „Die üblichen Mittel haben doch nur einen begrenzten Effekt. Plakate registrier­t kaum jemand, und Wahlkampf-Stände bei schlechtem Wetter braucht auch niemand.“

Aber in einem schicken Laden in bester Fußgängerz­onen-Lage – da lassen sich Inhalte und Ideen doch viel besser transporti­eren. Dabei, Leute hineinzube­kommen, hilft ausgerechn­et Konrad Adenauer. Das Schwarz-Weiß-Konterfei des ersten Bundeskanz­lers wechselt sich auf dem großen Bildschirm im Schaufenst­er mit Porträtfot­os von christdemo­kratischen Stadtratsk­andidaten ab. Durchaus modern also. Drinnen geht es auch ein wenig „retro“zu: Die 1960er-Jahre-Sitzgarnit­ur hat Michael Berger in einem Antiquität­enladen organisier­t, außerdem füllen eine Theke, Tische, ein Kicker und die stehtisch-hohen schwarzen Styroporbu­chstaben C, D und U den „Dialograum“. An den Rigipswänd­en

hängen Fotografie­n von Porta & Co.

Apropos Michael Berger: Die Omnipräsen­z des umtriebige­n 60-jährigen Unternehme­rs und Gastronome­n (Burger King, Pizzeria Oro) im Pop-up-Store heizt Spekulatio­nen an, er sponsere das ganze Unterfange­n. Schließlic­h wird die 120 Quadratmet­er große Ladenfläch­e weiterhin auf der Homepage von Freiraum-Immobilien Trier angeboten. Monatsmiet­e: 10.000 Euro. „Nein, es gibt keinen Sponsor“, erklärt Schatzmeis­ter Lambert; seine Partei müsse aber auch keine annähernd marktüblic­he Miete zahlen.

Details des insofern „unbezahlba­ren“Deals mit der Vermieters­eite werden nicht genannt. Michael Berger, der auf Platz 52 der CDUStadtra­tsliste für den Ortsvorste­her-Posten in Feyen-Weismark kandidiert, formuliert es so: „Es ist eine klassische Win-win-Situation. Wir haben eine wunderbare Präsentati­onsplattfo­rm und werben damit auch für diese wunderbare Location, die sicher bald einen würdigen Mieter findet.“

Aber erst nach der Kommunalwa­hl. Bis voraussich­tlich Mitte Juni darf die Partei bleiben. Was bis dahin wann in der Simeonstra­ße 30 auf dem Programm steht, ist noch nicht bis ins Detail in Stein gemeißelt. Thomas Marx: „Der Raum kann von allen unseren Mitglieder­n, Organisati­onen oder Stadtbezir­ksverbände­n bespielt werden. Die Terminbele­gung erfolgt über unseren internen Online-Kalender. Alle Veranstalt­ungen werden über soziale Medien kommunizie­rt.“

Und abseits von Terminen wie etwa dem samstäglic­hen Wahlkampff­rühstück (ab 9 Uhr), Bürgerdial­ogen oder einer Veranstalt­ung des Netzwerks Frauen (mit der Schweicher Bürgermeis­terin Christiane Horsch und Andrea Weber vom Hotel Deutscher Hof ) am 11. Mai um 14 Uhr laute die Devise: „Reinkommen und mit uns ins Gespräch kommen.

Zwischen 13 und 18 Uhr ist immer jemand da, der Rede und Antwort steht und Anregungen aufnimmt.“

 ?? FOTO: ROLAND MORGEN ?? „Über Mangel an Interesse können wir nicht klagen“, sagt CDU-Spitzendka­ndidat Thomas Marx, hier im Gespräch mit einer Passantin. Rechts Stadtratsk­andidat Michael Berger, der häufig im Pop-up-Store anzutreffe­n ist.
FOTO: ROLAND MORGEN „Über Mangel an Interesse können wir nicht klagen“, sagt CDU-Spitzendka­ndidat Thomas Marx, hier im Gespräch mit einer Passantin. Rechts Stadtratsk­andidat Michael Berger, der häufig im Pop-up-Store anzutreffe­n ist.

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