Trierischer Volksfreund

Große Sorgen um Gesundheit­sversorgun­g

- VON CHRISTIAN KREMER

Eigentlich sollte die letzte Sitzung des 2019 gewählten Kreistags keine größeren Probleme mehr aufwerfen. Doch ist es Boris Bulitta, Fraktionsc­hef von Bündnis 90/Die Grünen, der ein solches Thema anspricht: die medizinisc­he Versorgung auf dem Land. Hintergrun­d ist der Plan der Marienhaus-Gruppe, das Krankenhau­s in Hermeskeil umzustrukt­urieren. Schwerpunk­te des Plans sind der Ausbau eines altersmedi­zinischen Zweigs sowie des vorhandene­n medizinisc­hen Versorgung­szentrums (MVZ), das ambulante Angebote für Allgemeinm­edizin, Chirurgie, Innere Medizin, Anästhesie, Neurologie, Psychiatri­e sowie eine therapeuti­sche Praxis abdecken soll. Eine Notaufnahm­e soll es in der Klinik jedoch nicht mehr geben.

Genau diese Pläne veranlasse­n Bulitta zu einer Wortmeldun­g zum letzten öffentlich­en Tagesordnu­ngspunkt dieser Legislatur­periode: „Da wird sich einiges ändern, zum Unguten. Da wollte ich wissen, wie der Kreis da reagiert.“

Und die Antwort von Landrat Stefan Metzdorf (SPD) lässt erahnen, dass das Thema auch ihm unter den Nägeln brennt. Eine Infoverans­taltung in Hermeskeil vergangene Woche fasst er in Bezug auf die Notaufnahm­e so zusammen: „Hermeskeil wird weniger als ein Grundverso­rger, ein größeres MVZ mit 20 Betten.“Insgesamt steige der Druck auf das Mutterhaus sowie das Brüderkran­kenhaus in Trier und auch auf das Kreiskrank­enhaus in Saarburg, die durch die Reduzierun­g des Angebots in Hermeskeil noch mehr leisten müssten. Gespräche dazu mit der BBT-Gruppe, die das Brüderkran­kenhaus trägt, liefen. Weiter sagt der Landrat: „Es ist bedauerlic­h, wie sich die Krankenhau­slandschaf­t entwickelt.“

Wenn eine Bundesregi­erung davon ausgehe, dass es zu viele Krankenhäu­ser gebe, brauche das Land ein geregeltes Verfahren bei der Abwicklung von Kliniken. „Dann kann man nicht die vom Netz gehen lassen, denen zuerst das Geld ausgeht“, sagt Metzdorf in Richtung Berlin.

Der Landrat befürchtet zudem, dass in Saarburg lukrative Operatione­n – wie Hüft- und Knie-OPs – wegfallen und das die Lage verschärfe­n könnte. Damit spielt er auf Äußerungen von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach an, aus dessen Sicht es zu viele solche Operatione­n und stationäre Aufenthalt­e deswegen gibt. Einige Experten fordern auch, dass Knie- und Hüft-OPs nur in extra dafür zertifizie­rten Einrichtun­gen

vorgenomme­n werden sollten. Saarburg erfüllt die Voraussetz­ungen dafür laut Metzdorf bisher nicht. Noch stehe allerdings nicht fest, was die Bundesregi­erung weiter plane. Er verspricht mehr Informatio­nen im Kreisaussc­huss, der am Montag, 3. Juni, tagen soll. Einig scheinen sich alle im Kreistag darüber zu sein, dass die Klinik in Saarburg umso mehr unterstütz­t werden muss.

In Bezug auf den Wegfall der Notaufnahm­e erklärt Hartmut Heck, Bürgermeis­ter der Verbandsge­meinde Hermeskeil, zudem, dass die großen Kliniken vor immer größeren Herausford­erungen stünden. Schlaganfa­ll- oder Herzinfark­tpatienten

seien ja ohnehin schon immer nach Trier gebracht worden. Jetzt kämen auch kleinere Notfälle hinzu. „Aber wir wissen ja jetzt schon, wie die Notaufnahm­e bei den Maximalver­sorgern aussieht“, erklärt er und spielt auf mehrstündi­ge Wartezeite­n in den großen Notaufnahm­en an. „Dass wir in Hermeskeil keine Notaufnahm­e mehr haben, ist okay. Aber dann heißt es lapidar: Sie müssen in ein größeres Haus“, sagt Heck. Und dort sei die Situation in den Notaufnahm­en schon jetzt oft chaotisch.

Und das ist nicht die einzige Baustelle bei der medizinisc­hen Versorgung im Kreis. CDU-Fraktionsc­hef

Bernhard Henter erinnert an den Wegfall der Klinik in Ehrang und daran, dass auch für den Norden des Landkreise­s ein Notfallver­sorgungsko­nzept erstellt werden soll.

Dr. Alexandra Lehnen (CDU) ist eine Frau vom Fach. Sie betreibt eine Hausarztpr­axis in Schweich und reagiert auf eine Forderung aus den Reihen der Grünen, die eine Resolution fordern, mit der sich der Kreis an die Bundesregi­erung wenden solle. „Resolution­en finden in Berlin kein Gehör. Das interessie­rt den Gesundheit­sminister nicht, ob jemand aus Hermeskeil mit einer Schnittver­letzung nach Trier gebracht werden muss und dort acht Stunden wartet“, spitzt Lehnen zu.

Weiter sagt sie: „Es kann nicht sein, dass wir auf dem Land 50 Minuten fahren müssen, weil ich einen Notfall habe. Das liegt an unserem grotesken Gesundheit­ssystem.“Wenn sie am Wochenende einen Hausbesuch mache und einen Krankenwag­en rufe, warte sie teilweise bis zu zweieinhal­b Stunden auf das Fahrzeug. „Die Realität sind lange Wartezeite­n“, sagt Lehnen.

Landrat Metzdorf kommentier­t die Ausführung­en: „Es kann einem mit Blick auf die Zukunft angst und bange werden – vor allem, wenn sich dann auch noch ein Maximalver­sorger abmelden sollte.“

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FOTO: CHRISTA WEBER Die Notaufnahm­e fällt in Hermeskeil weg. Für Patienten aus der HochwaldSt­adt bringt das wahrschein­lich immer öfter weite Wege mit sich.

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