Große Sorgen um Gesundheitsversorgung
Eigentlich sollte die letzte Sitzung des 2019 gewählten Kreistags keine größeren Probleme mehr aufwerfen. Doch ist es Boris Bulitta, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, der ein solches Thema anspricht: die medizinische Versorgung auf dem Land. Hintergrund ist der Plan der Marienhaus-Gruppe, das Krankenhaus in Hermeskeil umzustrukturieren. Schwerpunkte des Plans sind der Ausbau eines altersmedizinischen Zweigs sowie des vorhandenen medizinischen Versorgungszentrums (MVZ), das ambulante Angebote für Allgemeinmedizin, Chirurgie, Innere Medizin, Anästhesie, Neurologie, Psychiatrie sowie eine therapeutische Praxis abdecken soll. Eine Notaufnahme soll es in der Klinik jedoch nicht mehr geben.
Genau diese Pläne veranlassen Bulitta zu einer Wortmeldung zum letzten öffentlichen Tagesordnungspunkt dieser Legislaturperiode: „Da wird sich einiges ändern, zum Unguten. Da wollte ich wissen, wie der Kreis da reagiert.“
Und die Antwort von Landrat Stefan Metzdorf (SPD) lässt erahnen, dass das Thema auch ihm unter den Nägeln brennt. Eine Infoveranstaltung in Hermeskeil vergangene Woche fasst er in Bezug auf die Notaufnahme so zusammen: „Hermeskeil wird weniger als ein Grundversorger, ein größeres MVZ mit 20 Betten.“Insgesamt steige der Druck auf das Mutterhaus sowie das Brüderkrankenhaus in Trier und auch auf das Kreiskrankenhaus in Saarburg, die durch die Reduzierung des Angebots in Hermeskeil noch mehr leisten müssten. Gespräche dazu mit der BBT-Gruppe, die das Brüderkrankenhaus trägt, liefen. Weiter sagt der Landrat: „Es ist bedauerlich, wie sich die Krankenhauslandschaft entwickelt.“
Wenn eine Bundesregierung davon ausgehe, dass es zu viele Krankenhäuser gebe, brauche das Land ein geregeltes Verfahren bei der Abwicklung von Kliniken. „Dann kann man nicht die vom Netz gehen lassen, denen zuerst das Geld ausgeht“, sagt Metzdorf in Richtung Berlin.
Der Landrat befürchtet zudem, dass in Saarburg lukrative Operationen – wie Hüft- und Knie-OPs – wegfallen und das die Lage verschärfen könnte. Damit spielt er auf Äußerungen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach an, aus dessen Sicht es zu viele solche Operationen und stationäre Aufenthalte deswegen gibt. Einige Experten fordern auch, dass Knie- und Hüft-OPs nur in extra dafür zertifizierten Einrichtungen
vorgenommen werden sollten. Saarburg erfüllt die Voraussetzungen dafür laut Metzdorf bisher nicht. Noch stehe allerdings nicht fest, was die Bundesregierung weiter plane. Er verspricht mehr Informationen im Kreisausschuss, der am Montag, 3. Juni, tagen soll. Einig scheinen sich alle im Kreistag darüber zu sein, dass die Klinik in Saarburg umso mehr unterstützt werden muss.
In Bezug auf den Wegfall der Notaufnahme erklärt Hartmut Heck, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hermeskeil, zudem, dass die großen Kliniken vor immer größeren Herausforderungen stünden. Schlaganfall- oder Herzinfarktpatienten
seien ja ohnehin schon immer nach Trier gebracht worden. Jetzt kämen auch kleinere Notfälle hinzu. „Aber wir wissen ja jetzt schon, wie die Notaufnahme bei den Maximalversorgern aussieht“, erklärt er und spielt auf mehrstündige Wartezeiten in den großen Notaufnahmen an. „Dass wir in Hermeskeil keine Notaufnahme mehr haben, ist okay. Aber dann heißt es lapidar: Sie müssen in ein größeres Haus“, sagt Heck. Und dort sei die Situation in den Notaufnahmen schon jetzt oft chaotisch.
Und das ist nicht die einzige Baustelle bei der medizinischen Versorgung im Kreis. CDU-Fraktionschef
Bernhard Henter erinnert an den Wegfall der Klinik in Ehrang und daran, dass auch für den Norden des Landkreises ein Notfallversorgungskonzept erstellt werden soll.
Dr. Alexandra Lehnen (CDU) ist eine Frau vom Fach. Sie betreibt eine Hausarztpraxis in Schweich und reagiert auf eine Forderung aus den Reihen der Grünen, die eine Resolution fordern, mit der sich der Kreis an die Bundesregierung wenden solle. „Resolutionen finden in Berlin kein Gehör. Das interessiert den Gesundheitsminister nicht, ob jemand aus Hermeskeil mit einer Schnittverletzung nach Trier gebracht werden muss und dort acht Stunden wartet“, spitzt Lehnen zu.
Weiter sagt sie: „Es kann nicht sein, dass wir auf dem Land 50 Minuten fahren müssen, weil ich einen Notfall habe. Das liegt an unserem grotesken Gesundheitssystem.“Wenn sie am Wochenende einen Hausbesuch mache und einen Krankenwagen rufe, warte sie teilweise bis zu zweieinhalb Stunden auf das Fahrzeug. „Die Realität sind lange Wartezeiten“, sagt Lehnen.
Landrat Metzdorf kommentiert die Ausführungen: „Es kann einem mit Blick auf die Zukunft angst und bange werden – vor allem, wenn sich dann auch noch ein Maximalversorger abmelden sollte.“