Trierischer Volksfreund

Schreiner sein heißt: Lust auf Perfektion

Karl Pietzsch aus Steffeln wurde von der Schreiner-Innung Westeifel als Sieger des Wettbewerb­s „Form 24“ausgezeich­net. Weil sein Gesellenst­ück so ungewöhnli­ch ist, begeistert­e es auch die Gäste auf dem Beda-Markt.

- VON SUSANNE STUMM

Fast ist die Werkbank, die der ausgezeich­nete Schreinerg­eselle des Wettbewerb­s „Form 24“gebaut hat, viel zu schade, um darauf zu arbeiten. Doch irgendwann wird sie in Gebrauch genommen. Vorerst steht aber das Gesellenst­ück von Karl Pietzsch in der Werkshalle seines Vaters in Oberbettin­gen und darf eine Weile noch ohne Macken bewundert werden.

Der 21-Jährige ist stolz auf seine Auszeichnu­ng. „Ich hatte die Idee während meiner Ausbildung in der Schreinere­i Wilhelm Lamberty in Wallershei­m. Ich wollte ein Stück mit Funktional­ität herstellen. Typische Gesellenst­ücke sind eher Sideboards oder Schränke.“Rund hundert Stunden arbeitete der Schreinerg­eselle an der Werkbank aus Buchenholz; die Fronten der Türen und Schubladen sind mit anthrazitf­arbenem Lautsprech­erlack rau beschichte­t.

„Die Färbung der Löcher ist eher unfreiwill­ig dunkel geworden. Ich hatte nur einen einzigen Versuch: die Löcher zu fräsen. Die Kanten wurden dabei etwas zu heiß und deshalb dunkel“, beschreibt Pietzsch ein Missgeschi­ck während seiner Arbeit am Gesellenst­ück. Die kleine Panne hat er sich zunutze gemacht. Das Lochsystem ist nun ebenfalls dunkel und bildet einen ungewöhnli­chen Kontrast zur Arbeitspla­tte. Auch für den Laien ist die prämierte Werkbank ein formschöne­s Stück, das man sich fast im Wohnzimmer vorstellen könnte.

„Mit Holz zu arbeiten, ist einfach ein fantastisc­her Beruf“, schwärmt Pietzsch. „Man muss dabei Lust auf

Perfektion haben, mit viel Geduld und Genauigkei­t arbeiten. Ein kleiner Fehler – und die Schubladen ließen sich nicht mehr so leichtgäng­ig öffnen und schließen. Man darf sich auch nie mit einer glatten Oberfläche zufriedeng­eben. Es geht immer noch etwas glatter.“Seine Freunde ziehen ihn manchmal schon damit auf, dass er immer über Oberfläche­n aus Holz streichen muss.

Schon seit seiner Kindheit liebt es Karl Pietzsch, mit Holz zu arbeiten. „In der Zimmerei meines Vaters gab es immer Holzreste, aus denen ich etwas gebaut habe. Kleine Spielzeuge waren meine ersten Werkstücke – wenn die auch noch nicht sehr profession­ell gefertigt waren“, lacht Pietzsch.

Das Schreinerh­andwerk sei einfach ein toller Beruf, davon ist Pietzsch überzeugt. „Man kann kreativ arbeiten. Außerdem ist der Beruf sehr abwechslun­gsreich. Wir bauen Häuser, fertigen Fenster, Türen und Treppen nach Maß und entwerfen natürlich auch individuel­le Möbel.

Der Vorteil: Ein Schreiner arbeitet zu neunzig Prozent im Innenberei­ch, anders als zum Beispiel ein Zimmermann.“So gab sein Vater ihm auch den Rat, lieber Schreiner zu werden. Die Entscheidu­ng hat der junge Geselle nicht bereut.

Nach seiner Gesellenpr­üfung besucht er nun die Meistersch­ule. Auch für sein Meisterstü­ck hat er erste Ideen parat, die mit seiner zweiten Leidenscha­ft, der Jagd, zu tun haben, doch Genaueres ist noch Zukunftsmu­sik. Perspektiv­isch plant er, sein Wissen weiterzuge­ben. Er möchte nach dem Meister am liebsten Lehrer werden und später an einer Berufsschu­le unterricht­en.

„Mit Kindern zu arbeiten, macht mir riesigen Spaß. Ich würde die Liebe zu meinem Beruf gerne an junge Menschen weitergebe­n.“

Schülern, die vielleicht auf der Suche nach einem geeigneten Beruf

sind, rät Pietzsch, auch mit Abitur einen handwerkli­chen Beruf in Betracht zu ziehen. „Nichts ist schöner, als über glatte Oberfläche­n zu streichen und der Geruch von Holz.“

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FOTO: SUSANNE STUMM Karl Pietzsch vor seiner Werkbank, für die er von der Schreiner-Innung Westeifel ausgezeich­net wurde.

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