Neuer? ter Stegen? Leno? Trapp? Nix da – Oliver Kahn feiert sein Comeback!
In wenigen Wochen beginnt in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft. Da darf ein Klassiker nicht fehlen – das offizielle Sammelalbum zum Turnier. Der US-Hersteller Topps hat die legendäre Marke Panini bei der Herstellung der Klebebildchen abgelöst. D
Für Freunde der Kulinarik sind Panini leckere Snacks für zwischendurch. Fußball-Fans hingegen verbinden mit dem Namen eine zuweilen jahrzehntelange Sammel-Leidenschaft – vornehmlich zu Welt- und Europameisterschaften. Der Kick, auch die letzte Lücke im Stickerheft, das die Kader der teilnehmenden Nationalmannschaften aufführt, noch mit dem fehlenden Spieler-Klebebildchen zu füllen, lässt Erwachsene immer wieder zu Kindern werden. Während der WM 2006 in Deutschland wurden allein hierzulande 800 Millionen Aufkleber verkauft. Bei Tauschbörsen waren manche Bildchen gefühlt so begehrt wie die ,Blaue Mauritius` bei Briefmarkensammlern.
Panini und eine Fußball-EM oder -WM – das gehört(e) zusammen. Mit Blick auf die anstehende EM in Deutschland in diesem Sommer müssen sich die Fans aber umorientieren. Das italienische Unternehmen ist raus. Die seit 1980 bestehende Exklusiv-Partnerschaft mit dem europäischen Fußballverband Uefa ist 2022 vorerst beendet worden. Nach 42 Jahren übernahm das US-amerikanische Unternehmen Topps (auch Partner der Bundesliga und der UefaChampions-League) die Herstellung und den Vertrieb exklusiver Sammelaufkleber, -karten und anderer Sammelsouvenirs für die Europameisterschaften 2024 und 2028.
Wie sieht das Topps-Stickeralbum zur EM in Deutschland aus?
Sammler benötigen insgesamt 728 Klebebildchen, um das 88-seitige Album komplett zu machen. Packungen mit sechs Stickern kosten im Zeitschriftenladen einen Euro, im Internet kann über Groß-Bestellungen Geld gespart werden.
Das Album bietet mehr als ,nur` die Kader von Nationalmannschaften. Auch Panini hatte zuletzt etwa zur WM 2022 nicht mehr nur die Teams abgebildet, sondern auch andere Themen berücksichtigt (Stadien, bisherige Weltmeister). Topps weitet diese Elemente aus. So gibt's zum Beispiel Klebebilder für ,Starplayer` und ,Player to Watch` sowie Gruppenseiten mit Sehenswürdigkeiten der einzelnen Nationen. Für Deutschland sind dabei das Brandenburger Tor und das Schloss Neuschwanstein zusammenzukleben.
Warum erntet das Topps-Album teilweise Spott?
Das Heft hält so manche Kuriositäten bereit. Zum einen sind manche aufgeführten Kader ziemlich wild zusammengewürfelt und teilweise weit weg von der Realität der endgültigen Aufgebote. Beispiel Deutschland: Da fehlen mit Manuel Neuer, Florian Wirtz, Toni Kroos oder Antonio Rüdiger gleich mehrere Säulen. Auch Kai Havertz, Jonathan Tah, Ersatztorwart Marc-André ter Stegen oder Robert Andrich sucht man im deutschen Team vergebens.
Ein aktueller Torwart ist gar nicht aufgeführt, stattdessen wird die Doppelseite mit einzuklebenden Bildern der Legenden Oliver Kahn, Bastian Schweinsteiger und Lothar Matthäus aufgefüllt. Die einen finden's originell, die anderen befremdlich. Zumal Kahn in Bezug auf Europameisterschaften nicht wirklich Legendenstatus besitzt, wie Stefan Hermanns, Sportredakteur
beim ,Tagesspiegel`, süffisant via ,X` anmerkte: „Oliver Kahn als ,Legende` im neuen EM-Album von Topps. Oliver Kahns EM-Bilanz: Kein Spiel gewonnen, die Hälfte aller Spiele verloren, zweimal in der Vorrunde ausgeschieden.“
Was ist da los?
Alexander Bergweiler, Rechtsanwalt in Rüdigers in Trier ansässiger Beratungsagentur FSB, begründet das Fehlen seines Klienten mit fehlenden Bildrechten. „Topps hatte uns ein finanziell durchaus lukratives Angebot gemacht, das wir aber abgelehnt haben“, teilt Bergweiler auf TV-Anfrage mit. Hintergrund: Topps-Konkurrent Panini hält Rechte an der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, vom DFB erhält der Spieler Anteile an der
Vermarktung. Bergweiler: „Für uns schließt es sich aus, beim gleichen Thema für beide Unternehmen zu werben.“
Findet er es schade, dass Rüdiger im offiziellen EM-Stickeralbum von Topps fehlt? Bergweiler sagt mit einem Augenzwinkern: „Ich will das nicht groß kommentieren. Das Heft spricht für sich. Solange Lothar Matthäus und Oliver Kahn in der deutschen Mannschaft dabei sind, habe ich keine Probleme, dass Toni fehlt …“
Der TV hat mehrere Anfragen an Topps zum Fehlen verschiedener Spieler geschickt – sie blieben bis dato alle unbeantwortet. Zu einem früheren Zeitpunkt hatte ein Topps-Sprecher auf dpa-Anfrage gesagt: „Das ist darauf zurückzuführen, dass der
frühere Sticker-Partner des Turniers bestimmte Teile der Kollektion zum Nachteil der Fans blockiert hat.“
Fehlende Bildrechte sind offenkundig auch dafür ausschlaggebend, dass zudem mehrere internationale Stars ebenfalls nicht vorkommen. Zum Beispiel Frankreichs Top-Mann Kylian Mbappé oder Englands Phil Foden.
Für Schmunzeln sorgt, dass Italiens Leonardo Bonucci noch als Spieler von Union Berlin ausgewiesen wird, obwohl er im Januar zu Fenerbahce Istanbul gewechselt ist. Oder dass Englands Jordan Henderson laut Album noch für den saudi-arabischen Club Al-Ettifaq spielt, obwohl er im Januar zu Ajax Amsterdam gegangen ist. Okay, kann passieren – und ist vielleicht auch den zeitigen Produktionszwängen geschuldet. Für
mehr Erstaunen sorgt da schon, dass in Englands Kader der unbekannte Linksverteidiger Luke Thomas auftaucht – der Zweitliga-Profi hat bislang kein A-Länderspiel für die ,Three Lions` absolviert.
Das Problem der notwendigen frühzeitigen Produktion des Albums führt darüber hinaus zu fehlender Aktualität. Das wird unter anderem im deutschen Aufgebot deutlich. Im Album-Kader stehen nur sechs Spieler des Teams, das Bundestrainer Julian Nagelsmann zuletzt berufen hatte (Benjamin Henrichs, Ilkay Gündogan, Joshua Kimmich, Jamal Musiala, Thomas Müller und Niclas Füllkrug). Stattdessen kann zum Beispiel Mario Götze eingeklebt werden, der sein letztes der bis dato 66 Länderspiele vor mehr als einem Jahr gegen Peru
absolviert hat.
Was auch auffällt: Die Spieler der Nationalteams von Deutschland, Italien, Frankreich und England sind auf den Stickern im Gegensatz zu den Akteuren der anderen Teams nicht im Nationaltrikot zu sehen. Grund auch hier: fehlende Verwendungsrechte, in diesen Fällen der Verbands-Logos. Stattdessen sind nur die heran gezoomten Köpfe zu sehen. Bei diesen Mannschaften gibt's deshalb auch nur Aufkleber mit den Landesflaggen – und keine mit den Verbands-Logos.
Warum sind 33 Mannschaften im Album, wo doch ,nur‘ 24 teilnehmen?
Auch das ist der zeitigen Produktion geschuldet. Als in den Play-Offs zur EM Ende März die letzten drei Turnier-Tickets vergeben wurden, waren die Planungen für das Heft längst abgeschlossen. Die Folge: Auch die zwölf Nationalteams der letzten Qualifikationsrunde sind aufgeführt – und damit neun Mannschaften, die gar nicht in Deutschland spielen werden. Diese Länder gibt's aber nicht auf einer Doppelseite, sondern jeweils ,nur` auf einer Seite. Mit 14 Spieler-Bildchen, die entsprechend kleiner sind – in einem Westentaschenformat.
Also ist auch Luxemburg drin – erstmals in einem EM-Stickerheft! Wie kommt diese ,Ehre‘ im Großherzogtum an?
Luxemburg musste sich in den Playoffs mit 0:2 in Georgien geschlagen geben – nichts wurde es mit der Qualifikation für die EM, die einer Sensation gleichgekommen wäre. Aber dank des Albums ist das Großherzogtum doch mit dabei. Das tröstet ein bisschen über den Schmerz hinweg. „Das ist eine tolle Sache und gut fürs Marketing. Es wird hier relativ viel drüber gesprochen“, berichtet Joël Wolff, Generalsekretär des luxemburgischen Fußball-Verbands.
Nun ist es aber auch nicht so, dass jeder Luxemburger dem Handel das Album aus den Händen reißt. Hubert Rickal beispielsweise, der 18 Jahre lang als Platzwart jeden Grashalm im ehrwürdigen Stadion Josy Barthel gepflegt und sich eine wahre Schatzkammer an Fußball-Devotionalien angelegt hat, macht einen Bogen ums Album. „Es voll zubekommen, ist insgesamt zu teuer“, sagt das 62-jährige Vorstandsmitglied von Avenir Beggen. Was aber nicht heißt, dass das Album früher oder später Teil seiner beeindruckenden Sammlung wird: „Irgendjemand wird es mir später einmal vermachen. Ich bekomme immer wieder Dinge angeboten und geschenkt.“Rickal freut's, dass es die ,Roten Löwen` ins Heft geschafft haben: „Somit sieht die ganze Welt, dass Luxemburg ein Punkt auf der internationalen Fußball-Landkarte ist.“
Wie sieht’s beim nächsten großen Turnier, der WM 2026, aus?
Bei der WM in Kanada, Mexiko und den USA können Fußball-Fans wieder auf gewohntes Terrain zurückkehren. Denn der Weltverband Fifa setzt sowohl bei der WM 2026 als auch bei der WM 2030 sowie der Frauen-WM 2027 auf Langzeitpartner Panini, der seit 1970 Sticker von allen MännerWeltmeisterschaften anbietet.