Trierischer Volksfreund

Scholz bekräftigt Schutz der baltischen Staaten

Mit der anlaufende­n Stationier­ung einer gefechtsbe­reiten Brigade an der Nato- Ostflanke geht Deutschlan­d im Bündnis voran. Der Bundeskanz­ler sagt Litauen ein dauerhafte­s Engagement zu.

- VON THERESA MÜNCH, CARSTEN HOFFMANN UND ALEXANDER WELSCHER

(dpa) Bundeskanz­ler Olaf Scholz hat Nato-Partnern im Ostseeraum eine verlässlic­he militärisc­he Unterstütz­ung Deutschlan­ds bei der Verteidigu­ng zugesicher­t. „Deutschlan­d steht unverrückb­ar an der Seite der baltischen Staaten“, sagte der SPD-Politiker am Montag in Pabrade in Litauen, wo er deutsche Soldaten besuchte. „Und das bedeutet, dass wir einander Schutz gewähren und dass sich alle Staaten darauf verlassen können, dass wir jeden Zentimeter ihres Territoriu­ms verteidige­n werden.“Die baltischen Staaten stehen durch ihre Nähe zu Russland an der Nato-Ostflanke derzeit sicherheit­spolitisch besonders im Fokus. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine war Scholz bereits mehrmals im Baltikum, um der

Region öffentlich Solidaritä­t zu versichern. Die Regierunge­n in Litauen, Estland und Lettland warnen davor, dass Russland nach dem Angriffskr­ieg gegen die Ukraine auch den Verteidigu­ngswillen der Nato testen und binnen weniger Jahre dafür militärisc­he Voraussetz­ungen schaffen könne.

Am Montag erlebte der Bundeskanz­ler, rustikal gekleidet in Jeans und Wanderschu­hen, auf dem größten Truppenübu­ngsplatz Litauens eine Gefechtsüb­ung mit scharfer Munition. Scholz selbst wurde auf einem Schützenpa­nzer Boxer auf einen Hügel oberhalb des weitläufig­en und wenig bewachsene­n Geländes gebracht. Dann ließen er und der litauische Präsident Gitanas Nauseda sich unter einem Zelt vom leichten Regen geschützt verschiede­ne Gefechtssi­tuationen erläutern.

Anschließe­nd sprach Scholz mit deutschen Soldaten, die an einer Nato-Großübung teilnehmen. Das Bündnis reagiert mit einer ganzen Übungsseri­e unter dem Namen „Steadfast Defender“(dt. etwa: standhafte­r Verteidige­r) auf die neue sicherheit­spolitisch­e Lage. Es ist nach Angaben der Bundesregi­erung das größte Nato-Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges vor rund 35 Jahren.

Insgesamt werden dafür rund 90 000 Soldaten mobilisier­t, die die

Alarmierun­g nach dem Bündnisfal­l, das Verlegen großer Truppentei­le und die Abwehr eines Angreifers im Gefecht üben. Deutschlan­d beteiligt sich mit 12 000 Bundeswehr­soldaten und mehreren eigenen Übungen unter dem Namen Quadriga über fünf Monate an dem Großmanöve­r

– unter anderem auch zusammen mit litauische­n und französisc­hen Kräften.

Das Engagement der deutschen Bundeswehr in Litauen sei ernsthaft, betonte Scholz. Als Reaktion auf die veränderte Sicherheit­slage in Europa und aggressive­s Auftreten Russlands

hat die Bundesregi­erung begonnen, einen gefechtsbe­reiten und eigenständ­ig handlungsf­ähigen Kampfverba­nd in das Land zu verlegen. Die Brigade soll laut Fahrplan bis 2027 einsatzfäh­ig sein. In der Bundesregi­erung ist die Rede von einem „Leuchtturm­projekt im Rahmen der

Zeitenwend­e“. Der Truppenübu­ngsplatz Rudninkai – unweit der Grenze zu Belarus – soll nach Angaben der Litauer neuer Dienstort für die meisten der deutschen Soldaten werden. Die übrigen sollen in Rukla im Zentrum von Litauen stationier­t werden. Ein Vorkommand­o aus Experten für Logistik, IT oder Infrastruk­tur ist seit April im Land.

Litauen grenzt an das mit Russland verbündete Belarus sowie an Russlands Ostsee-Enklave Kaliningra­d. Zwischen beiden Ländern verläuft von Litauen ein schmaler Landkorrid­or westlich nach Polen – die sogenannte Suwalki-Lücke der Nato, um die es im Falle eines Angriffs zu Kämpfen kommen könnte.

Die Sorge: Russland könnte mit einem Vorstoß dort die Baltenstaa­ten von den übrigen Nato-Ländern abschneide­n und so den Verteidigu­ngswillen des Westens testen. Deutschlan­ds Truppensta­tionierung ist für die Litauer eine gewünschte Rückversic­herung der Nato-Beistandsv­erpflichtu­ng.

Litauen fordert in der Nato höhere Militäraus­gaben, wie schon Polen, das drei Prozent als neues Ziel will. Scholz betonte in Litauen, Deutschlan­d selbst investiere massiv in den Ausbau seiner Verteidigu­ngsfähigke­it. Das sei „verbunden mit der Entscheidu­ng, dass die Investitio­nen in die Bundeswehr langfristi­g die zwei Prozent unserer Wirtschaft­sleistung umfassen werden, Jahr für Jahr“, sagte er. Und: „Das ist dieses Jahr erreicht und wird auch nicht wieder anders werden.“

Die baltischen Staaten stehen durch ihre Nähe zu Russland an der Nato-Ostflanke derzeit sicherheit­spolitisch besonders im Fokus.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) steigt neben dem litauische­n Staatspräs­identen Gitanas Nauseda (rechts) bei dem Besuch der Nato-Übung Quadriga aus einem Radpanzer vom Typ Boxer der Bundeswehr.
FOTO: KAY NIETFELD/DPA Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) steigt neben dem litauische­n Staatspräs­identen Gitanas Nauseda (rechts) bei dem Besuch der Nato-Übung Quadriga aus einem Radpanzer vom Typ Boxer der Bundeswehr.

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