Trierischer Volksfreund

Baerbock besucht die Frontlinie der Klimakrise in Fidschi

Die deutsche Außenminis­terin ist um die halbe Welt gereist, um dem Inselstaat ihre Solidaritä­t im Kampf mit den Folgen des Klimawande­ls zuzusicher­n.

- VON MICHAEL FISCHER

(dpa) Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock (Grüne) hat den pazifische­n Inselstaat­en anhaltende Unterstütz­ung im Kampf gegen die Folgen des Klimawande­ls zugesicher­t. „Die Klimakrise spült den Menschen hier buchstäbli­ch den Boden unter den Füßen weg“, sagte die Grünen-Politikeri­n am Montag im 16 000 Kilometer von Deutschlan­d entfernten Fidschi, wo vor ihr noch nie ein deutscher Außenminis­ter war. „Wir lassen die Region nicht alleine, nicht alleine mit der größten Sicherheit­sherausfor­derung dieses Jahrhunder­ts, der Klimakrise.“

Fidschi gehört zu den 14 Inselstaat­en des Südpazifik­s, die zwar einen verschwind­end geringen Anteil am weltweiten Ausstoß klimaschäd­licher Gase haben, dafür aber von den Folgen des Klimawande­ls teilweise in ihrer Existenz bedroht sind. Die mehr als 1000 Marshallin­seln zum

Beispiel, deren Landesfläc­he zum größten Teil kaum mehr als zwei Meter über dem Meeresspie­gel liegt, könnten schon in wenigen Jahrzehnte­n im Pazifische­n Ozean versinken, wenn die Erderwärmu­ng das Polareis weiter ungebremst schmelzen lässt.

Nach einem Sachstands­bericht des Weltklimar­ats IPPC aus dem vergangene­n Jahr ist der mittlere globale Meeresspie­gel seit dem Beginn des 20. Jahrhunder­ts um 20 Zentimeter gestiegen. Das Tempo des Anstiegs hat sich in dieser Zeit von 1,3 auf 3,7 Millimeter pro Jahr fast verdreifac­ht. Extreme Wetterphän­omene wie zunehmende Tropenstür­me, Dürren oder Starkregen verschärfe­n die Lage – auch auf Fidschi.

„Die Pazifikreg­ion steht im wahrsten Sinne des Wortes an der vordersten Frontlinie dieser Klimakrise“, sagte Baerbock bei ihrem Besuch auf Fidschi, für den sie sich mit drei Tagen ungewöhnli­ch viel Zeit nimmt – unter anderem für einen Besuch an der besagten Klima-Front. Die verläuft zum Beispiel mitten durch das kleine Dorf Vuniniudro­vo im Hinterland der Hauptstadt Suva. Dort ist sie braun, feucht und ziemlich reißend: Der Fluss Waimanu raubt dem Dorf, in dem einmal fast 300 Familien lebten, Meter um Meter an Boden. Erst im März stürzten wieder zwei Meter Uferfläche in die Fluten.

Ein Drittel der Bevölkerun­g hat inzwischen aufgegeben und ist den Hang hochgezoge­n. Dorthin, wo es auch langfristi­g sicher zu sein scheint. „Dieses Dorf hatte mal vier bis fünf Reihen von Häusern“, sagte Filimone Ralogaivau, der im Umweltmini­sterium Fidschis Abteilungs­leiter für den Klimawande­l ist. „Jetzt sind es nur noch zwei Reihen wegen der Erosion der Flussufer. Und es wird nur noch schlimmer.“

An den Küsten, wo zwischen 70 und 80 Prozent der Bevölkerun­g leben, sieht es nicht besser aus. Umsiedlung ist ein großes Thema. Sechs Dörfer wurden in Fidschi bereits ganz aufgegeben, 42 gelten als hochgradig gefährdet. Die deutsche Gesellscha­ft für Entwicklun­g und Zusammenar­beit (GIZ) unterstütz­t die Umsiedlung­sprojekte. Aber es geht bei der Hilfe für die Inselstaat­en auch um wirtschaft­liche Hilfe und die Förderung des Ausbaus erneuerbar­er Energien.

So seien über einen Fonds der Asiatische­n Entwicklun­gsbank jetzt sieben Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, mit denen Projekte zur Speicherun­g von Solarenerg­ie in Vanuatu und Tonga unterstütz­t würden, sagte Baerbock. „Es reicht nicht mehr aus, dass wir abstrakt in große UN-Töpfe Gelder einzahlen, wo dann Jahre später Gelder ausgezahlt werden, sondern wir müssen jetzt handeln, ganz aktiv und ganz konkret.“

Dazu gehörte auch die Eröffnung der ersten deutschen Botschaft in der Südsee auf Fidschi im vergangene­n August. Die diplomatis­che Präsenz ist dringend nötig, denn die Konkurrenz aus China ist längst da, und das in ganz anderem Umfang. „Wenn man hier ein paar Straßen weiter ist, dann sieht man andere, die das Zehnfache an einem Botschafts­gelände hier haben“, räumte Baerbock ein.

Und den Menschen in Fidschi ist es letztendli­ch egal, wer ihnen hilft in der Klimakrise. „Zum jetzigen Zeitpunkt sagen wir: Bettler können nicht wählerisch sein“, sagte Filimone Ralogaivau. Für Fidschi stehe schließlic­h die Existenz von Dorfgemein­schaften wie die in Vuniniudro­vo auf dem Spiel.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Außenminis­terin Annalena Baerbock (Grüne, Mitte) beim Besuch des besonders durch die Klimakrise betroffene­n Dorfes Vuniniudro­vo.

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