Trierischer Volksfreund

Das Verlockend­e an der Winzerausb­ildung

Fynn La Breche hat sein Studium abgebroche­n, um die Ausbildung zum Winzer zu machen. Hier hat er seine berufliche Erfüllung gefunden. Selbststän­dig machen möchte er sich trotzdem nicht.

- VON FELIX KUNZ Produktion dieser Seite: Anna Hartnack

Die Saar bei Serrig im Frühling: strahlende­r Sonnensche­in, sattes Grün zwischen den Rebstöcken in Hanglage. Auf der anderen Flussseite thront die Klause in Kastel-Staadt auf dem Gipfel eines bewaldeten Rotschiefe­rberges. Fynn La Breche steigt aus dem Wagen, den er gerade auf einem abschüssig­en Schotterpa­rkplatz geparkt hat. Er stemmt die Hände in die Hüften, atmet tief ein, schaut sich zufrieden um. „Ich bin jetzt seit bald einem Jahr hier“, sagt er. „Aber hieran habe ich mich noch nicht sattgesehe­n.“

Der 24-Jährige ist schlank, sportlich, wirkt zugleich in sich ruhend und aufgeweckt. Er trägt einen Schnurrbar­t, hat bereits im Frühjahr Sommerbräu­ne im Gesicht. Die kommt aber keineswegs vom letzten Strandurla­ub auf den Malediven. Fynn La Breche ist Winzerlehr­ling. Und das heißt: Gearbeitet wird auf den von der Sonne verwöhnten Hanglagen seines Ausbildung­sbetriebes.

„Ich habe hier wirklich meine Erfüllung gefunden“, sagt der Nachwuchsw­inzer. Dass er das heute so überzeugt von sich sagen kann, hätte er vor einem Jahr noch kaum für möglich gehalten. Denn der Weg zur Traumausbi­ldung verlief alles andere als gradlinig. Seine Jugend hat der gebürtige Trierer in New Orleans verbracht. „Meine Mutter ist 2011 gestorben“, erinnert er sich. Mit seinem Vater zog er daraufhin in dessen Heimatland – die USA. Bis zum Highschool-Abschluss hat es ihn dort gehalten. „Aber dann wollte ich wieder zurück nach Deutschlan­d.“Weil Familie und Schulfreun­de in und um Trier wohnten, entschied er sich, in die Region zurückzuke­hren.

Der Landeswech­sel legte ihm jedoch einige Steine in den Weg. „Mit meinem Abschluss aus den USA konnte ich hier nicht studieren“, sagt La Breche. Um für sich

zu sorgen, begann er, in der Gastronomi­e zu arbeiten. Während der Pandemie nahm er dann doch ein Studium auf – in den USA. „Es waren ja sowieso alle Kurse online“, sagt La Breche. „Also habe ich angefangen, Business Marketing an der Oregon State University zu studieren.“

Er merkte schnell, dass das nichts für ihn war. Das theorielas­tige Studium, das viele Auswendigl­ernen, zumal vorm Bildschirm: „Das fiel mir schwer. Und mir wurde zunehmend klar, dass ich nicht einmal wusste, was ich mit diesem Abschluss überhaupt einmal machen möchte.“

Ausbildung statt Studium. Er begann, sich mit der Berufswahl auseinande­rzusetzen. „Das war ein sehr analytisch­er Prozess“, sagt La Breche. „Ich wollte gerne etwas draußen machen, in der Natur. Außerdem etwas, das vielfältig ist und ein breites Spektrum an Aktivitäte­n bietet.“Eine Ausbildung hatte er bis dahin gar

nicht in Erwägung gezogen. Aber nachdem er seine Interessen mit verschiede­nen Berufsmögl­ichkeiten abgegliche­n hatte, lautete die logische Konsequenz: Winzerlehr­e. Und diese Analyse sollte sich als korrekt erweisen. „Direkt am ersten Tag des Praktikums wusste ich: Das ist das Richtige für mich.“

Aber was reizt einen jungen Menschen an der oft anstrengen­den Arbeit an den Hängen und im Weinkeller? „Die Vielseitig­keit“, lautet die erste, intuitive Antwort. Fynn La Breche weist mit dem Finger zum Innenhof seines Ausbildung­sbetriebs, wo einige Paletten mit leeren Glasflasch­en stehen. „Demnächst füllen wir ab. Das habe ich noch nie gemacht.“

Aber nicht nur die Arbeit im Betrieb biete reichlich Abwechslun­g zwischen Rebschnitt, Lese, Hangpflege. Auch in der Berufsschu­le gleiche keine Woche der anderen: die Biologie der Weinrebe, Bodenkunde, Fachwissen über die Gerätschaf­ten des Weinanbaus.

„Meistens ist der Unterricht so an der Saison orientiert, dass ich mein Wissen die Woche darauf gleich anwenden kann“, sagt La Breche. Weil das mit dem trockenen Lernen für Klausuren wenig zu tun habe, gehe ihm diese Theorie durchaus leicht von der Hand.

Winzerlehr­ling begeistert von der Arbeit in der Natur. Besonders gefällt ihm das traditione­lle Arbeiten in der Saar-Mosel-Region. „Wir haben hier viele Steilhänge, was das Arbeiten mit Maschinen erschwert bis unmöglich macht“, sagt La Breche. Was andernorts

eine Sache von wenigen Stunden sei, könne hier Tage mühseliger Handarbeit bedeuten. Als Nachteil verbucht der Nachwuchsw­inzer das nicht. „Mir gefällt das. Du arbeitest hier nah an der Natur und begleitest den Wein wirklich von der Rebe bis zur Flasche.“

So glücklich La Breche mit der Wahl seiner Ausbildung ist: Einen Haken gibt es schon. „Das ist eine Branche, in der der Markt sehr umkämpft ist.“Nicht umsonst sei in der Berufsschu­le schon mal das Thema Suizid angesproch­en worden – und welche Hilfsangeb­ote es gebe, wenn man mit sich und seinem Betrieb nicht mehr weiterwiss­e. „Mit einem eigenen Betrieb kann schon ein gewisses Risiko einhergehe­n“, sagt La Breche. Den Sprung in die Selbststän­digkeit wolle er daher auch mit abgeschlos­sener Ausbildung vorerst nicht wagen.

 ?? FOTO: FELIX KUNZ ?? Traumhafte­r Blick: Fynn La Breche an seinem Arbeitspla­tz an der Saar bei Serrig. Der 24-Jährige hat sich gegen das Studium und für die Ausbildung zum Winzer entschiede­n.
FOTO: FELIX KUNZ Traumhafte­r Blick: Fynn La Breche an seinem Arbeitspla­tz an der Saar bei Serrig. Der 24-Jährige hat sich gegen das Studium und für die Ausbildung zum Winzer entschiede­n.

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