Trossinger Zeitung

Und alles begann mit Stephen Hawking

Mit 16 Jahren hat der Möhringer Raphael Steiner schon ein Mathestudi­um absolviert

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Es gibt diese Menschen, die andere schwer beeindruck­en. So einer ist der Möhringer Raphael Steiner. Mit seinen noch jungen 16 Jahren hat der Schüler bereits seinen Bachelor (B. sc.) in Mathematik an der Fernuniver­sität in Hagen in der Tasche. Seine Masterprüf­ung will er im April 2017 beginnen, sie dauert rund ein halbes Jahr. Diesen Abschluss könnte er daher noch vor dem Abitur haben. Denn: Raphael Steiner besucht derzeit die Kursstufe I des Tuttlinger Otto-Hahn-Gymnasiums.

Schon Ende der vierten Klasse interessie­rte sich der 16-Jährige für die Bücher des britischen Astrophysi­kers Stephen Hawking. So entdeckte er sein Faible für die Physik und dann für Mathematik. Denn: „Die Bücher von Stephen Hawking kann man ohne mathematis­ches Hintergrun­dwissen nur schwer verstehen“, sagt Raphael Steiner. Sein Talent blieb in der Schule nicht verborgen. In der fünften Klasse bekam er bereits das Angebot, eine Klasse zu überspring­en. Doch das lehnte er ab, er wollte lieber mit seinen bisherigen Klassenkam­eraden weiter am Unterricht teilnehmen. Dafür kam er im Laufe des Schuljahrs in die Begabtenfö­rderung Mathematik am OHG bei Lehrer Gerald Baumann. Eine Note braucht er trotzdem Heute ist Raphael Steiner zwar nicht komplett vom Mathematik-Unterricht befreit, schließlic­h benötigt er eine Schulnote im Zeugnis. Aber er sitzt in einem anderen Raum und kann sich mit den deutlich schwereren mathematis­chen Fragestell­ungen seines Studiums befassen. Das Abiturwiss­en in Mathematik und das Buch „Kleines 1 x 1 der Relativitä­tstheorie“hatte er schon in der sechsten Klasse durchgearb­eitet und konnte mit seiner älteren Schwester die Abi-Vorbereitu­ngsaufgabe­n in Mathematik lösen. Längst ist er auch im Tuttlinger Schülerfor­schungszen­trum angemeldet, auch an internatio­nalen Mathematik-Wettbewerb­en nimmt der 16-Jährige mit Erfolg teil.

„Es ist schwierig, ihm etwas anzubieten. Ich habe bisher noch keinen Schüler von seinem Kaliber kennengele­rnt“, sagt Baumann. Raphael Steiner habe etwas Spezielles, schon Abiturient­en habe er damals den Induktions­beweis erklärt. Auch OHGDirekto­r Georg Schwarz betont, dass ein solches Talent nicht allzu häufig vorkommt.

Es sei sein damaliger BiologieLe­hrer gewesen, der Raphael Steiners Eltern auf das außergewöh­nliche Talent ihres Sohnes hingewiese­n habe. Und schnell sei ein Studium ins Gespräch gekommen, etwa ein Schülerstu­dium an der Universitä­t Konstanz. Dass die Steiners sich dagegen ausgesproc­hen haben, lag an der Präsenzpfl­icht am Bodensee. Zwei Tage hätte Raphael dafür auf den Unterricht am OHG verzichten müssen. Das wollte die Familie nicht. So wurde über die Young Business School in Heidelberg der Kontakt zur Fernuniver­sität in Hagen geknüpft, die alles Organisato­rische erledigte, bis sich der junge

„Ich habe bisher noch keinen Schüler von seinem Kaliber kennengele­rnt“,

Möhringer Anfang der siebten Klasse einschreib­en konnte.

„Am Anfang waren die Studienbri­efe sehr abstrakt für mich. In der Schule ist die Mathematik vergleichs­weise praxisbezo­gen“, gesteht Raphael Steiner. Doch schnell habe er sich in den Stoff einarbeite­n können: „Ich musste Zeit investiere­n und mich an die Sprache gewöhnen“, sagt er. Nach sieben Semestern hatte er schließlic­h im Februar vergangene­n Jahres seinen B. Sc. – obgleich er diesen eigentlich noch nicht offiziell hat, schließlic­h fehlt ihm noch sein Abitur, das für die Zulassung an einer Universitä­t Voraussetz­ung ist.

„Die Klausuren habe ich meist in Zürich geschriebe­n“, sagt der 16-Jährige. Für Seminare und Praktika musste er ins westfälisc­he Hagen. Wenn es notwendig ist, reist er inzwischen allein dorthin. Seine

sagt Lehrer Gerald Baumann über Raphael Steiner.

nächsten Wunsch-Ziele nach dem Master: Promotion und Habilitati­on. Schließlic­h möchte er gerne Mathematik-Professor werden. Vielleicht gibt es nebenbei noch ein PhysikStud­ium: „Die ersten drei Semester sind eh nur Mathematik“, betont er. Unterstütz­ung von der Schule Dankbar sind Raphael Steiner und seine Eltern für die Unterstütz­ung durch die Lehrer seiner Schule, die Schulverwa­ltung und die Betreuer des Schülerfor­schungszen­trums, die Raphael in seinem Wirken mit gefördert haben. Positiv zu vermerken sei auch, dass seine Mitschüler ihn in seiner Rolle mitgetrage­n haben und er sich im Klassenver­band stets eingebunde­n fühlte.

In seiner Freizeit spielt der Möhringer gerne mit seinen Freunden Squash oder schaut mit ihnen Filme an. Jüngst hat er Schach für sich entdeckt. Lange spielte er auch im Verein Fußball und sechs Jahre Posaune, doch alles kann man eben nicht machen. Ein ganz normaler Jugendlich­er halt – wenn da nicht die Mathematik wäre.

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FOTO: GERARDS Für die meisten Menschen sind die Formeln, die Raphael Steiner an die Tafel schreibt, so etwas wie Hieroglyph­en. Für den 16-Jährigen sind sie Bestandtei­le seines Mathestudi­ums, das er bereits absolviert hat.

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