Aufseher
Mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk hatte David Clementi früher nichts zu tun. Dafür hat der Mann Musik in den Genen, ist sein Berufsleben lang mit viel Geld umgegangen und kennt sich in Londons Regierungskorridoren aus – keine schlechte Voraussetzung für den neuen Aufsichtsratschef der weltberühmten BBC. Der 67-jährige gelernte Investmentbanker soll die Unabhängigkeit des britischen Senders verteidigen und gleichzeitig ehrgeizige Sparprogramme durchsetzen.
Clementis Vorfahr Muzio (1752-1832) kam einst als gefeierter Komponist aus Italien nach London. Nach dem Studium in Oxford verdiente der ausgebildete Wirtschaftsprüfer David Clementi sein Geld in der Londoner City, organisierte für Margaret Thatchers Regierung die Privatisierung von Staatsbetrieben wie British Gas. Die Labour-Regierung machte ihn zum Vize-Gouverneur der Zentralbank, zuletzt arbeitete er als Aufsichtsrat bei der Versicherung Prudential und dem Rohstoffkonzern Rio Tinto.
Für das Kulturministerium erarbeitete Clementi eine Expertise über die zukünftige BBCLeitungsstruktur. Deren externer Aufsichtsrat erwies sich als unfähig; nun soll die Medienbehörde Ofcom über die journalistische Qualität wachen. Innerhalb des Senders werden Vorstand und Aufsichtsrat zusammengelegt. Diese Regelung stieß bei der konservativen Regierung auf so viel Gegenliebe, dass sie Clementi gleich zur Kandidatur als Leiter des Aufsichtsrates aufforderte. Für den Drei-Tages-Job erhält er ein Jahresgehalt von 115 000 Euro.
In der BBC gilt Clementi als gute Berufung. Er muss aber beweisen, dass er den Sender gegen Disziplinierungsversuche durch die Politik verteidigen kann. Sebastian Borger