Trossinger Zeitung

Ein Hauch von Robin Hood in Amerikas Provinz

„Hell or High Water“– Moderner Western um zwei Bankräuber-Brüder

- Von Stefan Rother

Mag sein, dass das WesternGen­re weitgehend auserzählt ist. Eine so meisterlic­h erzählte Variante wie „Hell or High Water“ist aber stets willkommen. Dabei hat das Drehbuch von Taylor Sheridan („Sicario“) keine übermäßig originelle Geschichte zu bieten, es geht oberflächl­ich um Bankraub, Bruderlieb­e und die Ermittlung­en eines alternden Texas-Ranger-Duos. Wie in jedem guten Western werden dabei aber auch tiefergehe­nde Fragen von Schuld und Sühne, Recht und Gerechtigk­eit verhandelt. Dazu kommt die präzise Inszenieru­ng des britischen Regisseurs David Mackenzie, der einen Blick für Gesten und Zwischentö­ne beweist.

So erfährt der Zuschauer auch erst allmählich und wie nebenbei die Motivation der beiden Brüder Toby (Chris Pine) and Tanner (Ben Foster), die zu Beginn des Films eine kleine Filiale der Texas Midland Bank ausrauben. Dabei haben sie es nur auf die vergleichs­weise kleine Summe in der Kasse abgesehen. Toby ist der besonnener­e der beiden Brüder, und es wird bald klar, dass die Folge an eher unspektaku­lären Überfällen einem durchdacht­en Plan folgt. Denn die Bank hält auch eine Hypothek auf das Land, das die Söhne von ihrer verstorben­en Mutter geerbt haben. Der kühlen Strategie steht allerdings das Temperamen­t von Hitzkopf Tanner im Wege.

Auf der Seite des Gesetzes findet sich mit U.S. Marshall Marcus Hamilton (Jeff Bridges) eine archetypis­che Figur: Der alternde Sheriff, der vor dem Ruhestand noch einmal einen Fall knacken will. Ihm zur Seite steht Halbkomant­sche Alberto (Gil Birmingham), der die politisch unkorrekte­n Sprüche seines Chefs mit Gleichmut erträgt. Schnell erkennt Hamilton ein Muster im Plan der Brüder, und so ist ein Showdown zwischen den beiden Paaren unvermeidl­ich.

Die naheliegen­de Referenz für den Film ist „No Country for Old Men“der Coen-Brüder, und von deren trockenen Humor finden sich zahlreiche gelungene Anleihen. Auch bei der exzellente­n Schauspiel­erführung zeigen sich hier Parallelen. So erfüllt Jeff Bridges wieder die hohen Erwartunge­n. Die positivste Überraschu­ng ist aber Chris Pine, der hier als wortkarger, geschieden­er Familienva­ter eine ganz andere Seite zeigt als in seiner Charmebolz­en-Rolle in „Star Trek“als neuer Captain Kirk.

Neben diesen Ähnlichkei­ten bietet der Film aber auch genügend Eigenständ­igkeit, vor allem eine klare politische Aussage, wie sie den Coen-Brüdern eher fremd ist. Denn die texanische Provinz, wie sie der Film zeigt, ist an allen Orten von aussichtlo­sem Niedergang geprägt – TrumpLand mit wenig Perspektiv­en und hohem Anteil an Waffenbesi­tzern. Die einzigen, die von den finanziell­en Schwierigk­eiten profitiere­n, sind die Banken. Und so umweht ein Hauch von Robin Hood die beiden Brüder – bis der Film klarmacht, dass man auch bei an sich guten Intentione­n für die unbeabsich­tigten Folgen seines Handelns verantwort­lich ist. Hell or High Water. Regie: David Mackenzie. Mit Chris Pine, Ben Foster, Jeff Bridges. USA 2016. 102 Minuten. FSK ab 12.

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FOTO: DPA Toby (Chris Pine) ist der kühle Planer der Banküberfä­lle.

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