Trossinger Zeitung

Sigurdsson­s letztes Hurra

Mannschaft will Bundestrai­ner mit Titel verabschie­den – Gensheimer bleibt zu Hause

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ROUEN (dpa/SID) - Handball-Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson ist derzeit auf Abschiedst­our. In gut zwei Wochen ist es vorbei. Und doch will kaum jemand darüber reden. „Das spielt keine Rolle“, sagt Nationalsp­ieler Andreas Wolff. Der Torhüter will sich konzentrie­ren, denn genau diese zwei Wochen sollen noch einmal möglichst erfolgreic­h gestaltet werden. Bei der gestern begonnenen WM in Frankreich kommt es aber mehr denn je auf die außergewöh­nlichen Fähigkeite­n des Isländers an, der das Thema Abschied doch nicht so ganz ausblenden kann: „Natürlich denke ich ab und zu daran“, sagt er.

Kurz vor dem ersten Spiel der Deutschen am Freitag gegen Ungarn (17.45 Uhr/handball.dkb.de) hat Sigurdsson wieder das Jagdfieber gepackt. Der nach dem Turnier scheidende Coach will in Frankreich, bei seinem vierten Turnier als Bundestrai­ner, seine zweieinhal­bjährige Amtszeit krönen: Nach EM-Triumph und Olympia-Bronze soll nun am liebsten der WM-Titel folgen. Sieben Europameis­ter fehlen „Ich bin mir absolut sicher, dass diese Mannschaft jeden schlagen kann“, sagte Sigurdsson, „wir müssen nur schauen, dass wir mit dem richtigen Fokus in das Turnier kommen.“Und auch der frühere Weltklasse-Torwart Henning Fritz erhöht vor dem Beginn den Druck auf die Mannschaft, die seit dem EM-Coup als „Bad Boys“bekannt ist. „Wenn diese deutsche Mannschaft von ihrem Auftreten so weitermach­t wie 2016, sehe ich keinen Gegner, der dieses Team schlagen kann“, sagte er dem „Mannheimer Morgen“. Als entscheide­nde Vorteile gegenüber anderen Favoriten wie Frankreich, Dänemark und Kroatien macht Fritz drei Faktoren aus. Zum einen könne „keine andere Nation“in puncto Athletik und Physis mit dem DHB-Team mithalten. Zudem verfüge kein anderes Team über eine derartige „enorme Flexibilit­ät und Variabilit­ät.“

Doch was lässt sich der Querdenker Sigurdsson für sein Abschlusst­urnier einfallen?

Er hatte die Handball-Welt bereits vor einem Jahr überrascht. Mit dem sensatione­llen Gewinn der Europameis­terschaft führte er die DHBAuswahl zurück in die Weltspitze. Einige Monate später bestätigte er den Erfolgsweg mit der Bronzemeda­ille bei den Olympische­n Spielen. Dabei standen ihm viele etablierte Kräfte aus Verletzung­s-oder Belastungs­gründen die meiste Zeit nicht mal zur Verfügung. Das wird auch bei der WM in Frankreich so sein. Sieben Europameis­ter werden in Frankreich fehlen, darunter TopLeute wie Steffen Weinhold, Fabian Wiede und Hendrik Pekeler.

Zudem sind die „Bad Boys“ohne Kapitän Uwe Gensheimer nach Frankreich gereist. Nach dem unerwartet­en Tod seines Vaters befindet sich der Linksaußen weiter bei seiner Familie in Mannheim. Der Einsatz des 30-Jährigen im WM-Auftaktspi­el in Rouen ist ungewiss. „Wir stehen in engem Kontakt mit ihm, aber er entscheide­t ganz allein“, sagte Teammanage­r Oliver Roggisch.

Sigurdsson wird sich darum vielleicht noch länger als sonst auf seinem Hotelzimme­r einschließ­en.

Schon während der vorangegan­genen Turniere hatte er sein Zimmer kaum verlassen. Zwischen den Trainingse­inheiten schaut er sich dort Spiele der kommenden Gegner an, analysiert ihre Schwächen, filtert ihre Stärken, entwickelt daraus seine eigene Strategie – und redet während dieser Zeit kaum. Für den Zuschauer werden die Kniffe des 43-Jährigen während einer Partie immer nur dann kurz sichtbar, wenn er seine blaue Taktiktafe­l hervorholt. Diese Tafel wird er demnächst dann mit nach Japan nehmen, wo er nach der WM die Nationalma­nnschaft übernimmt. „Es wird schmerzhaf­t, diese Mannschaft zu verlassen. Sie wird wahrschein­lich in den nächsten Jahren auch Titel gewinnen, und dann ist es natürlich etwas bitter, dass man dann nicht dabei ist“, sagte er. Seine Entscheidu­ng, den DHB zu verlassen, war in erster Linie keine für Japan – sondern eine für seine Heimat. Nach acht Jahren in Berlin zieht es seine Familie und ihn zurück nach Island. Nach Japan wird er nur zu Spielen und Lehrgängen fliegen. Doch erst mal soll der WM-Titel her. Die Höhepunkte der Spiele der deutschen Nationalma­nnschaft bei der Handball-WM werden in einer Länge bis zu zwei Minuten in den Nachrichte­nformaten der ProSiebenS­at.1-Gruppe zu sehen sein, das im letzten Moment die Highlightr­echte erworben hat. Ab 30 Minuten nach Abpfiff werden fünfminüti­ge Zusammenfa­ssungen der deutschen Spiele auf ran.de zu sehen sein. Sportdeuts­chland.TV zeigt Highlights von allen Spielen im Stream.

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FOTO: IMAGO Für Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson (Mitte) ist die WM Abschiedst­our und emotionale Mission.

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