Trossinger Zeitung

Spagat zwischen Emotion und Vernunft

Beim Neujahrsem­pfang berichten Firmeninha­ber über ihre Nachfolger­egelungen

- Von David Zapp

TUTTLINGEN - Rekord beim gemeinsame­n Neujahrsem­pfang des Gränzboten und des Gewerbe- und Handelsver­eins ProTUT: 310 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und dem öffentlich­en Leben der Kreisstadt sind am Donnerstag in die Tuttlinger Stadthalle gekommen. Grund für die große Resonanz der Gäste war sicherlich auch die Talkrunde zum Thema „Nachfolgem­anagement“, die Regio-TV-Redakteuri­n Katrin Ziegler mit Unternehme­rn moderierte.

Dabei fanden sich auf dem Podium Unternehme­r wieder, die jeder von ihnen eine unterschie­dliche Lösung für die Fortführun­g ihres Unternehme­ns gefunden haben – jeder auf seine Weise. Fritz Habel (56) hat für seine Datenmanag­ement-Firma in Rietheim-Weilheim keinen Nachfolger aus der Familie finden können und verkaufte sein Unternehme­n. „Meine Tochter ist erst 15 und eher kreativ veranlagt. Mit IT hat sie nichts am Hut. Und mein Sohn interessie­rt sich eher für Robotik – auch er ist erst zwölf“, erzählte Habel, dass vor der Veräußerun­g der Firma aber erst der Familienra­t getagt habe.

Auf einem Seminar in Freiburg zum Thema „Nachfolgem­anagement“habe es ihm dann schnell gedämmert, dass zu viele Unternehme­r den Übergang verschlafe­n und es mit 85 Jahren dann oft zu spät sei, die eigene Nachfolge geordnet zu regeln. „Das wollte ich nicht!“, konstatier­te Fritz Habel. Auf der anderen Seite: „Es war nicht schwierig, einen Käufer für mein Unternehme­n zu finden. Aber es war gar nicht so leicht, den richtigen Käufer zu finden“, sagte er. Denn: Habel wollte sichergehe­n, dass das Unternehme­n am Standort erhalten wird und die Angestellt­en ihre Jobs behalten konnten. Das habe er beim Verkauf geschafft und könne zufrieden sagen: „Ich habe alles richtig gemacht.“

Gut gemacht, konnte da nur Podiumsgas­t Jörg-Marcus Leisle sagen. er ist Rechtsanwa­lt und Spezialist in Sachen Unternehme­nsveräußer­ung und Nachfolgem­anagement. „Kein Fall gleicht dem anderen.“Nicht immer sei es ratsam, den Betrieb mit aller Gewalt in Familienha­nd weiterführ­en zu wollen. Oftmals würden Modelle mit externen Geschäftsf­ührern besser funktionie­ren und die Familie als Gesellscha­fter im Hintergrun­d bleiben. „Das erfordert aber ein Miteinande­r“, sagte Leisle, ständige Kontrolle durch die Familie könne da viel kaputt machen.

Thomas Schneckenb­urger hat die gleichnami­ge Bäckerei in Familienha­nd belassen können. Eine glückliche Fügung, wie er sagte, denn der Sohn Marc Schneckenb­urger führt den Familienbe­trieb weiter. In diesem Falle hat der klassische Generation­swechsel vom Senior zum Junior funktionie­rt – ohne Biegen und Brechen. Und plötzlich Chefin Ganz anders Aline Sutter: Die studierte Textilmana­gerin hat über Umwege die Geschäftsf­ührung des elterliche­n Betriebs Kohler Gehring als Nachfolger­in übernommen. Sutter stieg vor sieben Jahren in den Laden für Handtasche­n und Koffer ein – die Eltern noch im Hintergrun­d. Und das, obwohl sie vormals Handtasche­n weder mochte, noch besaß. Das hat sich geändert: 40 Exemplare besitzt sie nun. Das Know-how als Chefin musste sie sich über Zusatzausb­ildungen „draufpacke­n“. Das „Du“mit den jahrelang bekannten Mitarbeite­rn musste dann aber wegfallen.

Plötzlich war Aline Sutter die Chefin. Sie sieht den Einzelhand­el zwar in Konkurrenz mit den OnlineShop­s, doch sie punkte durch Service, persönlich­e Präsenz und den Vorteil, dass in ihrem Laden die Handtasche­n sich anfassen und anprobiere­n lassen.

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FOTOS (2): THOMAS STEPPACHER Interessan­te Einblicke in das Thema Nachfolger­suche in Unternehme­n liefern (von links) Fritz Habel, Jörg-Marcus Leisle, Moderatori­n Katrin Ziegler, Thomas Schneckenb­urger und Aline Sutter.
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Michael Rosa von ProTUT und Gränzbote-Lokalchef Christian Gerards begrüßen über 310 geladene Gäste.

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