Die Größe zählt
Allein die Größe zählt: Deutsche Autobauer geben sich in Detroit ganz amerikanisch
Was Deutschlands Autokonzerne in den USA planen Gewerbliche Anzeigen 0751 / 29 551 118 Private Anzeigen 0751 / 29 555 444 AboService 0751 / 29 555 555 Ticket Service 0751 / 29 555 777
DETROIT - Es war nur eine kleine Tafel am Stand des US-Autoherstellers Ford auf der North American International Auto Show in Detroit, aber sie demonstrierte mehr als alle Shows und Reden, worum es auf dem amerikanischen Markt wirklich geht: „Fuel Economy Ratings not required on this vehicle“(Die Bewertung des Kraftstoffverbrauchs ist bei diesem Fahrzeug nicht erforderlich).
Fragen nach der Umweltverträglichkeit eines Wagens, nach Abgaswerten oder dem Verbrauch zählen im Land des billigen Benzins und eines gewählten Präsidenten, der den Klimawandel in Zweifel zieht, nicht viel. Andere Argumente entscheiden in den USA darüber, ob die Hersteller ein Fahrzeug verkaufen – oder nicht: Es geht um die Höchstgeschwindigkeiten und PS-Zahlen – und nicht zuletzt darum, wie gut sich mit einem Auto posen lässt.
Wer aber glaubt, dass die deutschen Autohersteller, die in Europa mit „Blue Tec“und „Blue Motion“werben und mit der größtmöglichen Umweltverträglichkeit Käufer zu gewinnen suchen, mit dem amerikanischen Markt fremdeln, der irrt. Auf der Show, die am heutigen Samstag für das Publikum ihre Pforten öffnet, präsentieren die deutschen Manager ihre Produkte ganz im Stile der Vereinigten Staaten von Amerika – größer, schneller, lauter, stärker.
So rauschte Daimler-Chef Dieter Zetsche mit einem „GLA 45 4MATIC“zum Mercedes-Stand in Detroit. Der 63-Jährige entstieg dem Wagen aus dem Hause der MercedesTuning-Marke AMG, wandte sich an das Publikum und fragte: „Wie kann man so ein Auto nicht mögen, das so schnell von null auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt?“4,4 Sekunden braucht Zetsches Wagen, die 381 PS waren ein weiteres Verkaufsargument, mit dem Daimler in den USA für sein Produkt warb. „Kein luxuriöseres Auto“Bei Audi ging es nicht um Geschwindigkeit, sondern um die reine Größe. Die Ingolstädter stellten im CoboCenter von Detroit das Konzept des Q8 vor. Der SUV (Sport Utility Vehicle, englisch für sogenannten Geländelimousinen) soll nächstes Jahr auf den Markt kommen und ist mehr als fünf Meter lang und zwei Meter breit. „Ist der Wagen nicht wunderschön? Ich liebe die Farbe, dieses Bombay-Blau“, schwärmte Dietmar Voggenreiter, im Audi-Vorstand zuständig für Marketing und Vertrieb. „Man kann einfach kein Auto finden, das luxuriöser ist als dieses.“
Gäbe es einen Poser-Preis auf der Show, erhielte den wohl BMW-Marketing-Vorstand Ian Robertson. Der Brite fuhr mit einem BMW M760 auf die Bühne und ließ den Motor noch einmal aufheulen, bevor er aus dem Wagen kletterte. „Ich liebe einfach den Sound dieses Autos“, sagte Robertson. „Dieses Modell steht für unseren Anspruch, unsere Präsenz in der oberen Luxusklasse zu stärken.“Der M760 hat nicht weniger als 610 PS, und Robertson nennt ihn hingebungsvoll „ultimate driving machine“(ultimative Fahrmaschine).
Der Volkswagen-Konzern hatte mit Herbert Diess den Chef der Marke Volkswagen nach Detroit geschickt – und der kündigte, völlig unbeeindruckt von den neusten Entwicklungen in der Abgas-Affäre, die „große Comeback-Story“des Autobauers in den USA an. In Europa sei man mit der Aufarbeitung schon sehr weit, in Amerika habe man die ersten Schritte gemacht. „Wir werden das Vertrauen unserer amerikanischen Käufer zurückgewinnen mit Autos, die wir extra für die US-Kunden entwickelt haben“, sagte Diess – und präsentierte zwei Schlachtschiffe, die in Deutschland in normalen Parkhäusern zwei Parkplätze brauchen: einen um 21,5 Zentimeter verlängerten Tiguan – „unser Raumriese, maßgeschneidert für die USA“– und den Atlas, einen speziell für die Vereinigten Staaten entwickelten SUV.
Das größte Forum in Detroit sicherte sich Ford. Der Traditionskonzern aus Michigan hatte sich die Halle des Detroiter Eishockeyteams Red Wings direkt neben dem Messegelände gemietet, um eine neue Version des wohl mit Abstand beliebtesten Wagens der amerikanischen Autofahrer zu präsentieren. Unter dem Jubel der Zuschauer auf den gut gefüllten Tribünen zeigte Ford den F-150. Einen Pick-up mit 300 PS und neuem martialischen Kühlergrill. Einen Bericht über weitere Automobiltrends, die die Branche auf der Naias vorgestellt hat, lesen Sie auf der Seite Auto & Verkehr.