Bauern gegen Solarparks
Landwirte lehnen Ausbaupläne von Grün-Schwarz ab
STUTTGART - Der Landesbauernverband (LBV) läuft Sturm gegen Pläne der grün-schwarzen Landesregierung, mehr Flächen für Solaranlagen freizugeben. „Wir lehnen diesen Beschluss ab, weil wir größte Bedenken haben“, sagte Marco Eberle vom LBV am Freitag der „Schwäbischen Zeitung“. Die Ministerrunde von Grünen und CDU hat dem Vorschlag von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) bereits zugestimmt. Die Regeln sollen Ende März in Kraft treten. Bisher dürfen Fotovoltaik-Anlagen nur neben Autobahnen und Schienen sowie auf ehemaligen Militärgeländen gebaut werden. Aus Sicht des Umweltministeriums sind das zu wenig Flächen, um einen ausreichenden Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Der LBV fürchtet, große Investoren könnten landwirtschaftliche Flächen aufkaufen, um Geld mit den Solaranlagen zu verdienen. Einzelne Bauern würden nicht profitieren LEITARTIKEL, SEITE 2
STUTTGART - Geht es nach der grün-schwarzen Landesregierung, dürfen bald auf vielen Äckern und Grünflächen Solaranlagen gebaut werden. Eine entsprechende Verordnung haben die Minister von Grünen und CDU bereits abgesegnet, nun haben Verbände und andere Betroffene bis Ende Januar Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Naturschützer und Landwirte kritisieren die Pläne zum Teil scharf.
Bislang dürfen Photovoltaikzellen nur entlang von Schienen und Autobahnen gebaut werden, außerdem auf ehemaligen Militärgeländen. Der grüne Umweltminister Franz Untersteller will nun landesweit 900 000 Hektar zusätzlich freigeben. Das sind etwa zwei Drittel aller landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg. Es handelt sich dabei um „benachteiligte Gebiete“– also Äcker und Wiesen, die theoretisch wegen Lage oder Bodenkonsistenz als weniger ertragreich eingestuft werden. Praktisch führt der Begriff in die Irre: In der Vergangenheit wurden zahlreiche durchaus gute Böden als „benachteiligt“ausgewiesen. So konnte das Land die betroffenen Bauern in strukturschwachen Gebieten fördern.
Damit Baden-Württemberg nicht unter einem Solarteppich verschwindet, haben die Experten eine Grenze gezogen. Pro Jahr dürfen nur Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 100 Megawatt hinzugebaut werden – derzeit gibt es Solarparks mit einer Gesamtleistung von 343 Megawatt im Land. Damit können jährlich maximal 200 Hektar neu für Fotovoltaik genutzt werden. Das entspricht laut Umweltministerium gerade einmal 0,013 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche. Außerdem sollen Vorgaben sicherstellen, dass Schutzgebiete oder Flächen, die wichtig für die Produktion von Lebensmitteln sind, frei bleiben. Viel Sonne, wenig Platz Das Land begründet sein Vorhaben so: Baden-Württemberg mit seinen vielen Sonnenstunden habe mittlerweile kaum noch Flächen frei für Solarparks. Doch die brauche man, um die von den Vereinten Nationen vereinbarten Ziele für den Klimaschutz zu erreichen. Der Verein Solarcluster Baden-Württemberg setzt sich für die Photovoltaik im Land ein. Er hat ausgerechnet, dass im Jahr 2015 nur 164 Megawatt an Solarkraft im Land gebaut wurden. Nötig seien aber 700 Megawatt jährlich.
Anders als beim Bau von Windrädern muss für eine Solaranlage ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Daher haben Gemeinden mehr Mitsprache: Windräder können sie nicht verhindern, Solarparks schon.
Die Bauern im Land lehnen das Vorhaben ab. „Wir befürchten, dass große Investoren in den Markt eingreifen“, so Marco Eberle vom Landesbauernverband (LBV). Dabei seien Pachten und Kaufpreise ohnehin schon hoch, darunter litten die Landwirte.
Ein Sprecher des Umweltministeriums betont dagegen, die geplanten Veränderungen böten Bauern neue Einnahmequellen. Darauf weist auch Carsten Tschamber, Geschäftsführer des Solarclusters hin: „Mit Sonnenenergie lässt sich deutlich mehr Geld verdienen als mit Energiepflanzen wie Mais oder anderen Produkten.“
Der LBV bleibt skeptisch. „Wir sehen nicht, wie der einzelne Landwirt profitieren soll“, sagt Fachreferent Eberle. Denn anders als Bauern hätten große Investoren sehr viel Geld. Bäuerliche Familienbetriebe hätten oft keine ausreichend großen Flächen für Solaranlagen. Artenschutz kann profitieren Die Naturschützer von BUND und Nabu sind nicht grundsätzlich gegen die Änderungen. „Aber wir sehen sie sehr kritisch“, sagt Franz Pötter vom BUND. Zum einen sinke der Druck, Solaranlagen über verbauten Flächen wie Parkplätzen zu installieren – was sinnvoller sei, um keine weiteren Gebiete zu versiegeln. Außerdem fordern BUND und Nabu strenge Vorgaben. So soll etwa sichergestellt werden, dass unter den Solarpanels artenschutzreiche Wiesen entstehen. Dann hätte das Modell Vorteile, so Eberle.
Wesentlich härter geht Wolfgang Epple von der Naturschutzinitiative mit der Landesregierung ins Gericht: „Weitere freie Naturflächen für die Photovoltaik zu opfern, ist verantwortungslos, es gibt genug ungenutzte Flächen auf Gebäuden.“
Der Wangener CDU-Abgeordnete Raimund Haser, der an dem Plan mitgearbeitet hat, sagt dagegen: „Man kann nicht Atomkraftwerke abschalten wollen, gegen konventionelle Kraftwerke sein, gegen Windräder protestieren und keine Solarparks wollen.“